••• Von Paul Hafner
WIEN. Mit einem Bruttoumsatz von 887,16 Mio. € schreibt Ikea Österreich auch im Geschäftsjahr 2020/21 (Stichtag 31. August) schwarze Zahlen – ein Mehrumsatz von 40 Mio. € steht für ein Plus von rund fünf Prozent. Auch global zeigt sich der Möbelhändler erholt: War das letztjährige Wachstum von Ikea Österreich (+5,5%) von einem Milliardenverlust des internationalen Konzerns konterkariert, hat dieser sein Vorkrisenniveau mit einem satten Anstieg von 6,3% auf
37,4 Mrd. € schon wieder überboten.
„Das Leben in den eigenen vier Wänden war noch nie so wichtig wie heute. Wir können heuer eine sehr starke Umsatzentwicklung verzeichnen, die unsere Erwartungen klar übertroffen hat”, resümiert Alpaslan Deliloglu, Country Manager und Chief Sustainability Officer bei Ikea Österreich. „Ich bin wirklich stolz auf das vergangene Jahr – wir sind als Unternehmen und als Menschen gewachsen. Obwohl im vergangenen Geschäftsjahr vieles anders war, haben alle Kolleginnen und Kollegen weiterhin unglaubliches Engagement gezeigt, das Einkaufserlebnis bei Ikea nachhaltig zu verbessern.”
Starke digitale Performance
Mitverantwortlich für den Aufwind ist die E-Commerce-Strategie, deren Erfolg sich in den globalen wie österreichischen Daten spiegelt. Demnach führte „die Umwandlung der Einrichtungshäuser in Fulfillment-Einheiten sowie die Neugestaltung der Ikea-Websites und der Launch der Ikea-App” zu einem Plus von 18% auf 30% (international) bzw. von 16% auf 28% (in Österreich), wie Rodolphe de Campos, Chief Finance Officer bei Ikea Österreich, darlegt. Der Rekord-Bruttoumsatz im E-Commerce beläuft sich auf 249 Mio. € – ein beachtliches Plus von rund 83,5% gegenüber dem (bekanntlich ja ebenfalls Lockdown-geprägten) Geschäftsjahr 2019/20.
„Die Pandemie hat sich mit Einschränkungen auf das sich ohnehin schnell verändernde Einzelhandelsumfeld ausgewirkt, was klar zur Beschleunigung der digitalen Transformation bei Ikea Österreich geführt hat. Wir fokussieren uns da ganz auf die Wünsche unserer Kundinnen und Kunden und verknüpfen mit unserem Omnichannel-Erlebnis On- und Offline Services zu einem großen Ganzen”, so de Campos.
Dem Umstand, dass das Einkaufsverhalten in Österreich generell zunehmend digital wird, trägt Ikea mit der kontinuierlichen Integration digitaler Elemente in Wareneinkauf und Shopping-Erlebnis Rechnung. Neben dem flächendeckenden Rollout von Click & Collect wurde heuer auch die Ikea-App („der kleinste Ikea der Welt”) relauncht – und verbunden damit auch die Funktion „Scan & Pay” eingeführt, mit der Produkte während des Einkaufs gescannt und so Zeit beim Bezahlen an der Kassa gespart werden soll.
„Da der Trend weiter zur Verzahnung von Online- und Offline bzw. zur Erweiterung des digitalen Ikea-Einkaufserlebnisses geht, werden wir weiterhin verstärkt an neuen Services arbeiten – mit der klaren Tendenz zur Steigerung des Online-Anteil”, so de Campos, der auf Nachfrage konkretisiert: „Wir rechnen damit, dass der Online-Anteil im Jahr 2023 bei etwa 25 bis 26 Prozent und in sechs bis sieben Jahren bei ca. 40 Prozent. stehen wird.”
Leuchttumprojekt City-Ikea
Medial richtete sich der Fokus in Sachen Ikea nicht nur im Vorjahr, sondern praktisch seit dem Start der Abrissarbeiten des „Blauen Hauses” im Juni 2019 vor allem auf das Leuchtturmprojekt City-Ikea am Westbahnhof. Zwei Jahre hindurch hatten Medien – einschließlich medianet – über den Baufortschritt berichtet, ehe er, plangemäß trotz Pandemie, Ende August eröffnet wurde.
Knapp zwei Monate nach der Eröffnung des siebengeschoßigen und in seiner Konzeption und Konstruktion einmaligen Stores zieht de Campos ein erstes Resümee: „Wir haben mehr Leben in den Bezirk gebracht. Der Ikea am Westbahnhof wird täglich von 11.000 Kundinnen und Kunden besucht – um etwa 3.000 mehr als der Standort in Vösendorf.” Diese würden allerdings „rund um die Hälfte weniger als am Stadtrand kaufen” – was wenig verwundert, ist der City-Ikea ja durchaus auch für Spontankäufer konzipiert, während man die „blauen Boxen” gezielt und in der Regel mit größeren Kaufabsichten aufsucht.
Das Umsatzziel des Standorts liegt jedenfalls bei rd. 40 Mio. € jährlich. Den Bau weiterer klassischer Einrichtungshäuser in Österreich – aktuell gibt es an deren Zahl sieben (Graz, Klagenfurt, Wien Nord, Vösendorf, Linz Haid, Salzburg, Innsbruck) – schließt de Campos bis auf Weiteres aus.
Expansiv abseits blauer Boxen
Von baulicher Untätigkeit kann indes keine Rede sein, weder in den letzten Jahren noch in der Zukunft. Nicht einmal ein Jahr nach der Eröffnung des neuen Logistikzentrums in Strebersdorf präsentierte Ikea im Herbst 2020 im bis dato unerschlossenen Vorarlberg, genauer im Messepark Dornbirn, sein erstes „Planungsstudio”; ein Konzept, dass sich bis dahin primär in Metropolen wie New York, London und Berlin etabliert hatte.
Getreu der Devise „Planen und bestellen statt sofortiger Mitnahme” steht dabei Inspiration und Expertise im Vordergrund – man kommt, um gemeinsam mit Einrichtungsexperten an der Verwirklichung der Wohn-(t)raumvisionen zu tüfteln.
Der Pilotstandort stellte sich rasch als Erfolgsprojekt heraus, und im heurigen September eröffnete im Traisenpark in St. Pölten ein zweites Studio dieser Art; es erstreckt sich auf 800 m² und löst den bisherigen „Ikea Kompakt” ab. „Im Planungsstudio gehen unsere Mitarbeiter individueller auf die Kunden ein und verwirklichen mit ihrer Home-Furnishing-Expertise Wohnträume”, erklärt Caner Balabanulug, der als Market Manager neben Ikea Vösendorf nun auch für Planungsstudio St. Pölten zuständig ist, die Neuausrichtung. Weitere Standorte scheinen nur eine Frage der Zeit, laut de Campos ist aktuell Linz im Gespräch.
Nächstes Pilotprojekt
Parallel zu den Planungsstudios testet Ikea Österreich darüber hinaus zusammen mit anderen Ländern ein weiteres neues, urbanes Format: Am 12. November soll im Villacher Shoppingcenter Atrio auf 80 m² die erste Ikea-Planungsstation eröffnen, ein zweiter Teststandort ist für Anfang Dezember im Wiener Neustädter Fischapark Shoppingcenter geplant. Versprochen wird dem Kunden ein „neues Planungs- und Einkaufserlebnis mit maximaler digitaler Inspiration”; bei Bedarf stehen fachkundige Experten vor Ort. Geliefert wird je nach Bedarf direkt nach Hause oder in eine Abholstation.
Fokus Kreislaufwirtschaft
Ein weiteres Novum in der Ikea-Welt sind die „Circular Hubs”; eine Weiterentwicklung der einstigen „Fundgruben”, stehen sie ganz im Zeichen der „People & Planet positive”-Nachhaltigkeitsstrategie des Möbelhändlers. „Wir kaufen von unseren Kunden Möbel, die in einem guten Zustand sind, und verkaufen sie im Circular Hub an andere Kunden zum gleichen Preis weiter. Das Motto lautet: Weiter verkaufen, weiter verwenden, weiter lieben – und weiter nachhaltig sein”, erläutert Ilse Taferner, Product Quality Manager Ikea Österreich. Auf diese Art wurden im Vorjahr bereits fast 700.000 Artikel gerettet.
Prinzipiell nachhaltig konzipiert ist aktuell rund ein Drittel des 11.000 Artikel umfassenden Gesamtsortiments – auch hier zeigt sich, in der Ikea-Welt bleibt kein Stein auf dem anderen.