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Redaktion 12.05.2023

„Qualitätsjournalismus ist wichtiger denn je”

Die Lage in der Branche ist angespannt, aber die Entscheider finden Lösungswege aus der Krise.

••• Von Georg Sander

Die Tageszeitungsbranche hatte schon einmal einfachere Zeiten zu durchleben. Preise steigen, manche Medien müssen mit Stellenabbau reagieren. Über allem schweben die im Zuge der ÖVP-Affären ans Tageslicht getretenen Chats – doch nicht nur diese haben zu einem Vertrauensverlust gegenüber Medien geführt, in der Pandemiezeit entfernte sich auch ein Teil der Gesellschaft von klassischen Medien. medianet hat die Stimmung ausgelotet.

Leser überzeugen

„Der Schaden ist groß und hat die gesamte Diskussion, die in der Pandemie hochgekocht ist, noch zusätzlich angeheizt”, erklärt etwa Hermann Petz, Vorstandsvorsitzender der Moser Holding und somit für die Tiroler Tageszeitung zuständig. Diesen Bogen von Pandemie zu Chat-Affären spannt auch Gerhard ­Valeskini, Geschäftsführer der Kronen Zeitung: „Die Krisen haben zu einem Vertrauensverlust in die Politik, in öffentliche Institutionen und auch zu den Medien geführt.” Aus seiner Sicht sind unabhängige, wirtschaftlich selbstständige Medien der einzige Garant, um Informationen zu vermitteln, Orientierung zu geben und damit die Basis für Meinungsbildung zu legen. Für viele Menschen sei es vor allem online nicht möglich, zwischen Fakt und Fake zu unterscheiden. Wie soll man dem beikommen? „Es braucht noch mehr direkten Dialog und intensiven Austausch mit unseren Abonnenten”, führt Thomas Spann, Geschäftsführer der Kleinen Zeitung, einen weiteren Punkt an. „Wir wollen mehr Einblick hinter die Kulissen geben.”

Was die Menschen suchen, meint Kurier-Geschäftsführer Thomas Kralinger, wären zudem aussagekräftige und faktenbasierte Inhalte: „Deshalb ist eine auf Qualitätsjournalismus basierende, unabhängige und ausgewogene Berichterstattung heute wichtiger denn je, um Leser zu halten – und neue dazuzugewinnen. Und wir können täglich belegen, dass das Handeln Einzelner nicht repräsentativ für die Branche ist.” Wie kann dies unterstrichen werden? Wolfgang Jansky, Heute-Geschäftsführer: „Es ist wichtig, dass Medienunternehmen eine klare und überzeugende Strategie für mehr Transparenz in der Berichterstattung entwickeln, die ihre gelebte Unabhängigkeit deutlich macht.”
Maximilian Dasch, Geschäftsleitung der Salzburger Nachrichten, fasst zusammen: „Vertrauen ist ein Entwicklungsprozess, der mit Profession, Aufrichtigkeit, Integrität und Transparenz verbunden ist.”

Teurer – und jetzt?

Die nächsten Herausforderungen sind die geopolitischen Verwerfungen, die das Leben und Wirtschaften in Österreich teurer machen. Bei der TT begegnet man den exorbitanten Papierpreisen mit dem Schrauben an Auflagenzahlen oder redimensionierten Seitenumfängen. Der SN ist es wichtig, zu erwähnen, dass die Preissteigerungen beim Papier schon vor dem Ukrainekrieg begonnen hatten und nun der Energiemarkt auch noch auf die Produktion und Logistik einwirkt. Man könne nur einen Teil an Leser und Werbepartner weitergeben.

