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Michael Straberger wurde für drei weitere Jahre als Präsident bestätigt.

Redaktion 11.12.2020

Selbstbeschränkung

Auch der Arbeit des Österreichischen Werberats war es zu verdanken, dass die im Herbst drohenden Werbeverbote nicht Eingang ins Gesetz fanden.

WIEN. Seit zwölf Jahren führt Michael Straberger den Österreichischen Werberat als Präsident. medianet bat zum Jahrestalk.

medianet:
2020 geht zu Ende. Welche Bilanz ziehen Sie für den Österreichischen Werberat?
Michael Straberger: Summa summarum ein sehr erfolgreiches Jahr – ein Jahr mit viel Bestätigung für die Selbstregulierung der Werbewirtschaft und mit klarem Bekenntnis, dass Selbstkontrolle versus Werbeverbote jedenfalls der bessere Weg ist. Und das ist nicht nur politischer Wille, der sich in spannenden Verhandlungen durchgesetzt hat, sondern hier haben sich alle Säulen des Trägervereins wie Auftraggeber, Medien und Werbetreibende nochmals mehr für dieses Prinzip der Deregulierung eingesetzt. Unsere Idee hochzuhalten und zu verteidigen, ist nicht immer einfach bei den wiederkehrenden nationalen Anläufen einzelner Gruppen, die Kommunikationsfreiheit zu beschränken oder über neue Bestimmungen im Ethikkodex die Selbstbestimmung des Individuums zu beschneiden.

medianet:
Neben der Wahl von Vorstand und Ethiksenat wurden auch neue Werberäte bestellt. Hier ist es ja etwa bei der Zahl der Werberäte zu einer Veränderung gekommen.
Straberger: Ja, auch wenn dieser Wahlvorgang schon fast Routine geworden ist, ist die Wiederwahl bzw. die teilweise Neuwahl unserer Werberätinnen und -räte alle drei Jahre der zentrale Vorgang, der die Unabhängigkeit, die fachliche Expertise mit breitem Zugang zur Werbeethik und auch die Professionalität des Beschwerdemanagements ausmacht. Unsere Werberäte leisten unentgeltlich hohen Einsatz, sind doch rund 80 Beschwerdefälle pro Jahr, also etwa ein bis zwei pro Woche, zu beurteilen.

Die Anzahl der Werberätinnen und Werberäte hat sich heuer um ca. 20 Prozent auf knapp 200 reduziert. Dies sind einerseits Abgänge aus persönlichen und beruflich Gründen, anderseits scheiden auch etwa zehn Prozent pro Jahr aus, weil sie die Vorgabe der Mindestanzahl an zu bearbeitenden Beschwerden zeitlich nicht schaffen. Gott sei Dank vergeht kein Monat, in dem sich nicht einige neue Bewerber bei uns melden. Diese Anwärter sowie auch die zur Wahl stehenden Personen durchlaufen einen mehrstufigen Nominierungsprozess und müssen in der Folge auch durch den Vorstand bestätigt werden.
Der Wahldurchlauf hat heuer vier Monate in Anspruch genommen und war nur durch den Einsatz der Geschäftsstelle neben den laufenden Aufgaben zu schaffen – ein besonderer Dank gilt hier Manuela Rakitnik, Katharina Hackl und selbstverständlich der Geschäftsführerin Andrea Stoil.


medianet:
Einer der Aufreger des heurigen Jahres war ein kurzzeitig drohendes Werbeverbot für etliche Lebensmittel – welchen Beitrag konnte hier der Werberat leisten, damit es nicht so weit kommt?
Straberger: In den letzten zehn Jahren gab es immer wieder Vorstöße, Werbebeschränkungen und Verbote in Österreich durchzusetzen. Aber anders als frühere Versuche war das im Herbst drohende Verbot für einen maßgeblichen Teil von Lebensmitteln – dieses war nach dem Prinzip des Gold Plating von einigen Personen getrieben – weder eine Vorgabe aus Brüssel noch war vielen anfänglich klar, welche wirtschaftliche Auswirkungen man in Kauf nehmen würde. Dies alles für nicht im Ansatz in Relation stehende vorgebrachte Argumente oder in den Raum gestellte Auswirkungen.

Der Werberat hat seit Herbst 2019 die im Trägerverein vertretenen Interessen, auch in Abstimmung mit den Beamten des Bundeskanzleramts, der Medienbehörde sowie der Politik, inhaltlich vorbereitet, für schnelle Abstimmung zwischen den Vertretern der Themen gesorgt und das Argumentarium sowie die Möglichkeiten der operativen Selbstregulierung in den Fokus gestellt – ein komplexer Prozess, diesmal unter großem Zeitdruck, letztlich jedoch mit Erfolg für die Werbe- und Medienwirtschaft, besonders für die Auftraggeber von umsatzstarken Werbekampagnen und natürlich für die Selbstregulierung an sich.


medianet:
Wenn wir auf 2021 blicken – welche Vorhaben sind hier vom Österreichischen Werberat zu erwarten?
Straberger: Wir werden für alle Teilnehmer im Selbstregulierungssystem noch viel stärker den informativen Austausch ankurbeln. Hier freut mich besonders ein Antrittsstatement des neuen Fachverbandsobmanns Michael Mrazek, der mit uns gemeinsam die Werbewirtschaft speziell über Neuerungen durch die Mediendienste-Richtlinie wie zum Beispiel das verbindlich empfohlene Ethiksiegel mit Sichtbarmachen der Selbstkontrolle vorantreiben will. Die Werbewirtschaft braucht nach dem heurigen Jahr viele neue Impulse! Über alle unsere Pläne darf ich Anfang des Jahres berichten. (red)

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