••• Von Dinko Fejzuli
Eigenständigkeit, Qualität und Vielfalt – unter diesem Motto stehen die insgesamt zwölf Thesen zum Thema Medienstandort Österreich, die ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz Dienstag dieser Woche bei einem Hintergrundgespräch vor Journalisten präsentierte.
Darin enthalten: Die Vorstellungen der ORF-Führung, welche Rahmenbedingungen es braucht, damit der ORF, aber auch die anderen heimischen Medien-Player, ob Privat-TV, Print, Online oder Radio, bestehen können.
Hier hat Wrabetz vor allem den Abfluss der Werbegelder und Budgets zu Google, Facebook & Co, aber auch zu den diversen Pay-TV-Sendern wie Sky und auch zu den „deutschen Medienkonzernen” im Blick, durch deren Dominanz der österreichische Medienstandort bedroht sei.
Vor allem in Bezug auf „globale Online-Giganten” wie Google warnt Wrabetz vor einer Entwicklung, wie sie bereits im TV passiert sei. „68 Prozent des österreichischen Werbemarkts werden von Vertretern deutscher und internationaler Sender dominiert.” Bei Online-Werbung seien es aktuell 20%, und das gemeinsame Ziel aller Player hier im Lande, so Wrabetz, müsse es sein, in puncto Werbegelder und Wertschöpfung „möglichst viel davon im Lande zu halten”.
Apropos „gemeinsam”: Hier schlägt Wrabetz eine „Media Agenda 2025” vor, um die Zukunft des Medienstandorts zu sichern und die „ausreichende Herstellung von österreichischem Qualitätscontent zu ermöglichen”.
Als Maßnahmen schlägt er unter anderem einen permanenten „Medien Round Table” unter Beteiligung der österreichischen Medien und der Medienpolitik, moderiert von der RTR vor.
Um den Entwicklungen bei der Online-Werbevermarktung etwas entgegenzusetzen, müssten sich Online-Contentanbieter – also der ORF und die „großen Printkonzerne”, aber auch „kommerzielle Anbieter” – zu einem „Marketplace Austria” zusammenfinden.
Weiters solle die Austria Video-Plattform mit zusätzlichen Inhalten bestückt werden und beim 5G-Rollout müssten die Interessen österreichischer Medieninhaber berücksichtigt werden, so weitere Forderungen.
Mittel für Print
Weiters schlägt Wrabetz vor, auch die heimischen Printmedien mit zusätzlichen Mitteln bei ihrer Digitalen Transformation zu unterstützten; finanziert werden soll das durch eine neu strukturierte Medienförderung.
Generell meint Wrabetz: „Wir haben in Österreich ca. 80 gut funktionierende Privatradios, eine gute Printlandschaft und eine lebendige Online-Landschaft und – wenig, aber doch – mit Servus TV auch einen heimischen Privatsender und einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk und damit ein gut funktionierendes Medien-Ökosystem.”
Um dies zu gewährleisten, müsse man aber auch den ORF von einigen Fesseln befreien, denn bisherige Beschränkungen hätten nicht den anderen heimischen Playern genutzt, sondern das österreichische Medien-Ökosystem geschwächt.
Unter anderen äußerte der Generaldirektor den Wunsch nach „mehr digitaler Entwicklungsfreiheit”, wobei die Weiterentwicklung des öffentlich-rechtlichen Auftrags hier jeweils unter dem Motto stehen sollte „Was nützt dem Publikum”, so Wrabetz.
Apropos digital: Hier fordert der ORF-Chef, dass künftig auch jene, die das ORF Programm nur via Stream konsumieren, ORF Gebühren zahlen sollen.
Passend dazu soll der ORF-Content - Video & Audo - künftig auch länger als nur sieben Tage online verfügbar sein.
Und: Der ORF möchte digitale Angebote – also eigene Inhalte, produziert speziell für Abspielplattformen abseits der linearen Programmierung (ORF eins, ORF 2, …) – eigens herstellen und bereitstellen können; sprich: War es bisher vorgeschrieben, dass TV-Inhalte, bevor sie auf einer weiteren, digitalen Plattform für die User konsumierbar sind, im regulären, linearen Programm gelaufen sein müssen, soll dies künftig nicht mehr zwingend notwendig sein. Dies sei vor allem bei aktuellen News zum Teil ob der Schnelligkeit gar nicht möglich, und deshalb solle diese Regelung fallen, so Wrabetz.
