RETAIL
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Prävention Gerade in der Winterzeit (Mantelsaision) haben Ladendiebe leichtes Spiel. Händler engagieren daher vermehrt Sicherheitsleute und Detektive.

Redaktion 30.11.2015

Die „Mantelsaison“ ist eröffnet

Laut aktuellem Diebstahlbarometer entstand dem österreichischen Handel 2014/15 durch Warenschwund ein Schaden von 700 Mio. €. Heimische Händler verraten medianet, wie sie ihre Waren schützen.

••• Von Nataša Nikolic

WIEN. Batterien, Rasierklingen, Kosmetikartikel, Smartphones, Spirituosen und Elektrowerkzeuge stehen bei Ladendieben ganz oben auf der Beuteliste. Das geht aus dem aktuellen globalen Diebstahlbarometer des Center for Retail Research aus England hervor. Demzufolge brachten Langfinger den österreichischen Handel im letzten Jahr um 700 Mio. €; 2011 waren es vergleichsweise ‚nur‘ 487 Mio. €. Die Schwundrate in Österreich liegt bei 1,03% und damit im europäischen Durchschnitt.

Unter Warenschwund werden alle Inventarverluste verstanden, die durch Kriminalität und Verschwendung verursacht werden. Im österreichischen Einzelhandel ist besonders der durch Ladendiebstahl verursachte Warenschwund hoch. Dem Diebstahlbarometer zufolge sind zu 70% Ladendiebe und zu je 10% Mitarbeiter, Lieferanten oder Hersteller sowie interne Fehler für den Warenverlust verantwortlich. In anderen europäischen Ländern werden weniger Ladendiebstähle als in Österreich verzeichnet, dafür sind dort mehr Mitarbeiter und interne Fehler am Inventarverlust schuld. „Die höchsten Werte fanden sich in den Niederlanden mit 1,48 Prozent, Finnland mit 1,38 Prozent und Spanien mit 1,33 Prozent. Die geringsten schwundbedingten Verluste verzeichneten die Schweiz mit 0,76 Prozent und Norwegen mit 0,75 Prozent“, sagt Manfred Zöchbauer, Geschäftsführer der Sparte Handel der Wirtschaftskammer Oberösterreich. Im europäischen Schnitt verursachen Ladendiebe zu 42%, Mitarbeiter zu 25%, Lieferanten und Hersteller zu 9% und interne Fehler zu 24% den Warenschwund. Die durchschnittliche Schwundrate im europäischen Handel belief sich im letzten Jahr auf 0,96%.

Mit Detektiven gegen Diebe

Um diese Zahlen in Grenzen zu halten, investiert der heimische Einzelhandel viel Geld in Sicherheitsmaßnahmen; im Vorjahr waren es etwa 1,25% des Gesamtumsatzes oder 870 Mio. €. Im europäischen Durchschnitt sind es 1,07%. ­medianet hat bei heimischen Händlern nachgefragt, wie sie ihre Waren schützen und welche Vorkehrungen sie treffen, um Warenverluste möglichst gering zu halten und Ladendieben das Leben zu erschweren. Die meisten investieren u.a. in Überwachungssysteme wie Kameras und Alarmanlagen, elek­tronische Artikelsicherungen sowie in Mitarbeiterschulungen und den Einsatz von Detektiven und Security-Angestellten.
Letztere sind u.a. bei Rewe nicht unüblich. „In den Filialen unserer Handelsfirmen sind österreichweit Alarmanlagen eingerichtet. In Filialen mit erhöhtem Risikopotenzial verstärken wir unsere Sicherheitsmaßnahmen zusätzlich mit Kameras, Kaufhausdetektiven, Security-Angestellten oder dem forcierten Einsatz unserer Diebstahlsicherungs-Mechanismen“, sagt Pressesprecherin Lucia Urban. Dass die Maßnahmen greifen, ist sich Urban sicher: „Raubüberfälle auf Supermärkte konnten so von 2008 bis 2012 um mehr als 40 Prozent gesenkt werden – dieser Trend setzt sich auch weiterhin fort.“
Zusammenarbeit mit der Polizei
Bei Ladendieben sind Rewe zufolge besonders kleine, hochwertige Artikel, wie z.B. Parfümeriewaren oder Batterien, hoch im Kurs. Um sich zu schützen, arbeite man eng mit der Exekutive zusammen, so Urban. Regelmäßig stattfindende Arbeitsgruppensitzungen gemeinsam mit der Polizei sollen die Mitarbeiter sensibilisieren.

