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Ornella Luna Wächter 15.12.2017

Kommt in Österreich ein Glyphosat-Verbot?

Die erneute Zulassung von Glyphosat wird als Kniefall vor Monsanto betrachtet. Forderung: ein nationales Verbot.

••• Von Ornella Luna Wächter

Die Zeit war knapp: Am 15. Dezember 2017 wäre die Zulassung des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat in der Europäischen Union abgelaufen. Am Montag, 27. November, stimmten 18 EU-Länder für eine Zulassung für weitere fünf Jahre. Die Befürworter des Unkrautvernichtungsmittels können also aufatmen – die Gegner, darunter auch Österreich, knirschen mit den Zähnen. Das umstrittene Herbizid, welches unter Verdacht steht, krebserregend, mutagen und fortpflanzungsschädlich zu sein, wird weiterhin in der Landwirtschaft eingesetzt, zu Lebensmitteln verarbeitet und von den Konsumenten gegessen.

Der Entscheidung ging ein über ein Jahr dauerndes Tauziehen zwischen Befürwortern und Gegnern vorher. Letztere befürchten, dass das Mittel gesundheitsschädigend sei, und zitieren dabei eine Auswertung der Internationalen Krebsforschungsagentur (IARC), die zur Weltgesundheitsorganisation (WHO) gehört. Demnach sei Glyphosat „wahrscheinlich krebserregend”.

„Kniefall vor Monsanto”

Andere Behörden, darunter auch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), sehen allerdings keine Gefahr für den Menschen. Hinter dem Herbizid steht einer der größten Agrochemie-Konzerne der Welt, Monsanto. Nicht ohne Grund kritisieren viele Gegner die Entscheidung der EU-Kommission und der Mitgliedsstaaten. „Die erneute Zulassung in der Landwirtschaft bezeichnet Gerhard Drexel, Vorstandsvorsitzender der Spar, als „Kniefall, insbesondere vor Monsanto”. Seit das US-amerikanische Unternehmen das Mittel in den 70ern auf den Markt brachte, wird es in der Landwirtschaft eingesetzt. Doch längst ist Monsanto nicht mehr der einzige Konzern. 2000 lief das Patent auf Glyphosat aus, seitdem wird es weltweit von zahlreichen Firmen angeboten. Allein in Deutschland gibt es laut des deutschen Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) 37 Mittel, vertrieben von 105 Handelsunternehmen.

Schulterschluss zum Verbot

Umweltschutzorganisationen, darunter Greenpeace und Global 2000, kritisieren die Aufhebung des Verbots vehement. Mit der Begründung, dass keine „objektive und transparente Bewertung der gesundheitlichen Risiken von Glyphosat” vorgenommen wurde, erstatteten EU-weit Umweltschutzorganisationen sogar eine Strafanzeige gegen die EFSA und das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR).

Lebensmittelkonzerne wie Spar oder Produzenten wie die Berglandmilch kündigen eine „Verbannung” des Herbizids aus ihren Eigenmarken bzw. ihren Produkten an. Vertreter der Politik fordern einen Glyphosat-Ausstiegsplan der Bundesregierung; rechtlich ist das möglich. Nachzulesen ist das auch auf der Website der EFSA. Ein Mitziehen der Zulassung ist kein Muss.
Trotz EU-weiter Zulassung ist also ein nationales Verbot von glyphosathaltigen Stoffen möglich. Von diesem Recht wird nun vielleicht Gebrauch gemacht. Länder wie Salzburg, Burgenland und Kärnten haben zu Beginn der Woche bereits einen Ausstieg angekündigt. Unter den politischen Vertretern herrscht indes noch Uneinigkeit. Die einen (SPÖ und Liste Pilz) sind für ein sofortiges Verbot, die anderen (FPÖ, ÖVP und Neos) für einen „schrittweisen Ausstieg”.

Rechtliche Stolpersteine

Konservative Stimmen halten gegen ein nationales Verbot auch rechtliche Unzulänglichkeiten. Denn in Österreich kommt Glyphosat nur in äußerst kleinen Mengen vor. Auch die AGES gibt an, dass 95% der Lebensmittelproben von in-und ausländischer Ware frei von Glyphosat seien, die restlichen 5% hätten Rückstände unter den gesetzlichen Grenzwerten.

Ein Verbot, so heißt es in einem Artikel des Kurier, habe keine rechtliche Grundlage. Doch was ist mit den Pestizid-Spuren, darunter auch Glyphosat, die in Brot, Mehl, Bier, Grün- und Schwarztee gefunden wurden? Global 2000 veröffentlichte lang vor der Abstimmung über die Zulassung mehrere Lebensmitteltests mit Spuren von Pestiziden. Sie seien zwar nicht direkt gesundheitsgefährdend, allerdings zeigt es eine „steigende Präsenz des Gifts sogar in Grundnahrungsmitteln”, so Waltraud Nowak von Global 2000. Glyphosat sei zudem schwer nachzuweisen und teuer; in Routinekontrollen kämen Stichproben oft nicht vor.

Was kostet die Gesundheit?

Solche Tests müssten allerdings bei einem Verbot von Glyphosat in Österreich zur Norm und importierte Lebensmittel regelmäßig kontrolliert werden. Andernfalls bedeutet es einen Wettbewerbsnachteil für die heimische Landwirtschaft. Doch in beiden Fällen könnte es den Aufwand wert sein, so wie auch die Kosten einer Umstellung auf Alternativen zu Glyphosat. Sollten es tatsächlich „nur” fünf Prozent der Lebensmittel sein, die mit Glyphosat in Kontakt kommen, dürfte sich der Aufwand in Grenzen halten.

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