RETAIL
© Philipp Lipiarski

Das Trio aus Finanzdirektor Robert Weiß, Head of Product Eva Renk-Klenkhart und Verkaufsdirektor Ralph Hofmann (v.l.) ist neues Aushängeschild des Textil­konzerns.

Redaktion 17.09.2021

Der große Aufbruch nach der kurzen Krise

Palmers reüssiert mit seiner Omnichannel-Strategie, dem Relaunch seiner Tochtermarke p2 und Loungewear.

••• Von Paul Hafner

WIEN. Aus Sicht des stationären Mode- und Textilienhandels ist die Pandemie im Wesentlichen ein Supergau: Die Branche war bekanntermaßen schon vorher unter Dauerdruck und von Insolvenzen namhafter Unternehmen gezeichnet; infolge der Lockdowns, Online-Konkurrenz und volatiler Kauflaune schlitterten zahlreiche weitere Händler – zuletzt etwa Pimkie und das Sport- und Modehaus Strolz – in den Konkurs.

Ein überraschend gänzlich anderes Bild zeigt sich bei Palmers: Das Traditionsunternehmen hat ein spektakuläres erstes Halbjahr 2021 hinter sich, in dem die Gruppe ihre Umsätze um 32% gegenüber dem Vorjahreszeitraum bzw. – zur besseren Einordnung – um 14% gegenüber dem ersten Halbjahr 2019 steigern konnte. Damit performt Palmers nicht nur deutlich über dem Marktniveau, sondern nimmt darüber hinaus klar Kurs Richtung Umsatzrekord – 2019 erzielte man 85 Mio. €, diese dürfte man heuer deutlich übersteigen.

Kämpferisch gegen die Krise

Seit 2015 infolge der Übernahme durch die Familien Wieser und Hutman wieder in österreichischer Hand, konnte der 1914 in Innsbruck gegründete Textilriese bereits in den vergangenen Jahren – angetrieben vom umsatzstarken Onlineshop – Jahr für Jahr wachsen. Dann kam die Coronakrise. Dieser begegnete Palmers angriffslustig und ohne von seinen Plänen abzuweichen – mit der Wiedereinführung der Tochtermarke p2, dem Startschuss für Palmers Home, dem Verkaufsstart der Interspar-exklusiven Wäschemarke basics by Palmers sowie der Gründung der Hygiene Austria als Joint Venture mit Faserhersteller Lenzing.

Während Letztere bekanntermaßen als Fiasko endete und insbesondere die Außenwahrnehmung von Palmers infolge der umfassenden medialen Berichterstattung deutlich eintrübte, konnte der Wäschehersteller in allen anderen Belangen mit seinen Investitionen reüssieren.
„Bereits vor Corona haben wir wesentliche strukturelle Projekte vorangetrieben, die sich nun als Fundament unserer stabilen finanziellen Situation erweisen”, erklärt Palmers-Finanzchef Robert Weiß – und verweist neben Produktinnovationen und Kollektionen mit Modedesignerin Marina Hoermanseder auch auf das Vorantreiben der Digitalisierungsoffensive.
Produktgruppenspezifisch war laut Eva Renk-Klenkhart, Head of Product bei Palmers, besonders Home- und Loungewear gefragt: Die Umsätze mit Pyjamas, Jogginghosen und Co. stiegen gegenüber 2019 um 19%, bei den Männern kam es gar zu einer Verdopplung.

Aufbruch nach Konsolidierung

Dem starken Auftakt ins neue Jahr ging ein hartes, aber in Anbetracht der Umstände letztlich solides Geschäftsjahr 2020/21 voraus: Wenngleich Palmers mit der Offenlegung seiner Bilanz – eine verlängerte Frist nutzend – bis Anfang 2022 warten will, dürfte sich der Umsatz laut Ralph Hofmann, Palmers-Director Marketing & Sales, auf die im Herbst 2020 angepeilten 75 Mio. € belaufen. Den unvermeidlichen Umsatzeinbruch, den die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie – allen voran die Geschäftsschließungen im März und April 2020 – brachten, beziffert Hofmann in Summe auf 20 Mio. €; demgegenüber stehen 7,5 Mio. € staatliche Förderungen, die sich zu 60% aus Kurzarbeitsbeihilfen und zu 40% aus einem Fixkostenzuschuss und Umsatzersatz zusammensetzen. „Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2020/21 erwarten wir trotz globaler Pandemie ein ausgeglichenes Ergebnis bei einem positiven EBITDA. Im aktuellen Geschäftsjahr gehen wir dank Rekordumsätzen von einem starken Anstieg des Unternehmensergebnisses aus”, fasst Weiß zusammen.

Die Halbjahreszahlen bestätigen den Aufwärtstrend, man befinde sich „wieder auf einem stabilen Wachstumspfad”, wie Hofmann ergänzt. Durch die verschiedenen Produktinnovationen und Kollaborationen würden „viele neue Zielgruppen auf Palmers aufmerksam”; dank den Partnern im Großhandel sei man darüber hinaus nun „noch sichtbarer mit unseren Marken – Palmers, p2 und basics by Palmers – vertreten. Gerade in Zeiten von Pandemien ist es besonders wichtig, mehrere Standbeine zu haben.”

Nachhaltiger Online-Boost

Apropos Standbeine: Das Onlinegeschäft wuchs im ersten Halbjahr 2021 im Vergleich zum Lockdown-geprägten Vorjahreszeitraum um 61% – und damit noch stärker als das Filial- (+36%) und Franchisegeschäft (+28%).

Dass Palmers die Krise nicht nur gut überstanden, sondern sie getreu der Floskel tatsächlich „als Chance” wahrgenommen und das Beste daraus gemacht hat, zeigt sich nicht nur an dem offenbar nachhaltigen E-Commerce-Boost und der überraschend positiven Umsatzentwicklung, sondern auch daran, dass man nicht einen einzigen Arbeitsplatz abbauen musste – stattdessen kamen zu den bestehenden 720 rund 20 neue dazu.

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL