WIEN. Als die Coronapandemie im Frühjahr 2020 ausbrach, verlagerte sich der Verkauf vieler Waren und Dienstleistungen schnell ins Internet. Auch die Automobilindustrie verzeichnete einen starken Anstieg an Online-Verkäufen. Geht es nach Michael Gawanda, Head of Auto & Motor bei der Verkaufsplattform willhaben, wird sich dieser Trend auch im heurigen Jahr fortsetzen: „Immer mehr Hersteller wollen das Potenzial des digitalen Vertriebskanals stärker ausschöpfen.“
„Um Kunden einen möglichst bequemen Zugang zu ihrem Traumwagen zu ermöglichen, gestalten sich die gebotenen Services der Anbieter meist vielseitig“, so Gawanda weiter. So würden zahlreiche Hersteller mittlerweile virtuelle Besichtigungen anbieten, ortsunabhängige Probefahrten sowie die Lieferung der Fahrzeuge direkt vor die Haustür. Durch den Direktvertrieb der Hersteller leiden allerdings die Händler, die auch das Jahr 2022 vor die zunehmende Herausforderung stellen wird, ein wesentlicher Faktor im Verkaufsprozess zu bleiben.
Trotz des vielseitigen Angebots an neuen Modellen wird 2022 aus Sicht von Gawanda allerdings auch wieder stark im Zeichen des Gebrauchtwagenverkaufs stehen. „Durch den aktuellen Chipmangel und den daraus resultierenden Mangel an Neuwagen kann der gleichzeitig gesteigerte Wunsch nach individueller Mobilität nicht erfüllt werden.“ Als Alternative werde oft ein rasch verfügbarer Jung- beziehungsweise Gebrauchtwagen herangezogen. Folge der höheren Nachfrage seien allerdings höhere Preise. Vor allem bei Fahrzeugen, die vier Jahre oder jünger sind, ist die Nachfrage besonders hoch, wie Michael Gawanda, berichtet: „Diese Fahrzeuge unterliegen meist noch einem modernen Technikstandard, sind aber bei Weitem nicht so teuer wie ein Neuwagen. Auch Elektro- und Hybridautos werden mittlerweile gerne aus zweiter Hand erworben. Wir merken, dass sich die Händler auf willhaben immer deutlicher an den aktuellen Erfordernissen und Entwicklungen der Branche orientieren. Der Preisunterschied von bis zu 30 Prozent beim Jungwagen macht eine Anschaffung natürlich auch besonders attraktiv.“
Einher mit dem Aufschwung von Elektrofahrzeugen geht seitens der Hersteller die Einführung spezieller Software und fortschrittlicherer Technologie. Aus Sicht von Gawanda werden daher auch 2022 Automobilhersteller vermehrt auf die Integration digitaler Technologie beim Bau ihrer Fahrzeuge angewiesen sein. „Angesichts des rasanten Tempos, mit dem neue technologische Fortschritte in Autos und anderen Fahrzeugtypen Einzug halten, werden viele Hersteller 2022 entweder massiv in ihre Technologieabteilungen investieren oder feste Partnerschaften mit Technologieunternehmen eingehen müssen.“ Der „heilige Gral“ bei Elektrofahrzeugen sind laut dem willhaben-Experten Reichweite und Ladegeschwindigkeit. „Hersteller, die schnell den Mitbewerb überholen, werden automatisch auch mehr Fahrzeuge verkaufen. Nachdem die Marktpositionen recht lange wenig dynamisch waren, kommt hier neue Dynamik in die Branche. Nur durch Innovationen und Partnerschaften wird es möglich sein, mit dem technischen Fortschritt mitzuhalten und sich langfristig am Markt zu behaupten.“
Unterhaltung im Auto ist längst nichts Neues und daher auch kein revolutionärer Trend, sagt Gawanda weiter. „Sicher ist jedoch, dass neue Technologien unser Mobilitätsverhalten nachhaltig verändern werden. So werden wir 2022 unter anderem einen starken Anstieg im Bereich des In-Car- Entertainments erleben. Nutzer können sich auf Features wie Surround-Sound, hochauflösende Bildschirme und interaktive Medienerlebnisse freuen. Auch neue Multiplayer-Unterhaltung, Augmented-Reality-Fensteranzeigen und individuelle Musiksysteme werden auf die Branche treffen.“
Wie bereits im Vorjahr dürften allerdings auch heuer wieder viele Automobilhersteller mit Lieferengpässen bei einigen Bauteilen zu kämpfen haben. Das würde unter anderem dazu führen, dass Kunden bei der Bestellung eines Neuwagens durchaus mit längeren Lieferzeiten zu rechnen haben, wie Gawanda berichtet: „Ein Blick auf die aktuellen Lieferzeiten der Hersteller zeigt, dass Kunden im Durchschnitt zwischen sechs bis 18 Monate auf einen bestellten Neuwagen warten müssen. Die lange Lieferzeit ist dabei vor allem auf Lieferengpässe bei essenziellen Bauteilen wie Chips zurückzuführen. Diese beeinträchtigen die gesamte Produktion, was sich schlussendlich auch in den Gebrauchtwagenpreisen aller Baujahre niederschlägt.“ (jz)