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Nachholbedarf Auch das Angebot an bezahlbarer und hochwertiger Kinderbetreuung ist längst nicht überall in ausreichendem Maße vorhanden.

Redaktion 22.11.2019

Rollenklischees sind hartnäckig

Report des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen zeigt Gender Gap bei allen maßgeblichen Kriterien.

••• Von Britta Biron

VILNIUS. Bei der Gleichstellung der Geschlechter kommt die EU nur schleppend voran. Laut dem aktuellen Report des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen (EIGE) hat sich der Gender Equality Index von 2017 auf 2018 lediglich um einen Punkt auf 67,4 Punkte (von max. 100) verbessert und liegt nur um 5,4 Punkte über dem Wert von 2005.

Allerdings zeigen sich deutliche Unterschiede – die Bandbreite reicht von 83,6 in Schweden bis 51,2 in Griechenland. 15 der 28 Mitgliedsstaaten schneiden unterdurchschnittlich ab, darunter auch Deutschland (66,9) und Österreich (65,3).

Weniger Lohn

Schwerpunktmäßig beleuchtet der diesjährige Report die Gleichstellung der Geschlechter in der Arbeitswelt und bei der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben.

Die Beschäftigungsrate für Personen im Alter von 20 bis 64 Jahren liegt im EU-Schnitt bei 73% und damit knapp unterhalb des 2020-Ziels von 75%. Allerdings zeigen sich hier deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Die Quote bei den Frauen liegt bei 67%, jene der Männer bei 79%.

Mehr informelle Arbeit

Noch dazu haben die herkömmlichen Geschlechterklischees längst nicht ausgedient. Frauen sind wesentlich häufiger in den schlecht bezahlten Bereichen Bildung, Gesundheit und Soziales tätig (30,3% vs. 8,3%) als in den besser dotierten technischen und wissenschaftlichen Berufen (7% vs. 33%) und arbeiten seltener Vollzeit als Männer (41% vs. 57%). Das wirkt sich klarerweise auf das Einkommen aus, das bei Frauen im Schnitt 2.249 € pro Monat beträgt, bei Männern mit 2.809 € dagegen um knapp 25% höher ausfällt.

Neben niedriger Bildung und Migrationshintergrund ist Mutterschaft und die Betreuung alter und kranker Familienmitglieder für Frauen in der EU die größte berufliche Hürde. Während 37,5% von ihnen diesen Pflichten täglich nachgehen (müssen), sind es bei den Männern nur 24,7%. Noch größer ist der Gender Gap mit 78,7% vs. 33,7% bei den klassischen Hausarbeiten wie Kochen, Putzen und Einkaufen.

Schlechtere Chancen

Elternurlaub sieht das EIGE als eine der wichtigsten politischen Maßnahmen zur Unterstützung von Eltern, um Betreuungsaufgaben mit dem Job in Einklang zu bringen. Jedoch können längst nicht alle davon Gebrauch machen. Immerhin 28% der Frauen und 20% der Männer in der EU haben keinen Anspruch auf Elternurlaub. Ein weiterer Knackpunkt ist, dass auch das Angebot an bezahlbarer und hochwertiger Kinderbetreuung längst nicht überall in ausreichendem Maße vorhanden ist.

„Die Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, die dieses Jahr angenommen wurde, wird die Karten unter Männern und Frauen in Europa neu verteilen. Die Regelungen fördern eine ausgewogenere Aufteilung von Pflegeaufgaben, sodass Frauen berufstätig bleiben und anspruchsvolle Rollen oder Führungspositionen ausüben können”, sieht Vera Jourová, EU-Kommissarin für Justiz, Verbraucher und Gleichstellung, allerdings die Weichen für eine mittelfristige Besserung der Lage gestellt.

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