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APA EPA Roland Weihrauch

Redaktion 16.11.2015

Endspurt im Ringen um Kaiser's-Tengelmann

Im Verfahren um Sondererlaubnis für Übernahme durch Edeka gibt es am Montag eine Anhörung im Wirtschaftsministerium Berlin

HAMBURG. Seit fast eineinhalb Jahren liegt der Kaufvertrag zur Übernahme der deutschen Kaiser's-Tengelmann-Supermärkte durch Edeka schon in der Schublade. Doch das geplante Geschäft trifft auf heftigen Widerstand. Beide Unternehmen wollen deshalb bei einer öffentlichen Verhandlung im Wirtschaftsministerium in Berlin um eine Sondererlaubnis von Minister Sigmar Gabriel (SPD) kämpfen. Doch auch die Gegner der Übernahme wollen mitreden. Schließlich geht es um tausende Jobs und hunderte Millionen Euro. Für den Miteigentümer der Tengelmann-Gruppe, Karl-Erivan Haub, steht fest: "Das traditionelle Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen Kaiser's Tengelmann muss nach 15 Verlustjahren hintereinander aus dem Markt austreten." Seit dem Jahr 2000 habe die Tengelmann-Gruppe, zu der auch der Textildiskonter Kik und die Baumarktkette Obi gehören, Verluste von 532 Mio. € durch die Supermarktkette in Kauf genommen, schreibt er im Antrag auf Ministererlaubnis. Die Unternehmerfamilie habe das Minus "aus emotionalen Gründen" viel zu lange getragen und über die Muttergesellschaft ausgeglichen. Damit soll jetzt Schluss sein. Haub will 451 der aktuell 456 Kaiser's-Tengelmann-Filialen an Edeka verkaufen. Obwohl das deutsche Bundeskartellamt das Geschäft aus wettbewerblichen Gründen untersagt hat, hält Haub es für die "beste aller Möglichkeiten". Nur eine "Gesamtübernahme" sichere alle 16.000 Arbeitsplätze. Im vergangenen Jahr waren 42 Prozent der damals noch 471 Filialen defizitär. Für sie sähe es also schlecht aus. Eine Zerschlagung hätte auch gravierende Folgen für die Staatskasse, warnen Tengelmann und Edeka. Neben Lohnsteuer- und Sozialausgabenausfällen drohten pro Jahr rund 100 Mio. € an Kosten für Arbeitslosengeld und Eingliederungshilfen für die dann 8.000 arbeitslosen Mitarbeiter. Und diese müssten bei einer Neubeschäftigung wohl auch Lohneinbußen hinnehmen. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di sieht allerdings auch in einer Gesamtübernahme durch Edeka eine Zerschlagung der Kaiser's-Tengelmann-Kette, da dann selbstständige Kaufleute - unter dem Dach des genossenschaftlich organisierten Edeka-Verbunds - die Filialen übernehmen würden. Die Tarifbindung, die Betriebsratsstrukturen wie auch eine "nachhaltige Beschäftigungssicherung" seien gefährdet, erläutert eine ver.di-Sprecherin. Auf die Zusicherung dieser drei Punkte will am Montag im Ministerium ver.di-Vorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger dringen. Auch die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) sieht Arbeitsplätze in Gefahr und hat Wirtschaftsminister Gabriel aufgefordert, keine Sondererlaubnis für die Übernahme durch Edeka zu erteilen. Bei der Fusion stünden die zu Kaiser's Tengelmann gehörenden drei Birkenhof-Fleischwerke in Viersen, Perwenitz und Donauwörth mit rund 600 Arbeitsplätzen "zur Disposition", sagt eine Sprecherin. Edeka habe bereits verlauten lassen, nicht alle Jobs zu erhalten. Doch dafür will sich der Leiter des NGG-Hauptstadtbüros, Micha Heilmann, stark machen. (APA)

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