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Redaktion 19.05.2023

Den Lieblingsfisch guten Gewissens genießen

Österreich liebt den Thunfisch wie kein anderes Meerestier. Was auf den Teller kommt, soll aber nachhaltig sein. Wie kann das funktionieren?

••• Von Georg Sander

In Österreich liegt der durchschnittliche pro Kopf-Konsum von Thunfisch derzeit bei etwa 1,3 kg im Jahr. Thunfisch ist dabei noch vor dem Lachs der meistgegessene Fisch. Thunfisch, so der Standpunkt des MSC (Marine Stewardship Council), ist aber eine wertvolle Ressource, die wir in Maßen und nur aus nachhaltigem Fang konsumieren sollten.

Ein guter Indikator, um nachhaltig zu schlemmen, ist das MSC-Programm. Die zertifizierten Fischereien werden dabei durch unabhängige Gutachter bewertet, die Nachhaltigkeitskriterien werden wissenschaftlich begleitet, die Ergebnisse sind online einsehbar. „Jedes Thunfischprodukt mit MSC-Siegel besteht den Nachhaltigkeitscheck”, erklärt Andrea Harmsen, MSC Deutschland/Österreich/Schweiz, im medianet-Interview. Der Fisch mit dem Siegel kommt aus einer Fischerei, die im 18-monatigen Nachhaltigkeitscheck durch unabhängige Gutachter geprüft wurde.
Nachhaltig bedeutet dabei: Der Thunfisch kommt definitiv aus einem nicht-überfischten Bestand, er wurde ohne viel Beifang und ohne Zerstörung des Meeresbodens gefangen und er stammt aus einer gut regulierten und kontrollierten Fischereitätigkeit.

Aufpassen im LEH

Im österreichischen LEH kommen laut Harmsen einige, wenn auch längst nicht alle Thunfischprodukte der Marken Rio Mare und Vier Diamanten aus nachhaltiger, MSC-zertifizierter Fischerei. Unter den Eigenmarken von Supermarktketten fänden sich Thunfischprodukte, die das MSC-Siegel tragen.

„Fisch aus illegaler Fischerei kann nicht in die MSC-zertifizierte Lieferkette gelangen, da der Weg von MSC-zertifiziertem Fisch über die gesamte Lieferkette hinweg – also vom Fang bis zur Ladentheke – kontrolliert wird”, erklärt sie.
Inwiefern hat man durch ein Siegel oder vonseiten der Lebensmittelindustrie eine Handhabe gegen unzumutbare Zustände entlang der Lieferkette? Durch Kontrolle. Wenn Kriterien nicht mehr erfüllt werden oder gegen Kriterien und Prinzipien verstoßen wird, „werden sie suspendiert. Das gilt für die in unserem Umweltstandard festgeschriebenen ökologischen Nachhaltigkeitskriterien, aber auch für soziale Anforderungen, wie etwa das Verbot von Zwangs- und Kinderarbeit.” MSC-zertifizierte Unternehmen der Lieferkette müssen ebenfalls ein anerkanntes arbeitsrechtliches Audit durchlaufen haben oder sich – in Verbindung mit Selbstauskünften zur arbeitsrechtlichen Situation in ihrem Unternehmen – zum Durchlaufen eines solchen Audits bereit­erklären.

Besserer Zustand

Die gute Nachricht ist, dass Thunfisch nicht per se überfischt ist – für Harmsen auch ein Erfolg des Siegels. „Dass sich die Gesamtsituation der weltweiten Thunfischbestände in den letzten Jahrzehnten langsam verbessert hat, ist unter anderem auch der Tatsache zuzuschreiben, dass sich nach und nach immer mehr Thunfisch-Fischereien dem MSC-Umweltstandard verpflichten.” Aber auch Verbesserungen im länderübergreifenden Management der Thunfischfischerei hätten zu einschneidenden Verbesserungen geführt. Doch wie sieht es mit sonstigen Tierwohl-Überlegungen aus? „Wildfische haben – anders als Säugetiere aus Massentierhaltung oder Fisch aus Zuchtbetrieben – ein natürliches, freies Leben”, führt sie aus, „Leid durch den Menschen wird ihnen erst im Moment des Todes (also des Fangs) zugefügt – und das ist dann ein im Verhältnis zur Lebenszeit sehr kurzer Moment.”

Das vom Menschen unbeeinträchtigte, natürliche Leben relativiere demzufolge vielleicht den unnatürlichen Tod: „Wer weiß schon, ob es für einen Fisch schöner ist, von einem anderen Fisch gefressen zu werden, als in einem Netz erdrückt zu werden. Dennoch finden wir es gut, dass seit einiger Zeit auch verstärkt an der Erforschung fisch-freundlicherer Tötungsmethoden gearbeitet wird.”

Im Verkauf

Getötet wird trotzdem, auch wenn Menschen zu Säugetieren wohl eine anders emotionale Beziehung haben. Apropos: Wird durch Trends wie Flexitarier oder vegan nun auch weniger verkauft? Nein, denn die Menge des im österreichischen Einzelhandel verkauften Fischs habe sich im Vier-Jahres-Rückblick kaum verändert: „Der Trend hin zu einer stärker pflanzenbasierten Ernährung hat keine signifikanten Auswirkungen auf die Verkaufsmengen von Fisch. Verkaufsrückgänge, wie sie vermutlich im Fleisch-Segment erkennbar sind, sind im Fisch- und Meeresfrüchte-Segment im österreichischen LEH nicht zu erkennen.”

Der Trend zu einer stärker pflanzenbasierten Ernährung liege einerseits im veränderten Gesundheitsbewusstsein der Menschen begründet, andererseits in ihrer wachsenden Sorge um Umwelt und Klimawandel: „Wildfisch hat im Vergleich zu Fleisch einen zehnmal geringeren CO2-Fußabdruck, ist also die deutlich klimafreundlichere Proteinquelle.”

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