WIEN. „Die Digitalisierung und mit ihr die Nutzung von Künstlicher Intelligenz treiben die Kreativwirtschaft voran“, weiß Martin Heimhilcher, Obmann der Sparte Information und Consulting der WK Wien: „Denn der zunehmende Einsatz von KI in der Arbeitswelt für mitunter monotone und mühsame Arbeiten wie Dokumentation, Analyse, Reporting, Programmierung wird immer mehr Arbeitnehmer für kreative und gestalterische Aufgaben freispielen. Das sind ausgezeichnete Rahmenbedingungen und Zukunftsaussichten für die gesamte Branche. Wenn man so will, wird KI die menschliche Kreativität entfesseln.“
Fast ein Fünftel der Wiener Unternehmen (19.000) zählt zur Kreativwirtschaft. Diese Unternehmen beschäftigen rund 71.300 Personen und erzielen einen Umsatz von 12,7 Mrd. Euro. Das geht aus dem aktuellen Wiener Kreativwirtschaftsbericht hervor, verfasst von der KMU-Forschung im Auftrag des Think Tank der WK Wien, dem Wiener Wirtschaftskreis.
Top drei der Kreativwirtschaft
Die Kreativwirtschaft gliedert sich in neun Bereiche: Architektur, Buch und Verlagswesen, Design, Filmwirtschaft (inkl. Fotografie), Markt für darstellende Kunst, Musikwirtschaft, Radio und TV, Software und Games sowie Werbung.
Die meisten Beschäftigten – rund 23.000 – hat der Sektor Software und Games. Dort werden in 3.700 Unternehmen (20 Prozent) 5,3 Mrd. Euro Umsatz erzielt. An zweiter Stelle liegt die Werbung mit 13.100 Beschäftigten ebenfalls in rund 3.700 Unternehmen (20 Prozent) bei 2,8 Mrd. Euro Umsatz. In den rund 1.900 Betrieben (10 Prozent) vom Sektor Buch und Verlagswesens arbeiten 10.000 Beschäftigte und erzielen 1,8 Mrd. Euro Umsatz.
Generell ist die Wiener Kreativwirtschaft eher kleinbetrieblich strukturiert; 65 Prozent dieser Betriebe sind Ein-Personen-Unternehmen (EPU). Die Branche ist in den letzten Jahren gewachsen. Das zeigt sich auch an den Beschäftigungszahlen. 2022 waren um 10 Prozent mehr Beschäftigte in der Kreativwirtschaft tätig als noch im Jahr 2020.
Software und Gaming – ein wichtiger Wirtschaftsfaktor
Der stärkste Sektor in der Kreativwirtschaft ist Software und Games. „Die dort tätigen Betriebe konnten sogar während der Hochzeit der Corona-Pandemie ein Wachstum verzeichnen. Sie profitierten davon, dass sich die Menschen zu Hause stärker mit IKT, Software und Gaming beschäftigten“, sagt Heimhilcher. So kam es in den Jahren von 2020 bis 2022 in diesem Branchenzweig der Kreativwirtschaft zu einem Anstieg von 18 Prozent bei den Beschäftigten und es setzte sich die dynamische Entwicklung der vorangegangenen Jahre fort.
Wiener Gaming-Branche boomt
Martin Filipp, Vorsitzender von Pioneers of Game Development Austria und Chief Operation Officer von Mi’pu’mi Games, kennt die Wiener Gaming-Branche sehr gut und weiß, wie sie im internationalen Vergleich aufgestellt ist. „Wir haben eine sehr hohe Akademikerquote und einen sehr niedrigen Altersschnitt. Zwei Drittel der Mitarbeiter sind jünger als 34 Jahre“, erklärt Filipp.
In Wien gibt es 38 Spieleentwicklungsfirmen. „Es ist eine sichere und zukunftsweisende Branche. Die Verdienstmöglichkeiten sind überdurchschnittlich gut“, sagt Filipp. Der Sektor Gaming ist klar als Ausbildungsbranche definiert. Es gibt eine enge Zusammenarbeit mit Ausbildungsstätten in Wien, aber auch in Graz, Hagenberg und Salzburg. An der TU Wien werden Game Design und Game Production im Rahmen eines Studiums gelehrt.
International ist die heimische Gaming-Industrie sehr gut positioniert, denn: „Der Heimmarkt ist zu klein, wir haben eine Exportquote von 85 Prozent“, sagt Filipp. Der Hauptanteil des Umsatzes wird auf digitalen Plattformen generiert. Diese Plattformen agieren weltweit – von Nordamerika bis Südostasien – und man erreicht dort mit seinen Produkten ein weltweites Publikum.
Neue IT-HTL für Wien in Planung
Die Kreativwirtschaft muss sich stetig an die sich wandelnden Marktbedingungen, einschließlich digitaler Transformation und neuer Konsumgewohnheiten anpassen. Wien identifizierte zuletzt eine Lücke von rund 5.800 IT-Fachkräften in der Stadt. Um den wachsenden Bedarf an IT zu decken, braucht es mehr Absolventinnen und Absolventen. Aus diesem Grund wird in Wien von der WK Wien in Zusammenarbeit mit der Stadt Wien die Gründung einer neuen HTL mit digitalem Schwerpunkt angestrebt. „So können wir die Fachkräfte der Zukunft direkt am Standort ausbilden“, sagt Heimhilcher abschließend.