RETAIL
© Palmers/Gregor Hofbauer

Redaktion 18.10.2024

Neue Wege: Palmers wagt den „Turnaround”

Der Textilhändler fokussiert sich auf drei Kernmärkte und will bereits 2025 wieder schwarze Zahlen schreiben.

••• Von Oliver Jonke und Paul Hafner

Entschlossen zelebriert Palmers seit dem Frühling mit einer großen Neupositionierungskampagne die Vielfalt weiblicher Schönheit; die Filialen in der SCS in Vösendorf sowie im Salzburger Europark präsentieren sich umfassend modernisiert, zum Launch der neuen „Invisible Softly Secret”-Range eröffnete man gar einen Pop-up-Shop in der Kärntner Straße. medianet traf Vorstandsvorsitzenden Janis Jung, der zusammen mit seinem Team für den neuen Kurs verantwortlich zeichnet, zum Interview.


medianet:
Sie sind seit Februar CEO der Palmers Textil AG und bilden nun gemeinsam mit CFO Kristian Radosavljevic den Vorstand des Unternehmens. Wie kamen Sie denn zu Palmers?
Janis Jung: Meine vergangenen 15 Jahre waren von unternehmerischen sowie Beratertätigkeiten geprägt, letztere vor allem im Bereich der Sanierung und Restrukturierung. Und da war immer das Thema: Aufräumen und Weiterziehen. Nachdem ich aus meinem letzten Unternehmen ausgeschieden bin, habe ich den Mehrheitseigentümer von Palmers kennengelernt und nach einigen Gesprächen sind wir zum Entschluss gekommen, dass wir Palmers gemeinsam wieder in die Gewinnzone führen wollen. Ich habe mir das dann über eine gewisse Zeit angeschaut, zwei, drei Monate – und dann war rasch klar, dass ich diesen Weg über längere Zeit mitgehen will.

medianet:
Was hat schlussendlich den Ausschlag für die Entscheidung gegeben?
Jung: Seit Tag eins liebe ich das, was ich hier tue, liebe das Team, liebe die Menschen – wir haben fantastische Menschen hier, mit extrem viel Expertise. Aber natürlich haben wir auch wirtschaftliche und unternehmerische Herausforderungen, denen wir uns nun Tag für Tag stellen. Es reizt mich, die Marke wieder dorthin zu führen, wo sie hingehört, wieder begehrlich zu werden, und die Marke auch dort zu positionieren, wo sie hingehört – ins Premiumsegment, als klarer Marktführer in unserem Bereich.

medianet:
Es gibt einiges zu tun – wie stand es denn um Palmers vor Ihrem Eintritt und was ist bis Ende des laufenden Geschäftsjahres für eine Entwicklung zu erwarten?
Jung: Der Jahresabschluss 2023 ist sehr geprägt von strategischen Entscheidungen. Weil wir uns auf unsere Kernmärkte Deutschland, Österreich und Kroatien konzentrieren, haben wir durch einmalige Wertberichtigungseffekte in jenen Ländern, aus denen wir uns zurückziehen, bilanziell ein negatives Ergebnis erzielt. 2024 befinden wir uns in einem Restrukturierungs- und Turnaround-Jahr, und der aktuelle Plan ist, dass wir mit 2025 in die Gewinnzone zurückkehren. Wir haben alle Hebel gedreht und so wie es aktuell aussieht, wenn es sich so weiterentwickelt, dann gehen wir auch stark davon aus, dass das gelingt. Aber natürlich sind unsere Schritte auch mit gewissen Risiken verbunden, wie das in einem Turnaround eben so ist.

medianet:
Mit der Kampagne ‚End of Sorry' hat Palmers sehr viel Aufsehen erregt. Welcher Gedanke stand da dahinter?
Jung: Ich glaube, dass wir als Marke jetzt eine Chance haben, einen Pflock einzuschlagen, eine komplette Branche zu revolutionieren. Weil aktuell sehr, sehr viel einfach austauschbar rüberkommt – und wir uns wiederum für einen Weg entschieden haben, nicht nur eine neue Kampagne zu machen, sondern dabei auch das Unternehmen ganz neu zu positionieren. Wir haben Werte, haben eine Haltung und die müssen wir auch entsprechend kommunizieren – und diese Positionierung erfolgt sowohl nach innen als auch nach außen.

medianet:
Um was für Werte geht es da zum Beispiel?
Jung: Am Ende des Tages ist für uns wichtig, dass Frauen sich so wohlfühlen, wie sie sind. Wir stehen auch dafür ein, dass es keinem auf diesem Planeten zusteht, irgendjemand anders zu bewerten. Und das wollen wir auch über gewisse Themen vermitteln. Wir machen nicht nur Marketingkampagnen, sondern – wie aktuell die Pink-Ribbon-Kooperation zeigt – wir setzen auch stark auf Empowerment. Das gilt auch für unser Team, das ist auch die Art von Leadership, die wir hier jetzt Stück für Stück intern etabliert haben. Ich sage immer: Ich bin Problemlöser, ich bin Unterstützer, aber die tägliche Arbeit tun all unsere über 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

medianet:
Neue Wege beschreitet Palmers auch in finanzieller Hinsicht – statt auf Banken setzt man auf Kleininvestoren …
Jung: Wir haben vier Stores, denen wir ein aktuelles, modernes Konzept verpassen wollen. Wir hätten auch bei der Bank Fremdkapital aufnehmen können – aber statt dieser die Zinsen zu zahlen, haben wir uns entschlossen, sie in Form von Crowdinvesting unseren Fans zu zahlen. Das Projekt, das über die Plattform Rockets läuft, ist auch ganz gut angelaufen und da geht es uns jetzt primär einmal darum, etwas Neues zu testen und dann zu evaluieren: Macht es Sinn, die Kunden, Fans miteinzubinden in Finanzierungsthemen, kann so ein Instrument am Markt funktionieren? Und funktioniert es auch bei Palmers? Bis jetzt haben wir rund 370.000 Euro gesammelt, und wir sind sehr zuversichtlich, unser für Ende Dezember angepeiltes Ziel von einer halben Million auch zu erreichen. Klar hervorheben möchte ich, dass die Finanzierung zweckgebunden ist – im Rahmen des Pilotprojekts eben für die Stores in Graz und in der Mariahilfer Straße.

medianet:
Welcher Gedanke steht hinter der Modernisierung der Filialen?
Jung: Mit unserem aktuellen Ladenkonzept, bei dem nachhaltige Materialien und eine warme Atmosphäre im Mittelpunkt stehen, wollen wir dem Kunden ein Wohlgefühl vermitteln – und damit auch der Positionierung, die wir über unsere Sujets vermitteln, gerecht werden. Ein Aspekt ist die Vereinheitlichung unserer aktuell knapp 120 doch sehr unterschiedlichen eigenen Stores, die stärker in Richtung Retail der Zukunft – Stichwort Omnichannel – weisen sollen. Parallel dazu geht es auch ein Stück weit um eine gewisse Verjüngung: Vor einem Jahr war unsere durchschnittliche Kundin 58 Jahre alt. Natürlich sind wir klar in einem Premiumsegment positioniert. Aber wir wollen zusätzlich auch für jüngere Zielgruppen begehrlicher sein, denn ich bin überzeugt davon, dass wir eine Mischung aus Qualität, Beratung und Passform bieten können, die es am Markt sonst nicht gibt.

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL