••• Von Britta Biron
WIEN. Die Covid-19-Pandemie hat sowohl die Art und Weise, wie besondere Anlässe gefeiert werden (können), stark beeinflusst, ebenso wie die Konsumgewohnheiten. Wie sich die weltweite Gesundheitskrise auf die traditionell enge Beziehung zwischen Festlichkeiten unterschiedlichster Art und dem Konsum ausgewirkt hat, zeigt jetzt eine aktuelle Studie des internationalen Research-Unternehmens YouGov. Für sie wurden knapp 20.000 Erwachsene in 18 Ländern rund um den Globus – unter anderem USA, Kanada und Mexiko, Deutschland, Frankreich, Italien, die Vereinigten Arabischen Emirate, China, Indien und Australien – zu ihrem Einkaufsverhalten rund um weltweit relevante saisonale Anlässe befragt. Dazu zählen klassische Feiertage wie Weihnachten, Ostern und Halloween ebenso wie solche, die eigens für die Ankurbelung des Konsums erfunden wurden, wie etwa der Amazon Prime Day.
Global größter Konsumevent
Der wichtigste Feiertag der Christen ist gleichzeitig auch das weltweit größte saisonale Konsum-Event. Quer über alle Länder und ungeachtet einer religiösen Zugehörigkeit haben 57% der Befragten für das Weihnachtsfest 2021 Einkäufe getätigt. Muttertag und Vatertag, die im Gesamtranking der internationalen Shopping-Events auf Platz 2 rangieren, liefern dagegen nur für halb so viele Menschen einen Konsum-Grund.
Allerdings zeigt die Studie auch klare länderspezifische Präferenzen für bestimmte Anlässe. Bei den Briten ist es Weihnachten, bei den Mexikanern der Muttertag, Ostereinkäufe werden am häufigsten von Polen getätigt, beim Amazon Prime Day liegen die Inder an der Spitze, Black Friday oder Cyber Monday versetzen vor allem die Spanier in Konsumlaune, und Halloween nicht etwa die US-Amerikaner, sondern ihre kanadischen Nachbarn.
Lange geplant oder spontan
Deutliche Unterschiede gibt es nicht nur dahingehend, dass die verschiedenen Shopping-Events unterschiedliche Käufergruppen ansprechen, sondern auch hinsichtlich der Zeit, die man sich für die Planung der Einkäufe nimmt.
So machen sich 41% der Befragten mindestens einen Monat vor dem Fest Gedanken über ihre Weihnachtseinkäufe und fast zwei Drittel (65%) planen zwei bis drei Wochen im Voraus. Viel Zeit nimmt man sich auch für die Besorgungen zum Muttertag und Vatertag: 51% der Befragten erledigen sie ein bis drei Wochen davor, weitere 31% in der Woche vor dem Feiertag. Dagegen agiert die Mehrheit bei Amazon Prime Day, Cyber Monday und Black Friday spontan und kauft entweder punktgenau zum Termin oder höchstens drei Tage davor.
Die insgesamt hohe Konsumlaune, die im Vorjahr nach der Lockerung der Corona-Einschränkungen eingesetzt und die Wirtschaft in vielen Ländern kräftig angekurbelt hat, bestätigt die YouGov-Studie.
Höhere Shopping-Budgets
Sechs von zehn Befragten gaben an, anlässlich der verschiedenen Shopping-Events zwischen April 2021 und Mai 2022 ihre Ausgaben signifikant erhöht zu haben, weitere 13% haben viel mehr und 41% etwas mehr ausgegeben. Schulbeginn, Weihnachten und der Singles’ Day waren die Anlässe, zu denen den Befragten das Geld besonders locker in der Tasche saß; dagegen waren Muttertag und Vatertag sowie Halloween die beiden Ereignisse, die die Käufer am wenigsten zu Mehrausgaben animierten.
Auskunft gibt die Umfrage auch darüber, für wen eingekauft wird. Zu Weihnachten stehen – wenig überraschend – Kinder, Partner, Familienmitglieder und Freunde im Fokus. Zu Ostern, Halloween und natürlich zum Schulbeginn landen überdurchschnittlich viele Produkte für die Kinder in den Einkaufstaschen. Für sich selbst kaufen die Befragten vor allem anlässlich Black Friday und Cyber Monday (68%), für die Sommerferien (66%), beim Amazon Prime Day (65%) und beim Singles’ Day (64%).
Produkte-Ranking
Lebensmittel und Getränke werden zu allen Anlässen am häufigsten gekauft (78% der Umfrageteilnehmer), noch stärker ist der kulinarische Schwerpunkt bei Familien-Festtagen wie Ostern (90%) und Weihnachten (87%). Halloween ist der einzige Anlass, bei dem Süßwaren (85%) ganz oben auf der Einkaufsliste stehen. Kleidung, Schuhe und Accessoires liegen im Ranking für den Schulanfang (90%) auf Platz 1, ebenso bei den Einkäufen anlässlich Singles’ Day (83%) und Black Friday sowie Cyber Monday (74%). Beim Amazon Prime Day gilt das Interesse der Konsumenten (75%) in erster Linie Elektro- und Elektronik-Geräten.
