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© David Martin

David Stephan, Keynote-Speaker über KI in der Werbebranche.

Redaktion 03.10.2024

Tag der Marktkommunikation 2024: KI im Fokus

WIEN. Am 8. Oktober findet der Tag der Marktkommunikation 2024 der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation Wien statt. Heuer widmet sich die Veranstaltung dem Spannungsfeld zwischen Künstlicher Intelligenz (KI) und der natürlichen Intelligenz von im Marketing tätigen Menschen. Zu diesem Thema wird es Keynotes von Experten Alexandra Wudel und David Stephan geben.

Anlässlich dieses Tages hat medianet mit dem Keynonte-Speaker David Stephan gesprochen. Stephan hat bei der Agentur Home in Wien gearbeitet und ist Gründer der Agentur David+Martin, die vor kurzem in Deutschland zur „Agentur des Jahres“ gekürt wurde. Am Tag der Marktkommunikation 2024 wird David Stephan einen Vortrag über den Einsatz von KI in der Werbebranche halten.

medianet: Sie erwähnen, dass KI in der Werbebranche Prozesse unterstützt, aber nicht die kreativen Ideen selbst entwickelt. Können Sie ein konkretes Beispiel nennen, bei dem KI in Ihrer Agentur einen entscheidenden Mehrwert gebracht hat, ohne den kreativen Prozess zu beeinträchtigen?

David Stephan: Da gibt es wirklich einige. Alleine Tools wie Figma und Co helfen uns bei der Automatisierung der Asset Erstellung. So fallen viele mühsame Arbeitsschritte gerade bei großen Digitalkampagnen weg und unsere Kreativen können sich wieder mehr auf das Wesentliche konzentrieren. Genauso benutzen wir für Pitches standardisiert inzwischen KIs, die uns helfen beispielsweise eine Vertonung von Mood-Filmen oder Beispiel-Assets auf einem sehr hohen Niveau zu gewährleisten. Aber auch die vermeintlich einfachen Dinge wie die Übersetzung von Briefings ins Englische sind für uns als Agentur mit sehr vielen internationalen Mitarbeitern hilfreich.

medianet: Inwiefern sehen Sie den Einsatz von KI als Chance, den kreativen Spielraum von Agenturen zu erweitern, anstatt ihn zu beschränken? Gibt es Fälle, in denen KI das kreative Potenzial eines Projekts gesteigert hat?

Stephan: Ja, inzwischen Einige. Wir haben es ja bei unserer Rauch-Kampagne gesehen, wie weit man schon vor über einem Jahr gehen kann. Von der Erarbeitung der Skripte, über die Soundeffekte bis hin zu Character-Erstellung haben wir (zum damaligen Zeitpunkt) wirklich quasi alles ausgereizt. Auch die Cheeseburger Nuggets, die wir für unseren Kunden Burger King entwickelt haben, sind mit Hilfe der KI entstanden. An diesem Beispiel wird allerdings schnell deutlich, wie schnell man eine kreative Idee mit einer Umsetzung verwechseln kann. Die KI hat existierende Produkte auf Basis von Parametern wie Machbarkeit, Geschmack etc. miteinander kombiniert, die Idee, so etwas zu tun, kam allerdings von unseren Kreativen.

medianet: Viele befürchten, dass KI Arbeitsplätze gefährden könnte. Wie sehen Sie die Auswirkungen der KI auf die Arbeitsplätze in der Werbebranche? Haben Sie Beispiele dafür, wie durch KI neue Aufgaben und Rollen entstanden sind?

Stephan: Ich glaube dafür gibt es unzählige Beispiele. Es gibt heutzutage nicht nur Prompter, die sich auf die Erstellung von KI basierter Kreation spezialisiert haben, sondern inzwischen auch ganze Firmen, die versuchen die ganze Bandbreite der Tools zu nutzen. Gerade in der Postproduktion der Filmindustrie wird der Einsatz von KI dafür sorgen, dass viele Dinge einfacher und deutlich günstiger werden. Aber natürlich fallen dadurch auch Arbeitsplätze weg bzw. würde ich eher sagen, dass sie die Anforderungen verändern. Ein Art Director, der sich Computerprogramm in den 90er Jahren verweigert hat, wird es wahrscheinlich heute auch eher schwierig haben. Ich sehe KI in unserer Branche als das, was sie sein sollten: Tools und Möglichkeiten, die einem das Leben vereinfachen.

medianet: Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Agentur trotz des verstärkten Einsatzes von KI-Technologien die menschliche Kreativität nicht aus den Augen verliert? Gibt es in Ihrer Arbeitsweise feste Prinzipien, die sicherstellen, dass kreative Ideen weiterhin von Menschen kommen?