Dabei geht es vor allem darum, „besonders an der erhöhten Aufmerksamkeit der Filialmitarbeiter mit dem Erfolg der Minimierung von Raub, Diebstahl, Erhalt von Falschgeld sowie Geldwechselbetrug“ zu arbeiten. Wie viel Geld den Rewe-Handelsfirmen durch Diebstahl tatsächlich entgeht, ließe sich nicht genau sagen, da „das Überthema Schwund auch Waren umfasst, die kaputtgehen und weggeworfen werden müssen“.
Was sich aber bemerkbar macht, ist, dass die Schwundwerte bei Billa 2013 gegenüber 2012 um einige Prozentpunkte verbessert werden konnten. „Das gelingt zum Beispiel durch permanente Inventur, besondere Maßnahmen bei diebstahlgefährdeten Produkten wie Safer- Boxen oder Flaschensicherung bei Spirituosen, teilweise auch durch Videoüberwachung – auch zum Schutz der Mitarbeiter – und individuelle Sortimentsanpassung einzelner Filialen.“ Sortimentsanpassung meint vor allem die Platzierung der Ware innerhalb der Filiale.

Für den Konkurrenten Spar sind Ladendiebe vor allem in der Vorweihnachtszeit ein Problem, da in der „Mantelsaison“ vermehrt gestohlen wird. „Im Grunde genommen ist bei Langfingern das gesamte Sortiment beliebt“, sagt Sprecherin Nicole Berkmann. „Favoriten sind zum Beispiel Kosmetika und Spirituosen. Früher waren es die Rasierklingen, aber die sind jetzt fast überall an der Kassa posi­tioniert, um sie besser unter Kontrolle zu haben.“ Berkmann verrät, wie sich die Spar-Supermärkte schützen: „Wir haben in den größeren Märkten ständig und in den kleineren Märkten immer wieder Ladendetektive im Einsatz. Außerdem werden diebstahlgefährdete Produkte, so gut es geht so positioniert, dass sie gut eingesehen werden können.“ Des Weiteren seien auch die Mitarbeiter dazu angehalten, die Augen offen zu halten. Wenn sie dann selber mal zuschlagen sollten – so droht eine sofortige Kündigung.

Hofer ist „kamerascheu“

Bei Hofer macht man sich auf die Wintersaison gefasst. Auf Anfrage heißt es aus dem Unternehmen: „Der gesamte Schwund, worunter auch der Ladendiebstahl inkludiert ist, wird bei Hofer über die Inventur ermittelt. Insbesondere in den Wintermonaten kommt es leider vermehrt zu Ladendiebstählen.“ Hofer setzt u.a. folgende präventive Schritte, um die Produkte zu schützen: „In besonders betroffenen Filialen vertrauen wir beispielsweise auf Detektive und Security-Wachen. Wir möchten damit auch unsere Kunden vor Geldbörsen-Diebstählen schützen und unseren Mitarbeitern, besonders in den Abendstunden, ein Gefühl der Sicherheit vermitteln. Darüber hinaus sind bis spätestens Ende 2015 in allen Filialen österreichweit viele unserer Produkte durch eine spezielle Diebstahlsicherung gesichert.“ Von einer Videoüberwachung hält der Discounter auch in Zukunft nichts, denn die sei „nicht im Sinne der Firmenpolitik“. Mitbewerber Lidl wollte sich zu diesem Thema nicht äußern.

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