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© GPK/Andreas Scheiblecker

Redaktion 16.06.2023

Der HR-Bereich ist in rasantem Umbruch

Markus Gruber erläutert Erkenntnisse der Best Recruiters-Studie und einen neuen Benchmark-Index aus dem Kommunikationshaus GPK.

••• Von Chris Radda und Alexander Haide

WIEN. Der neue Kolland-­Rohner-Index zur Messung der Bindung von Unternehmen zu ihren Mitarbeitern von Markus Gruber, Geschäftsführer und Gründer des Kommunikationshauses GPK, ist derzeit das heißeste Thema der HR-Fach-Community. In der von seinem Career-Institut und Verlag entwickelten Software-App „robin mood” – ein Tool zur permanenten Abfrage der Stimmungslage von Mitarbeitenden in Abteilungen, Verwendungsgruppen und Unternehmen – ist ein Benchmark-Index integriert, der die Höhen und Tiefen der Mitarbeiter-Bindungsstärke aufzeigt.

Fokus auf die Betriebsbindung

„Die ‚Great Resignation' als Ausdruck einer sehr hohen Kündigungsrate ist auch in Österreich angekommen”, so Gruber, „die Anzahl der Arbeitsmarkt-Austritte überstieg im Jahr 2019 erstmals die Eintritte.” In einer Zeit des strukturellen Mangels an (Fach)-Arbeitskräften sei es unumgänglich, neben State-of-the-Art Recruiting-Prozessen der Best-Recruiters-Studie und Unternehmenskulturen auch die Fluktuationskosten durch die Anhebung der Verweildauer der Mitarbeitenden in einem Unternehmen zu senken. „Stimmung, Zufriedenheit und Bindung weben ein fragiles Wirkungsgefüge, welches sich im Falle der positiven Verstärkung in einer hohen Betriebsbindung manifestiert und damit auch den Unternehmenswert steigert”, erklärt Markus Gruber im Gespräch mit medianet-Herausgeber Chris Radda.

medianet:
Der HR-Bereich ist seit einiger Zeit im totalen Umbruch. Was bewegt die Branche und was sind die brennendsten Probleme und neuesten Trends?
Markus Gruber: Der Markt ist heiß, die guten Recruiter werden besser, der Abstand zu den weniger engagierten wird größer. Die Differenzierung, dass es um die passenden und nicht um die besten Bewerber geht, findet statt. Die Transformation balancierter Informationen zwischen ‚Was will ich von Ihnen?' und ‚Was habe ich für Sie?' ist angekommen. Wir haben aus Millionen von Daten aus den Jahrgangsstudien, die wir im deutschsprachigen Raum durchführen, erfahren, dass Purpose zu 40 Prozent wichtig ist. Vor zehn Jahren gab es schon ein Verständnis dafür, dass man auch als Arbeitgeber ein Angebot machen muss. Das ist jetzt überall angekommen. Knapp 66 Prozent der Arbeitgeber ­wissen, dass sie das spielen müssen.

medianet:
Wir erleben also die noch beschleunigtere Umkehr des Arbeitsmarkts?
Gruber: Ja, und es ist in jeder Generation so gewesen, dass man sich natürlich auf die Anforderungen und Bedürfnisse der Mitarbeiter einstellen muss. Jetzt ist das noch wichtiger geworden.

medianet:
Antworten wären also flexible Arbeitszeitmodelle, Work from Home, hybride Modelle oder die Vier-Tage-Woche?
Gruber: Das sind die richtigen Ansätze. Die Einflussfaktoren auf gutes Recruiting haben wir in unseren Studien mittlerweile auf 289 Einzelkriterien aufteilen müssen, da es so viele Rädchen in diesem Uhrwerk braucht, um im Recruiting die passenden Ergebnisse zu erzielen.

medianet: Sie begleiten Unternehmen, wenn in Recruitingprozessen Verbesserungsbedarf sichtbar wird?
Gruber: Auch als bester Recruiter oder Personalchef würde man von den Rohdaten unserer Best Recruiters-Studie erschlagen. Die Vergleiche mit Mitbewerbern und Best Practices helfen. Solange das überdurchschnittlich gute Daten sind, kann man diese Leistungen mitkaufen.

Die nächste Hilfestellung, die ich empfehle, ist, nicht nur den eigenen Studienbericht zu kaufen, sondern auch in einem Workshop mit dem verantwortlichen Recruiting-Team das im Einzelnen durchzugehen. Das bewirkt rascher einen Effekt.


medianet:
Schönfärberei wirkt nicht mehr?
Gruber: Lügen ist nicht mehr möglich.

medianet:
Der Chef von IBM meinte kürzlich, wer Karriere machen möchte, ist im Büro und nicht im Homeoffice.
Gruber: Das kann ich nur unterschreiben, da auch mir der echte Kontakt mit den Menschen sehr wichtig ist. Eine Videokonferenz kann gewisse Leistungen nicht erbringen. Zwischen den Zeilen und die Mimik zu lesen, ist am Bildschirm nicht möglich, das fehlt. Dementsprechend sind auch kreative Prozesse und harte, persönliche Auseinandersetzun­gen von relativ geringem Wert.

medianet:
Sie haben auch ein Software-Tool inklusive Beratung entwickelt, das dort ansetzt, wo die beinahe 300 Kriterien aus der Studie enden. Da geht es darum, wie man die passenden Mitarbeiter behält.
Gruber: Das Tool heißt ‚robin mood' und fasst immer mehr im Markt Fuß, denn es kann nicht nur der Personalabteilung, sondern auch den Chefs eine große Hilfestellung sein. HR ist damit ein Führungsthema geworden. Die Erfüllung der Aufgaben im Recruiting hat Grenzen, da zu wenige Fische im Teich sind. Deshalb ist der zweitwichtigste Faktor, passende Mitarbeiter im Unternehmen zu halten. Dabei ist es wichtig, die Stimmung zu kennen. Da setzen wir auf automatisierte Pulse-Checks, denn ein einmaliger, langer Fragebogen birgt eine Bias-Gefahr. Unser Anspruch war es, in Klarheit, Kontinuität und mit wissenschaftlicher Untermauerung vorhandene Lücken zu ­schließen.

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