Stephan: Es gibt keine festen Prinzipien, aber eine KI kann immer nur auf Bestehendes aufbauen, das liegt in ihrer Natur. Auch die Bewertung der von einer KI vorgetragenen Idee muss derzeit ja noch ein Mensch innerhalb der Agenturbranche vornehmen. Außerdem habe ich einen unerschütterlichen Glauben an die Notwendigkeit der Kreativität in der heutigen Zeit. Ich würde sogar sagen, in einer Zeit, in der jeder ChatGPT zum Ideen schreiben auffordern kann, ist es wichtiger denn je.

medianet: Sie erwähnten, dass KI vor allem kleinere Aufgaben übernimmt. Welche spezifischen Aufgaben in Ihrer Agentur haben Sie erfolgreich an KI übergeben, und wie wirkt sich das auf die Effizienz und das kreative Outcome aus?

Stephan: Wie bereits oben erwähnt, sind das vor allem Automatisierungsprozesse, die uns viel Arbeit abnehmen. Auch das Bebildern von Storyboards unserer Filmideen werden z.B. seit dem Einsatz diverser KI Programmen deutlich vereinfacht und verbilligt. Statt einer stunden- bzw. tagelangen Bildrecherche, um entsprechend funktionierende Bilder in einer halbwegs einheitlichen Bildsprache zu finden, können wir nun Bilder nach der eigenen Vorstellungskraft erschaffen. Und das inklusive der gewünschten Belichtung und der Blickrichtung der Protagonisten.

medianet: Wie stellen Sie sich die Agentur der Zukunft im Hinblick auf den Einsatz von KI vor? Glauben Sie, dass Agenturen, die KI nicht nutzen, bald den Anschluss verlieren könnten?

Stephan: Ja. Das hatte der Fortschritt schon immer an sich.

medianet: Gibt es ethische Herausforderungen, die Ihrer Meinung nach beim Einsatz von KI in der Werbung beachtet werden müssen? Wie gehen Sie mit diesen Fragestellungen in Ihrer Agentur um?

Stephan: Natürlich gibt es die. Die Frage nach den Copyrights ist ja bis heute nicht wirklich geklärt. Ich erinnere mich an einen Fall eines tollen Regisseurs, der seine eigenen Bilder in einem anderen Spot quasi eins zu eins als Bildsegmente wiederfand. Dafür müssen und werden Lösungen gefunden werden. Genauso wie es schon lange Zeit Regeln zum Schutze des geistigen Eigentums gab und immer geben wird. Und natürlich kann eine KI in den falschen Händen Schaden anrichten. Dieses Risiko birgt jede Form des Fortschritts schon immer. Ich habe mit der ersten Photoshop Version auch Geldscheine eingescannt und ausgedruckt, mein Alter auf meinem Ausweis um ein, zwei Jahre nach oben „korrigiert“.

medianet: Sie haben enge Verbindungen nach Österreich, unter anderem durch Kunden wie Bitpanda. Sehen Sie Unterschiede im Umgang mit KI in der Werbebranche zwischen Deutschland und Österreich?

Stephan: Ehrlich gesagt kann ich das so detailliert nicht beantworten. Ich glaube allerdings, dass gerade für den österreichischen Markt KI dabei helfen kann, das enorme Delta bei Produktionsgeldern, auszugleichen. Das war ja auch eine Limitierung unter der ich in meiner Zeit in Wien massiv gelitten habe. Die angesprochenen Teilbereiche, die vor allem in der Postproduktion liegen, sind ja das, was die Produktionen international so teuer machen. Leider sieht man dort auch meistens den Unterschied.

Link zum Tag der Marktkommunikation 2024

 

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