Ob analog oder digital eingekauft wird, hängt vor allem von der Produktgruppe ab. 70% der Umfrageteilnehmer gaben an, Nahrungsmittel, Getränke und Süßwaren überwiegend im stationären Handel zu kaufen. Auch den Kauf von hochwertiger Kleidung, Möbeln und Elektronik erledigt man eher in Geschäften. 35% setzen auf einen Mix aus stationärem Handel und Online-Shops. Video- und Computer-Spiele sowie Gaming-Konsolen sind die einzigen Produktgruppen, die überwiegend online gekauft werden.
Die Inspiration für ihre Einkäufe holen sich die Konsumenten in erster Linie direkt in den Geschäften (38%), rund ein Viertel (26%) setzt auf Social Media, fast ebenso viele (25%) auf Empfehlungen von Familienmitgliedern und Freunden. Der persönliche Kontakt – ob zum Personal im Store oder im privaten Umfeld – hat demnach trotz Digitalisierung weiterhin einen sehr hohen Stellenwert. Bei den Online-Verkaufstagen spielen Anregungen aus dem Internet eine größere Rolle.
Lage in Österreich
Ziel der Studie war es laut YouGov, Herstellern und Händlern von Konsumgütern fundierte Infos als Grundlage für die Planung und Umsetzung effektiver Werbe- und Marketingmaßnahmen zu geben. Ist das gelungen? Dazu und welche Bedeutung die untersuchten Shopping-Events in Österreich haben, hat medianet einige Werber befragt.
„Mit unserer No Bullshit Agentur-Mentalität versuchen wir unsere Ideen immer auf ein stabiles Faktengerüst zu stellen; Studien helfen uns hier sehr”, meint Patrick Partl, Inhaber und Geschäftsführer von Brokkoli Advertising. „Shopping-Events können – wenn sie spannend inszeniert sind – ein wichtiger Teil des Erlebnisses und somit auch ein wesentlicher Bestandteil der Customer Journey sein.”
„Für die Planung von Werbe- und Marketing-Maßnahmen spielen verschiedenste Quellen eine wichtige Rolle, Studien wie die angeführte sind dabei eine Quelle, jedoch sicherlich nicht die entscheidende”, konstatiert Michael Piber, Geschäftsführer von Reichl & Partner. Die untersuchten Shopping-Events seien natürlich auch in Österreich wichtig. „Die Schwerpunkte sind Weihnachten und Ostern, wo auch die zeitliche längste Aktivierung erfolgt. In den letzten Jahren wurden zusätzliche Schwerpunkte geschaffen, die jeweils kurzfristiger aktiviert werden, wie z.B. Valentinstag, Muttertag, Vatertag, Halloween, Black Friday, …” Die Aussagekraft der Studie hänge aber auch von der Produktkategorie ab. „So hat Bier andere Saisonschwerpunkte als Süßwaren, für die die Events ein ganz entscheidender Faktor sind.”
Auch für Christoph Bösenkopf, Geschäftsführer von Wirz, hält sich der Erkenntnisgewinn in Grenzen: „Leider deckt die Studie Österreich nicht ab, andererseits zeigen die Ergebnisse keine wirklichen Überraschungen. So gesehen ist so eine Studie durchaus interessant, hilft mir aber in der Planung nicht wirklich weiter.”
Einfluss der Inflation
Nachdem die Studie den Zeitraum zwischen April 2021 und Mai 2022 untersucht hat, in dem das Ausmaß der Teuerung in vielen Ländern kaum absehbar war, sind die Erkenntnisse auch nur bedingt für die Zukunft aussagekräftig.
Auch zur Frage, inwieweit die steigende Inflation die Planung von Werbe- und Marketing-Maßnahmen für die kommenden Shopping-Events wie z.B. Halloween und Weihnachten beeinflusst, hat medianet die Werber um eine Einschätzung gebeten.
„Wir spüren das aktuell noch nicht, gehen aber davon aus, dass der Inflationsschock in den nächsten Monaten die Entwicklung etwas dämpfen wird”, sagt Partl.
Ähnlich schätzt Bösenkopf die Lage ein: „Noch hat die steigende Inflation eine geringe Bedeutung bei der Planung für den Konsumgüterbereich, die Händler sind wachsam, aber immer noch optimistisch, dennoch werden Budgets eher gekürzt. Die Konsumlaune ist bei den Menschen immer noch vorhanden, jetzt liegt es an den politischen Maßnahmen zum Teuerungsausgleich und natürlich am weiteren Verlauf des Krieges in der Ukraine. Hoffentlich verschärft sich der Konflikt um Taiwan nicht noch mehr, denn dann verliere selbst ich meinen Optimismus … ”
Piber ist etwas optimistischer: „Der Werbedruck bleibt stabil auf hohem Niveau, und zu den Shopping-Events wird die Aktionskommunikation noch weiter steigen, um so durch Werbemaßnahmen für Zusatzumsätze zu sorgen. Auch die vom Staat eingeleiteten Fördermaßnahmen sollten rechtzeitig vor Weihnachten noch die Kauflust befeuern. Aktuell ist die reale Wirtschaftssituation sicherlich positiver als die gefühlte bzw. kommunizierte Meinung. Es gibt verschiedenste Einflussfaktoren, die seriös nicht vorherzusehen sind. Daher planen viele Unternehmen viel kurzfristiger und sind eher abwartend.”