••• Von Natalie Oberhollenzer
Früher hat Andreas Gebhart selbst einen Fleischerbetrieb geleitet. Nachdem er diesen verkauft hat, hat er sich für ein Studium der Lebensmitteltechnologie entschlossen. Das dürfte ihn dazu verleitet haben, etwas völlig Neues auszuprobieren. Das Kunststück ist ihm gelungen: Seit dem Frühling dieses Jahres ist er mit einem neuen sogenannten Fleischersatzprodukt an den Start gegangen.
Unter der Marke Vegini vertreibt seine VeggieMeat GmbH dieses neue Nahrungsmittel auf Basis von Erbsenproteinen. Ähnlich wie die vielen Sojaprodukte gibt es Vegini in Burgerform, als Faschiertes, in gewürfelter Form und in der neuen, gerade so hippen Pulled-Variante – wobei man sich für die Bezeichnung „pulled chunks” (engl. zerrissene Fetzen) entschieden hat. „Die fasrige Konsistenz, die der des Fleischs ähnelt, resultiert aus rein physikalischen Prozessen, ohne dass Zusatzstoffe oder aufwendige, chemische Prozesse nötig waren”, erklärt Gebhart, der die Erbse als die Proteinquelle der Zukunft einschätzt. Immerhin ist sie heimisch und darum optimal angepasst an das wechselhafte Klima in Europa. Und sie verbraucht im Vergleich zu tierischem Protein in der Herstellung signifikant weniger Wasser und Ackerland. Ebenso ein Plus: der geringe Fettgehalt der Erbse von gerade einmal zwei Prozent. Entwickelt hat er das Produkt auch darum, weil ihn die vielen Stabilisatoren, Konservierungsstoffe und Verdickungsmittel in den Produkten auf Sojabasis störten. In Vegini ist indes so wenig drin, dass die Lektüre der Inhaltsstoffe keine Mühe macht. Wasser, Erbsenprotein, Erbsenfaser, Olivenöl, Sonnenblumenöl, Kartoffelstärke und Salz – das war’s auch schon.
2018: sechs Mio. Euro Umsatz
Gegründet hat Gebhart die Firma VeggieMeat GmbH bereits 2015. Gemeinsam mit dem in Sachen österreichischer Lebensmittelindustrie erfahrenen Johann Tanzer wagte er den Schritt mit dem Ziel, ebensolche Produkte aus Erbsenbasis zu entwickeln. Convenient sollten sie sein, aus natürlichen Zutaten und über einen Proteingehalt von 20 bis 35% verfügen.
Im Juni 2016 nahm der aktuelle Standort St. Georgen/Ybbsfelde in Niederösterreich schließlich den Vollbetrieb auf. Zur Zeit werden in der zweistöckigen Produktionshalle mit rund 4.000 m2 Betriebsfläche 29 Mitarbeiter beschäftigt.
Innerhalb des nächsten Jahres soll die Beschäftigtenzahl auf 40 aufgestockt werden, damit die Herstellung im Schichtbetrieb an sieben Wochentagen laufen kann. Denn der Einstieg mit Vegini im Handel im Frühling diesen Jahres und die bisherigen Verkaufszahlen sind Erfolg versprechend, wie Tanzer zu berichten weiß: „Wir sind in allen Spar-Formaten gelistet. Bei Maximarkt und beim Merkur österreichweit. Auch in ausgewählten Billa-Filialen in größeren Städten sind wir vertreten.”
Die Rückmeldungen von den Verkaufsstellen seien sehr gut. Die Wiederverkaufsraten seien sehr hoch, es gebe ob des hohen Umschlags so gut wie keine Abschriften. (Die Haltbarkeit der Produktpalette beträgt ganze 42 Tage.)
Ergo traut man sich schon jetzt ein recht ambitioniertes Umsatzziel zu: Im kommenden Jahr will man bereits fünf bis sechs Mio. € mit Vegini lukrieren. Neben dem Hauptmarkt Österreich liegt der Schwerpunkt auf Deutschland. Auch England ist interessant, weil man dem Wunsch der dortigen Bevölkerung nach einer kurzen Zubereitungszeit voll entspricht. Von Frankreich erwartet man sich einiges, weil es dort in den letzten Jahren eine massive Entwicklung auf dem Gebiet der Fleischersatzprodukte gegeben habe. Und auch Skandinavien ist wegen der sehr guten Beziehungen dorthin ein Thema.
Dem Zeitgeist eine Marke
Dass Gebhart und Tanzer mit ihrer Marke dem Zeitgeist entsprechen, bescheinigt ihnen auch eine Studie des heimischen Meinungsforschers Marketagent.com. Demnach attestieren knapp 53% von Herr und Frau Österreicher der Ernährung einen sehr starken Einfluss auf die Gesundheit. Fast ein Drittel der Befragten versucht auch, sich möglichst bewusst zu ernähren und nahrhafte, gesunde Produkte zu sich zu nehmen.
Wenig überraschende Ergebnisse sind das, vielmehr dürfte verblüffen, dass jeder zweite Alpenrepublikaner im Vorjahr seine Ernährung umgestellt hat – erstens, weil er/sie allgemein gesünder leben und fitter sein möchte. Und zweitens wegen des ewigen Themas Gewichtsverlust.
Was den Trend zu mehr fleischloser Kost angeht, haben die Frauen eindeutig die Nase vorn. Schon 33% der Frauen bezeichnen sich als Flexitarier, sprich, sie essen nur mehr gelegentlich Fleisch. Der Grad der Ausbildung spielt dabei auch eine Rolle: Während Absolventen von allgemeinbildenden Pflichtschulen zu rund 21 Prozent Flexitarier sind, zählt bei den Maturanten und Akademikern ein Drittel aller Befragten dazu.
„Überzeugte Veganer brauchen wir nicht mehr von den Vorteilen pflanzlicher Eiweißlieferanten zu überzeugen; sie gehören bereits zu unseren Kunden”, erklärt Gebhart. „Wir möchten Fleischesser auf den Geschmack bringen, gesunde und nachhaltige Proteinquellen zu probieren und öfter etwas Gutes aus der Pflanze auf den Teller zu bringen, das nicht weniger Genuss bereitet als Fleisch”.