••• Von Paul Hafner
SEATTLE / BRÜSSEL / WIEN. Dem Online-Händler Amazon drohen Bußgelder in Milliardenhöhe: Permanent unter Beobachtung der EU-Kommission, steht nun laut Berichten u.a. des Wall Street Journal die Eröffnung eines Kartellverfahrens im Raum.
Der Vorwurf lautet darauf, dass der US-Konzern die gesammelten Daten seiner Dritthändler dazu verwende, um Verkäufer auf dem Marktplatz zu konkurrenzieren, wie Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbands, erklärt.
Geschäftspraktiken im Fokus
Bereits im Vorjahr hatte sich der Handelsverband mit einer Beschwerde vor der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) gegen Amazon durchgesetzt und eine Änderung der Geschäftsbedingungen in acht Punkten zugunsten aller Händler am Marktplatz erwirkt. Infolge der Beschwerde war es zu einem monatelangen Verfahren gekommen; Amazon lenkte schließlich ein und vermied so ein langwieriges Verfahren vor dem Kartellgericht.
Auch das Ziel der aktuellen Untersuchung der EU-Kommission, die schon im vergangenen Jahr offiziell eingeleitet wurde, besteht darin, potenziell unrechtmäßige Geschäftspraktiken auf dem Amazon-Marktplatz aufzudecken. Spekulationen der Branche zufolge soll die Verfahrenseröffnung unmittelbar bevorstehen.
Sollte sich herausstellen, dass kleinere Verkäufer auf der Plattform durch ungesetzliche Praktiken von Amazon benachteiligt werden, droht eine Strafe von bis zu einem Zehntel des von Amazon global erwirtschafteten Umsatzes; dieser belief sich im Vorjahr auf umgerechnet 250 Mrd. €.
„Alle Händler sind sich sicher, dass Amazon die Daten der Händler verwendet, um wettbewerbswidrige Entscheidungen für sein eigenes Unternehmen zu treffen”, so Oliver Prothmann, Leiter des deutschen Online-Handelsverbands BVOH. An die EU sei seitens der Online-Händler eine große Erwartungshaltung geknüpft; ist die EU-Kommission erfolgreich, wäre das auch ein wichtiges Signal für die Effizienz der Kommission als Kontrollorgan mächtiger internationaler Konzerne.
Auch Kalifornien prüft
Die Bedrohung des fairen Wettbewerbs ist bei Amazon im Gegensatz zu anderen Online-Handelsplattformen dadurch gegeben, dass Amazon anders als etwa eBay selbst als Händler agiert und zudem Eigenmarken vertreibt und dabei in seiner Doppelrolle auf Daten zurückgreifen kann, die ihm einen Vorteil verschaffen.
Gemäß APA-Berichten nimmt auch der US-Bundesstaat Kalifornien den Online-Marktplatz Amazons unter die Lupe; zudem steht eine kartellrechtliche Untersuchung seitens des Federal Trade Commission bevor.