Beim Kurier reagiert man mit Anpassungen in der Kostenstruktur oder mehr Fokus auf die Digitalisierung. Heute begegnet der Thematik durch die Partnerschaft mit dem Schweizer Partner TX Group; das schaffe am großen Markt einen Wissensvorsprung und eine deutlich bessere Verhandlungsbasis gegenüber den Papierfabriken. „Ein markanter Entlastungstrend”, mahnt Spann ein, „ist noch nicht erkennbar. Aktives Kostenmanagement und rasches Reagieren auf diese Rahmenbedingung wird uns in den nächsten Saisonen weiter begleiten.” Das führte bei der Kleinen auch zu einer Personalreduktion, die zu Irritationen führte, „obwohl wir frühzeitig auf einen breit gefächerten Maßnahmenmix gesetzt haben”. Das betrifft auch andere Medien, wie Kralinger meint: „Restrukturierungen sind leider für die meisten Medien aufgrund der Teuerungen in sämtlichen Bereichen und bei gleichzeitigen Rückgängen im Anzeigengeschäft unumgänglich, um am Markt bestehen zu können.” Petz sagt dazu: „Derzeit sind wir in der Budgetierungsphase für das kommende Geschäftsjahr 2023/24, danach werden wir mögliche Schritte für unsere Organisation ableiten.” Allerdings: Es zählt nicht längst nicht mehr nur das geschriebene Wort für eine Zeitung.

Podcasts, TikTok und Co.

„Wir setzen auf kontinuierliche Weiterentwicklung und Anpassung an die sich wandelnden Anforderungen der Medienbranche”, sagt Jansky; man habe ein klares neues Medium ausgemacht: „Wir bei Heute konzentrieren uns darauf, durch aktive Präsenz auf Plattformen wie TikTok eine enge Beziehung zu jungen Menschen aufzubauen.”

Der Kurier setzt auf einen Mix – auf Instagram hat man über 48.000 Follower und auf TikTok über 65.000, mit steigender Tendenz. Bei Podcasts bietet man verschiedenste Inhalte an: vom mit dem Newspaper Award ausgezeichneten True Crime Pod-cast bis hin zu Mental-Health. Die Redakteure müssten aber auch entsprechend weitergebildet werden. Die Kleine Zeitung werde den Mix „je nach Zielgruppe in die eine oder andere Richtung” forcieren.
Für die Krone ist das Thema allgemein eine Herausforderung, von Schulungen bis hin zur richtigen Zielgruppenansprache. Aber, so Valeskini: „An sich sind die digitalen Medien ja ein weiterer Kanal, um Journalismus und damit kritische Auseinandersetzung zu mehr Menschen zu bringen.” Bei der TT gibt es schon länger eine Digitalisierungsoffensive, mit redaktionellem Newsletter, Podcasts, Video- und Talkformaten. Die SN hat schon länger Podcasts, auch das Bewegtbildsegment ausgebaucht. Doch Dasch weiß: „Kernprodukt ist und bleibt natürlich das geschriebene Wort.”

Neue Leser gewinnen

All das macht man, um auch weiterhin nachhaltig Zielgruppen anzusprechen. „Klassische Medien als Informationsquelle haben bei den Jungen einen hohen Stellenwert, auch wenn sie Nachrichten weniger über Print, sondern über andere Kanäle konsumieren”, meint Petz zur Frage, wie man Junge erreichen kann. Man trifft sie, so Dasch, auf Plattformen, die für sie von Relevanz sind. Es brauche, erklärt Valeskini, angepasste Darbietungsformen nahe an der Markenfunktion.

„Der richtige Content- und Formatmix ist dabei genauso ausschlaggebend wie die unterstützende Präsenz auf digitalen Plattformen”, weiß Kralinger. Janksy dreht den Spieß wiederum um: „Verleger beteuern ja immer, dass die Leser im Mittelpunkt all ihrer Aktivitäten stehen. Konsequenterweise müssen wir uns also die Frage stellen, wo und mit welcher Kommunikationsform wir junge Menschen erreichen. Und nicht umgekehrt.” Junge Menschen zur Printausgabe zu bringen, sei für Spann eine „schwere Übung”. Man setze auf qualitative Touchpoints. Die Qualität der Inhalte solle plattformunabhängig hoch sein.
Die richtigen wirtschaftlichen Entscheidungen müssen also getroffen, das Vertrauen wiederhergestellt werden– alles vor dem Hintergrund, die Leser, Hörer und auch Seher der Tageszeitungsinhalte dort zu treffen, wo sie sind.

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