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Redaktion 25.04.2022

Rundfunk und Kultur kämpfen um ihre Frequenzen

Vorbereitung für entscheidende Weltfunkkonferenz 2023 („WRC23“): Breite österreichische Allianz aus TV-, Radio- und Kulturveranstaltern fordert langfristige, politische Absicherung des Rundfunkspektrums im Bereich 470 – 694 MHz auch nach 2030.

WIEN. Die politische Meinungsbildung für die Weltfunkkonferenz 2023 ist europaweit und nun auch in Österreich voll angelaufen. Dort wird u.a. über die künftige Nutzung des Frequenzspektrums im Bereich von 470 bis 694 MHz, das sogenannte Sub-700 oder UHF-Spektrum, über 2030 hinaus diskutiert und entschieden werden.

Dieser Frequenzbereich ist der – nach der erfolgten Umwidmung von zwei Teilbereichen des bisherigen Rundfunkspektrums für den Mobilfunk – verbliebene Rest des UHF-Spektrums, in dem das terrestrische Fernsehen verbreitet sowie Theater, Opernhäuser und Veranstaltungsbühnen drahtlose Funkmikrofone und andere PMSE-Produktionsmittel störungsfrei einsetzen können.

Weitere Aufteilung des Spektrums technisch nicht lösbar
Seit 60 Jahren nutzen Rundfunk und Kultur das UHF-Spektrum in technologischer Symbiose effizient und störungsfrei. Für die weitere Aufteilung dieses Spektrums für zusätzliche Nutzungsszenarien wie den Mobilfunk ist langfristig keine technologische Lösung in Sicht. Im Gegenteil: Der Mobilfunk kann Frequenzen aus physikalischen Gründen nur allein nutzen, sodass sie Rundfunk und Kultur nicht mehr zur Verfügung stehen. Die terrestrische Rundfunkverbreitung wäre dadurch akut gefährdet: „Die betroffenen Branchen haben keinen Frequenzspielraum mehr, weshalb unsere Forderung nach einer langfristig abgesicherten, exklusiven Nutzung des Rundfunkspektrums alternativlos ist“, erklärt Michael Wagenhofer, Geschäftsführer der ORS und Sprecher der Allianz.

Der Rundfunk braucht Frequenzen für Versorgungssicherheit der Bevölkerung
Öffentlich-rechtlicher und privater Rundfunk brauchen das UHF-Spektrum, damit ihre Programmangebote kostengünstig, einfach und somit niederschwellig terrestrisch übertragen werden können. „Radio und Fernsehen sind die am stärksten genutzten Medien, denen die Menschen in Österreich zudem das größte Vertrauen entgegenbringen. Öffentlich-rechtlicher Rundfunk im Speziellen muss seiner medienpolitischen Verpflichtung zur Versorgung der Bevölkerung, insbesondere in Zeiten von zunehmenden Umweltkatastrophen, Gesundheitskrisen oder geopolitischen Konflikten, nachkommen können. Dazu gehört Infrastruktursouveränität über ein terrestrisches Sendernetz“, betont Harald Kräuter, Direktor für Technik und Digitalisierung des ORF.

Corinna Drumm, Geschäftsführerin des Verbands Österreichischer Privatsender, ergänzt: „Zusätzlich zur linearen Nutzung werden Audio- und Bewegtbildinhalte immer häufiger auch auf mobilen Endgeräten genutzt. Dies gilt v.a. für Echtzeit-Content, ebenso wie für gesellschaftspolitische Inhalte oder regionales Österreich-Programm. Diese Inhalte wollen wir auch weiterhin möglichst effizient via Broadcast – also 'one-to-many' – zu unseren Hörerinnen und Hörern Seherinnen und Sehern bringen. Dafür benötigen wir auch in Zukunft das UHF-Spektrum. Andernfalls droht der Verlust von Angebotsvielfalt und Medienqualität – zum Schaden unserer Demokratie.“

UHF-Frequenzen sind für Medienproduktion unverzichtbar
„Vielen ist nicht bewusst, dass unzählige Funkmikrofone und andere drahtlose Geräte wie In-Ear- oder Talkback-Systeme in der Medienproduktion intensiv im UHF-Spektrum betrieben werden. Der Vorteil des UHF-Spektrums liegt darin, dass die Funkwellen Bühnenaufbauten durchdringen können und es während eines Auftrittes keinen störenden Körpereinfluss gibt. Nur mit dem UHF-Spektrum sind Konzerttourneen durch Europa mit dem eigenen Tonequipment möglich“, erklärt Othmar Stoss, der als Präsident der Österreichischen Theatertechnischen Gesellschaft (OETHG) rund 300 Mitglieder aus der Kultur- und Eventbranche vertritt. Betroffen wären im Übrigen auch Messeveranstalter, Sportstätten oder Universitäten mit ihren Hörsälen.

Keine Kultur ohne UHF-Frequenzen
„Ohne die vielen Mikrofone in unseren Theatern und Kulturbühnen sind kulturelle Produktionen nicht denkbar. Dazu gehören auch die Rundfunkübertragungen, die Kulturgenuss all jenen Menschen ermöglichen, die nicht live dabei sein können oder wollen. Die möglichen Kosten für einen Systemwechsel durch eine Umwidmung der Rundfunkfrequenzen allein für die Kulturbetriebe in Österreich wären enorm und würden eine dauerhafte Belastung für die kulturellen Angebote bedeuten. Ich appelliere an die Politik, dies zu berücksichtigen“, meint Cay Stefan Urbanek, kaufmännischer Direktor des Volkstheaters. Laut Kreativwirtschaft Austria kommen allein die Darstellende Kunst, die Musikwirtschaft, Radio- und TV sowie die Filmwirtschaft auf eine jährliche Wertschöpfung von rund 3 Mrd. €. Ebenfalls betroffen sind unzählige kleine Veranstalter, von Gottesdiensten in Kirchen bis zu den Schultheatern in den Regionen.

Forderung an die Bundesregierung
Zusammengefasst: Aus Sicht der betroffenen Branchen ist eine auch nur teilweise Änderung der Zuweisung der UHF-Frequenzen für keinen anderen Nutzer technologisch oder frequenzökonomisch erforderlich. Eine gemeinsame Nutzung des UHF-Bands durch Mobilfunk, Rundfunk und Kultur ist physikalisch nicht realisierbar. Der wirtschaftliche, demokratie- und kulturpolitische Schaden hingegen wäre enorm. Die Allianz der TV-, Radio- und Kulturveranstalter fordert daher die Bundesregierung eindringlich dazu auf, sich bei der Europäischen Kommission im Hinblick auf die WRC23 dafür einzusetzen, dass das UHF-Spektrum langfristig und exklusiv dem terrestrischen Rundfunk und der Kultur vorbehalten bleibt. (red)

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