••• Von Dinko Fejzuli
Der Black Friday war wieder da, und so diskutierten anlässlich des jährlichen Turbokonsums Expertinnen und Experten, welche Kraft im Konsum steckt, wenn wir ihn anders gestalten.
Klaus Schwertner (GF Caritas Wien), Rainer Will (GF Handelsverband), Nora Mitterböck (Referentin vom Bundesministerium für Klima- und Umweltschutz), Bernadette Kamleitner (Konsumforscherin, WU), Astrid Aschenbrenner (Content Creator und Aktivistin) sowie Iris Braun (share-Mitgründerin) nahmen die aktuellen Ergebnisse der von share in Auftrag gegebenen Studie mit dem Marktforscher Appinio über das Konsumverhalten der Österreicher und Österreicherinnen zum Anlass, um die Frage zu diskutieren: Wie wichtig ist Österreich sozialer Konsum?
Konsum wird kritisch gesehen
Dass der Konsum selbst in Österreich kritisch gesehen wird, zeigt die Social Impact-Studie von share: 39% der Österreicherinnen und Österreicher verbinden das Wort „Konsum” mit Überfluss, und 56% sind der Meinung, dass Konsum und etwas „Gutes tun” sogar im Kontrast zueinander stehen.
Fast die Hälfte (48%) der Befragten ist dabei der Meinung, dass unter anderem Unternehmen den größten Einfluss auf unser Konsumverhalten haben. Hingegen 45% sehen auch die Verbraucherinnen und Verbraucher selbst als großen Einflussfaktor. Fast ein Drittel der befragten Personen sieht außerdem die Medien (30%) und die Politik (30%) als große Einfluss-Geber.
„Ich wünsche mir, dass sich damit eine Form von Unternehmertum etabliert, die Gewinn und gesellschaftliche Verantwortung nicht als Entweder-oder sieht, sondern als einen sich gegenseitig verstärkenden Kreislauf”, so Iris Braun.
Ökologisch allein reicht nicht
Mehr als 80% der Österreicher und Österreicherinnen sind davon überzeugt, dass ökologische Nachhaltigkeit heute allein nicht mehr ausreicht – es sollte ein Standard sein, dass Unternehmen einen Social Impact haben.
Drei Viertel der Befragten sind der Meinung, dass Unternehmen mit einem Social Impact den Konsum zu etwas Positiverem und die Welt zu einem besseren Ort machen.
Somit stellt sich die Frage: Wollen sich Konsumentinnen und Konsumenten in Krisenzeiten sozialen Konsum noch leisten? Die Antwort ist klar und lautet ja: 47% sind bereit, in der Inflation weiterhin Social Impact-Produkte zu kaufen, und 30% wollen sogar mehr Produkte kaufen. Trotz Dauerkrisen und hoher Inflation ist somit die Kaufbereitschaft in Österreich für Social Impact-Marken weiterhin gegeben.
Auf die abschließende Frage, ob Konsum die Welt retten kann, sind die Experten einer Meinung: „Konsum muss die Welt retten.” Stellschrauben, an denen dafür gedreht werden muss, sind ihrer Meinung nach eine Transparenz über Realpreise und Lieferketten, damit Konsumenten nachvollziehen können, wie Produkte hergestellt werden und wie die Preisgestaltung passiert. Darüber hinaus wird es nur mit gemeinsamer Anstrengung gehen, so die Experten. Sowohl Unternehmen, Konsumenten und die Politik müssen Maßnahmen setzen, um einen dringend benötigten Wandel herbeizuführen.
Für Nora Mitterböck vom Bundesministerium ist die Sache klar: „Wir müssen umdenken”, meint sie, und: „Die Verantwortung beim Konsum liegt auch bei den Konsumenten. Wir sind es gewohnt, auch noch am Abend das gesamte Produktangebot im Supermarkt vorzufinden. Die Frage ist, ob das sein muss. Vor allem klassische 1 plus 1-Aktionen sind sehr verlockend, führen aber dazu, dass mehr Lebensmittel weggeschmissen werden. Hier muss ein Umdenken stattfinden.”
Rabatte als Problem
Die Konsumforscherin Kamleitner sieht in den vielen Rabatten ein „Problem”. Ihre Begründung: „Mengenrabatte sind ein großes Thema, weil es so wirkt, als würden die Konsumenten sich nicht klug verhalten, wenn sie eine Aktion nicht ausnutzen. Der reale Preis von Produkten spielt deshalb eine große Rolle. Für Konsumenten ist es wichtig, zu verstehen, was die Produkte wirklich wert sind. Bei so großen Preisreduktionen ist es schwierig, den eigentlichen Wert zu erkennen.”
Seitens des Handesverbands weist deren Geschäftsführer Rainer Will auf den hohen – im EU-Vergleich sogar den höchsten – Bioanteil im Lebensmittelhandel hin: „Unsere Umwelt- und Tierschutzstandards sind so hoch wie in kaum einem anderen Land. Daher setzt der heimische Lebensmittelhandel in vielen Bereichen auf österreichische Produkte. In unseren Regalen findet sich auch eine Vielzahl an regional und lokal produzierten Qualitätsprodukten. Heute hat Österreich den EU-weit höchsten Bio-Anteil im Lebensmittelhandel. Der Handel trägt damit entscheidend zum Erhalt landwirtschaftlicher Strukturen und Produzenten in Österreich bei.”
Aus Sicht des Caritas-Geschäftsführers Schwertner ist es generell wichtig, etwas in Gang zu setzten: „Wichtig ist der erste Schritt. Die Art und Weise, wie wir leben und was wir konsumieren, kann positive oder negative Auswirkungen auf Menschen und Umwelt – nah und fern – haben. Wir alle tragen dafür Verantwortung. Hier umzudenken, ist notwendig, und wir als Caritas bemühen uns sehr, sozial nachhaltige Konsumalternativen anzubieten – unter anderem auch mit share-Produkten – in unserem Ziegenshop auf der Mariahilfer Straße.”
Unternehmen in der Pflicht
Die Aktivistin Aschenbrenner verweist darauf, dass ausschließlich sozialer Konsum nicht möglich ist, „weil uns dafür die Regulierungen und eine transparente Lieferkette fehlen. Natürlich können sich Konsumenten immer die Frage stellen ‚Brauche ich das wirklich?' und bewusster konsumieren. Das ist allerdings nach wie vor eine sehr privilegierte Ausgangslage und nicht für alle Bevölkerungsgruppen möglich.”
Und Iris Braun sieht abschließend vor allem auch Unternehmen in der Pflicht. Diese müssen „mehr Verantwortung übernehmen. Das Vertrauen der Konsumenten, dass Unternehmen zu einem Wandel beitragen können, ist nämlich da. Dabei ist es besonders wichtig, als Konsumenten zu verstehen, was passiert, wenn ich meinen persönlichen Konsum ändere. Transparente Lieferketten und eine nachvollziehbare Preisgestaltung sind dann entscheidende Punkte.”