Für Wrabetz gehört auch die „Ermöglichung eigenständiger mobiler Angebote”, sprich Apps, genauso dazu wie die Wiedergenehmigung von werbefreien Online-Debatten auf ORF.at
Bei der Frage der Apps wird Wrabetz deutlich: „Man braucht sich nicht überlegen, ob gesetzlich festgelegt werden soll, dass wir weniger US-Serien zeigen, sondern, wie wir plattformunabhängig an unser Publikum kommen. Dafür sollten wir aber nicht ein Jahr lang ein Vorabprüfungsverfahren führen müssen, um eine Sendung auf YouTube stellen zu dürfen.”
Hier hat der ORF-Chef auch gleich einen konkreten Vorschlag: „Warum kein ORF-YouTube-Kinder-Angebot? Wir hätten Hunderte Stunden Top-Kinderprogramm im Archiv”, denn auch wenn man YouTube kritisiere, könne man es als Kanal nicht außen vor lassen, so Wrabetz. „Wir würden das Angebot natürlich auch gleichzeitig auf einer ORF-Destination-Site anbieten”, so Wrabetz.
Im Blick auf die ORF-Spartenprogramme und hier vor allem auf ORF Sport + wünscht sich Wrabetz dort mehr „publikumsorientierte” Inhalte, sprich, Premium-Sport zeigen zu dürfen.
Damit sei nicht gemeint, den gesamten Premium-Sport vom Hauptprogramm auf Sport+ zu verlegen, aber es müsse möglich sein, anlassbezogen auch dort quotenträchtige Inhalte zu übertragen.
Etwa bei großen Tennis-Turnieren, die ja jetzt oftmals in den Vorrunden auf ORF Sport+ zu sehen seien und wo dann ein Österreicher weit nach vorn komme, sei es nicht einzusehen, warum man dann zum Beispiel mit dem Finale ins ORF-Hauptprogramm umziehen müsse.
Keinen Zweifel ließ Wrabetz daran, dass nur mit einem starken öffentlich-rechtlichen ORF auch ein gesundes Medien-Ökosystem in Österreich bestehen könne. Hier führt der Generaldirektor vor allem die Leistungen des ORF in mehreren Feldern ins Treffen.
Diese reichen von der „Informationsplattform ORF” über die „Kulturbühne ORF” bis eben zur „Sportplattform ORF”.
Aber auch die ORF-Landesstudios, die Anstrengungen des ORF beim Thema barrierefreier Zugang zu Medieninhalten oder die gesellschaftliche Verantwortung, die vom ORF mit Initiativen wie etwa „Licht ins Dunkel”, „Nachbar in Not”, „Mutter Erde” oder „Bewusst gesund” übernommen werde, gehörten dazu.
Das liebe Geld
Bei der Frage der künftigen Finanzierung des ORF sieht Wrabetz wenig Alternativen zum derzeitigen System: Eine generelle Haushaltsabgabe als Quelle für die Medienfinanzierung hält Wrabetz in Österreich für wenig realistisch; dabei verweist er auf entsprechende Wortmeldungen aus der Politik.
Eine Finanzierung des ORF aus dem Budget lehnt Wrabetz rundweg ab. Denn in Ländern, wo das passiert sei, habe der direkte politische Einfluss zugenommen. so Wrabetz.
Die Presseförderung solle durch Zweckwidmung jener Beträge, die gemeinsam mit den ORF-Gebühren eingehoben werden – Stichwort Landesabgabe – und in öffentliche Budgets wandern, aufgestockt werden, schlägt Wrabetz vor. „Das wären rund 60 Mio. Euro”, um „die Printmedien zu unterstützen”.
Die Werbeabgabe müsse bei gleichzeitiger Senkung auf Online-Werbung ausgedehnt werden, und das ORF-Programmentgelt wiederum solle künftig regelmäßig valorisiert werden – „statt einer immer wiederkehrenden Debatte um die Gebührenerhöhung um einen oder zwei Euro”, so Wrabetz abschließend.