WIEN. Der heuer zum dritten Mal verliehene Papageno-Medienpreis für suizidpräventive Berichterstattung geht an die Presse-Redakteurin Duygu Özkan. Sie überzeugte mit ihrem am 6. September 2020 des Vorjahrs erschienenen Beitrag "Wenn das Leben dunkel wird". Der vom Gesundheitsministerium ausgelobte Preis ist mit 5.000 € dotiert und wurde vergangene Woche, am Welttag der Suizidprävention verliehen.
„Konstruktive Bewältigungmöglichkeiten“
"Journalistinnen und Journalisten tragen mit einer Berichterstattung, die ohne sensationsträchtige Merkmale gestaltet wird, aber konstruktive Bewältigungsmöglichkeiten aufzeigt, dazu bei, keine negativen Imitationseffekte zu erzeugen. Auch der heurige Siegesbeitrag meistert diesen Spagat wieder ganz hervorragend", sagte Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) bei der Preisverleihung im Presseclub Concordia.
Özkans prämierter Text dreht sich um den Suizid eines damals 29-jährigen Künstlers, der in materielle Not geriet und offenbar zu stolz war, Hilfe zu suchen. Auch setzte ihm eine Gesellschaft zu, die Zugehörigkeit nach Erfolg misst und wenig Erfahrung im Umgang mit psychischen Erkrankungen besitzt. Sein Vater, der Journalist und Dozent Golli Marboe, erzählt, welchen Stellenwert der Verlust des Sohnes in seinem Leben einnimmt und wie man suizidgefährdeten Personen besser helfen könnte.
Für sein Engagement in der Suizidprävention wurde Marboe am Freitag mit dem Sonderpreis der Jury ausgezeichnet. Özkan lässt über Marboe hinaus mehrere Expertinnen und Experten in ihrem Text zu Wort kommen und Lösungsmöglichkeiten aufzeigen. Zudem streift sie gegenwärtige Gefahren für die psychische Gesundheit wie die Coronapandemie, die vor allem jungen Menschen in dieser Hinsicht zusetzte, und problematisiert, dass psychische Behandlungen weiterhin nicht den Stellenwert anderer Behandlungen haben. "Der Text trägt dazu bei, das Thema Suizid zu entstigmatisieren und Mut zu machen", befand die Jury.
„Sachlich und doch behutsam“
"Über Suizide zu berichten, gehört sicherlich zu den herausforderndsten Themen für Journalistinnen und Journalisten. Mittlerweile gibt es jedoch gut ausgearbeitete Richtlinien und eine Reihe von Expertinnen und Experten arbeiten das Thema sachlich und doch behutsam auf", sagte Özkan in ihre Dankesrede. Eine gute Berichterstattung im Sinne des 'Papageno-Effekts' sei somit möglich. Als Motivation führte sie an, das Thema entstigmatisieren zu wollen. "Ich freue mich sehr, dass die Jury meinen Text ausgewählt hat", so die Presse-Redakteurin.
Der "Papageno-Effekt" bezieht sich auf die Figur des Papageno aus Wolfgang Amadeus Mozarts Oper "Die Zauberflöte". Er überwindet seine anfänglichen Suizidgedanken mithilfe von anderen. Dass Medienberichte auch den gegenteiligen Effekt haben können und zur Entscheidung, einen Suizid zu verüben, beitragen können, belegt der "Werther-Effekt". Ein Leitfaden des Kriseninterventionszentrums mit Empfehlungen für Suizidberichterstattung soll vorbildliche Suizidberichterstattung erleichtern.
"Ich danke allen Journalistinnen und Journalisten, die sich die Inhalte des Leitfadens zur Berichterstattung über Suizid zu Herzen nehmen. Es liegt in Ihren Händen, einen wertvollen Beitrag zur Suizidprävention zu leisten", sagte Mückstein.
Weitere Informationen
Der Papageno-Medienpreis wird vom Gesundheitsministerium gemeinsam mit der österreichischen Gesellschaft für Suizidprävention (ÖGS), der Wiener Werkstätte für Suizidforschung sowie dem Verein Kriseninterventionszentrum verliehen. Die Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) als nationale Koordinationsstelle des Supra-Programms (Suizidprävention Austria) organisiert den Medienpreis. Die zehnköpfige Jury setzt sich jeweils zur Hälfte aus Experten und Journalisten zusammen. Sie hatte einen Siegertext aus 20 eingereichten Beiträgen zu küren.
Jedes Jahr sterben in Österreich über 1.000 Personen durch Suizid (2019: 1.113). Diese Anzahl ist mehr als zwei Mal so hoch wie jene der jährlichen Verkehrstoten. In der Altersgruppe der 15- bis 29-Jährigen ist Suizid die zweithäufigste Todesursache. (APA/red)