MARKETING & MEDIA
© Martina Berger

Vor neun Jahren starteten Rosa und Franz Merlicek mit Merlicek und Partner als Jungunternehmer nochmals durch.

Redaktion 26.04.2024

Werbung für die Ewigkeit

In diesem Jahr geht der medianet xcellence.award an Rosa und Franz Merlicek von Merlicek und Partner. medianet bat die beiden zum Interview.

••• Von Dinko Fejzuli

Eine der für sein späteres Leben vermutlich wichtigsten Beobachtungen machte der junge Franz Merlicek bei seinem um einige Jahre älteren Bruder. Ihm fiel auf, dass dessen Freunde sich mit Studien wie Wirtschaft oder Medizin herumplagten, während es da diesen einen Freund gab, der zur gleichen Zeit einen roten Flitzer fuhr und eine hübsche Freundin hatte. „Was macht eigentlich der?”, fragte der junge Merlicek seinen Bruder – und der antwortete: „Der studiert an der Angewandten”. Da sagte sich Franz Merlicek schon damals: „Das will ich auch.”

So kam es auch: Er ging tatsächlich an die Angewandte und besaß sogar die Chuzpe, nach seinem Abschluss dem Rektor vorzuschlagen, gleich ein neues Corporate Design für die Uni zu machen. Nach einigem Zögern durfte er das tatsächlich – und genau dieses CD wird dort bis heute, inklusive später kreierten Logos, noch immer verwendet.

Da sein ursprünglicher Plan, nach der Uni in die Schweiz zu gehen – damals ein Mekka für Grafik und Design – nicht aufging, war Merlicek schließlich, kurz nach deren Gründung, Teil jener Agentur, die man später als Demner, Merlicek & Bergmann kennen sollte. Den roten Flitzer übrigens hatte er da bereits. Die hübsche Freundin vermutlich auch.

Zwei Wege, eine Zukunft

Rosa Merliceks Weg in die Werbung war etwas anders. Sie selbst bezeichnet ihn als „reingestolpert und picken geblieben”, denn ursprünglich wollte sie Tierärztin werden, absolvierte aber dann doch den Vorläufer der späteren Werbe Akademie, die sie zwar ohne Abschlusszeugnis beendete, dafür aber mit Job-Angeboten aus der Branche.

Nach mehreren Stationen bei Agenturen wie Haslinger Keck oder Young & Rubicam, wo sie Texterin und dann Kreativ­direktorin war, fiel die junge Rosa Haider, wie sie damals hieß, einem gewissen Mariusz Jan Demner von der gleichnamigen Agentur auf, in der schon längst Franz Merlicek saß. „Als ich bemerkte, dass der Herr Demner angebissen hat, hab ich meine Mappe zugeklappt und gesagt: ‚Zu ihnen komme ich nicht, denn ich habe mir das angesehen und bei ihnen werden nur Männer etwas – und ich möchte Kreativdirektorin bleiben'.” Sie verließ das Gespräch.

Am folgenden Tag kam das Angebot, erste weibliche Kreativdirektorin bei DMB. zu werden – aber nur für einen Kunden, damals Kleider Bauer; sie heuerte doch an und arbeitete dann viel mit Franz Merlicek zusammen. Zunächst etwas unfreiwillig, wie sie im Gespräch mit medianet erzählt, denn sie befürchtete, als die Junge, Neue neben dem berühmten Franz Merlicek nicht ernst genug genommen zu werden. Doch die Zusammenarbeit stellt sich als kongenial heraus, und der Rest ist österreichische Werbegeschichte, gepflastert mit Namen wie Vöslauer, Wiener Städtische, Darbo, Wiener Zucker und Publikumslieblingen wie Manner oder dem berühmten Schweinderl von Ja! Natürlich – allesamt erfunden und kreiert von Rosa und Franz Merlicek gemeinsam oder jeweils von einer bzw. einem der beiden.

Darüber hinaus erfand Rosa Merlicek die Familie Putz für das Möbelhaus XXXLutz und zog große Etats von Bipa, Merkur und OMV an Land; ihr Mann betreute da schon Darbo und später dann Manner.

Nach 17 gemeinsamen Jahren bei Demner, Merlicek & Bergmann (heute: DMB.) dann der große Krach und eine Neugründung im Jahr 2015, gemeinsam mit Jan Newrkla, Peter Mayer und Lukas Grossebner zunächst als „Merlicek & Grossebner”. Einige Kunden kamen schon damals mit, einige kamen nach und viele neue kamen dazu. Heute zählen zu den wichtigsten Kunden Ja!Natürlich, Mautner, Attensam, Bipa Packaging, Billa Bio Packaging, Tiroler Versicherung, Porr Employer Branding, der Online-Bezahldienst EPS und andere.
Und auch der Gewinn der Bank Austria im Jahr 2021 rief große Freude hervor, denn, so Rosa Merlicek im Interview: „Auch wenn du einen Namen in der Branche hast – als neu gegründete Agentur mussten wir uns trotzdem neuerlich beweisen, um einen so großen Kunden zu gewinnen.”

Aus Sicht der beiden waren das unfaire Umstände, denn abseits der eigenen Bekanntheit könnten gerade junge Kreative auch für große Kunden neue, frische Insights bringen. „Es bräuchte nur etwas mehr Mut der Marketingverantwortlichen”, so die beiden.

„Wir sind eine Agenturmarke”

Dabei ist ihnen ganz wichtig, eines zu betonen: Ja, nach außen seien vor allem ihre Namen bekannt, aber für sie selbst sei „Merlicek und Partner” keine Agentur mit zwei bekannten Gesichtern. Vielmehr sei es „eine Agenturmarke, in der viele kreative und fähige Köpfe arbeiten, um über Kampagnen hinaus einen Mehrwert für die Kunden zu schaffen”, so Franz Merlicek, gefragt nach dem Sinn der eigenen Arbeit über die Kreation hinaus.

Die eigene Agentur und die Mitarbeiter sieht man, so kristallisiert sich im Gespräch mit den beiden heraus, als eine Art erweiterte Familie. Von Home-office halten die beiden übrigens wenig, eher vom Bemühen, dass durch viele Dinge „die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Office als Home sehen”. Ein Zuhause, wo etwa Hunde willkommen sind, ein Nickerchen auf der Agenturcouch nicht verpönt ist, wo man gemeinsam kocht und generell eine Atmosphäre herrscht, die es ermöglicht, „dass durch viel Austausch untereinander Kreatives ermöglicht wird”, so Rosa Merlicek.

Apropos menschliche Kreativität: Selbstverständlich sei auch das Thema Artificial Intelligence bei Merlicek und Partner angekommen, aber eher in der Rationalisierung von Prozessen: „Das Denken erspart es uns nicht”, so die beiden.
Danach gefragt, wohin sich Werbung, auch in Anbetracht der fortschreitenden Digitalisierung und immer besser werdender AI-Systeme, entwickeln werde, meint Rosa Merlicek abschließend: „Früher konnten wir das Narrativ komplett definieren und kontrollieren, etwa die Frage, wie eine Marke erzählt wird. Das hat sich grundlegend geändert. Heute ist es so, dass wir in Wahrheit zulassen müssen, dass Konsumentinnen und Konsumenten die Marke mitgestalten.” Das sei „der große Unterschied”, eine Marke so auszustatten, dass möglichst viel von dem beabsichtigten Narrativ übrig bleibt – eine Kunst, „die wir inzwischen ganz gut beherrschen”.

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