••• Von Bernhard Katzinger
WIEN. Dereinst begründeten die Bayerischen Motorenwerke die neue Fahrzeugklasse „Coupé-SUV”, erster Vertreter war der – um es mal so auszudrücken – stark polarisierende BMW X6. Was den einen wie das äußerst begehrenswerte Nonplusultra aus „Mia san mia”-Auftritt und Fahrkomfort erschien, war und ist den anderen schlicht zu protzig, der Sinn der ‚Coupéisierung' des sportlichen Geländewagens zu uneinsichtig. Um den Weißwurstäquator herum könnten Übelmeinende konstatieren: Die Karosserieform ist so nötig wie ein Kropf. Nichtsdestotrotz ist die Fangemeinde ernstzunehmen.
M steht für Geschwindigkeit
Unverdrossen schoben die Bayern ein zweites SAV (Sports Activity Coupé) nach, den X4. Wir durften die stärkste Version, den M40i, ausprobieren. Wo M draufsteht, ist Geschwindigkeit drin, und zwar nicht nur beim Geradeauslauf, sondern auch kurvenwärts, nicht nur motorisch, sondern auch fahrwerksseitig – und nicht zuletzt auch optisch. Müsste man ein sprachliches Bild für das Auto finden, drängt sich der Vergleich mit einem Rugby-Spieler auf: Die sind auch voll austrainiert, dabei wirken sie bullig, um nicht zu sagen gedrungen. Das liest sich im Fall der technischen Daten unseres Testwagens dann so: Der Dreiliter-Reihensechszylinder erarbeitet eine Leistung von 360 PS und hat ein Drehmoment von 465 Newtonmeter.
Unbändiger Vortrieb
Das reicht, um den wuchtigen Geländesportler in fünf Sekunden auf Landstraßentempo zu bringen. Bei 250 Sachen gebietet eine elektronische Spaßbremse dem Vortrieb Einhalt, sodass Ökosystem und Verkehrssicherheit nicht allzusehr unter der unbändigen Lust an der Sportlichkeit zu leiden haben. Zum gleichen Behufe werkeln auch im Topmodell Eco-Modus und elektronische Sicherheitshelfer sonder Zahl. Der Allradantrieb arbeitet nach Auskunft des Herstellers hinterradlastig, will heißen: Zwar werden alle vier Räder angetrieben, aber die Hauptarbeit verrichten die Hinterreifen, so wie sich das in einem BMW gehört. Gegenüber den zivilisierteren X4-Modellen stemmen den M40i stärkere Federn und Stabilisatoren, ein elektronischer Assistent namens Performance Control kontrolliert das Eigenlenkverhalten und verbittet sich Geländewagen-Unsitten wie gemütliches Schaukeln in der schnell durchmessenen Kurve.
Performance an allen Ecken
Wenn wir sie schon nicht uneingeschränkt ausleben dürfen, herzeigen dürfen wir die aus allen Schweißnähten quellende Kraft an allen Ecken und Enden: Exklusive Farbakzente in der Frontpartie und den Außenspiegeln, exklusive 20-Zoll-Felgen, denen BMW gegen Aufpreis „Ultra High Performance”-Mischbereifung aufzieht, auch der Sportauspuff mit den auffälligen Endrohren sendet ein deutliches Signal an die Vielzahl der Hinterherfahrenden. Innen herrscht ebenfalls motorsportlicher Exhibitionismus pur: M-Lederlenkrad, M-Automatikjoystick und – zum Glück recht menschenfreundliche, das heißt komfortable – Sportsitze heißen den Fahrer im Topmodell der X4-Reihe willkommen.
Kurvenhatz statt Treibjagd
Sobald der Motor läuft, bestehen ohnehin keine Zweifel mehr, dass man in einer Kathedrale des Vortriebs Platz genommen hat – selbst beim Dahinzuckeln im Stop and Go-Verkehr röchelt, röhrt und spuckt der M40i, dass selbst ein Jägersmann, der sich beim BMW-Händler vergriffen hat, spontan das Waidwerk gegen das Winkelwerk eintauschen möchte.