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© APA/Barbara Gindl

sabine bretschneider 03.05.2019

Der chinesische Gast im Fokus der Österreicher

Nach neuester Zielgruppendefinition geht es nicht mehr ausschließlich um Shopping und Sightseeing.

••• Von Sabine Bretschneider

Alipay steht derzeit in Österreich hoch im Kurs. Wer die Kaufkraft chinesischer Gäste schätzt, kommt an deren gängigstem Onlinebezahlsystem, einem Service der Alibaba Group, nicht mehr vorbei. Der chinesische Internetriese Alibaba hat nach Eigenangaben eine Mrd. Kunden, davon 700 Mio. in China. Alibaba schult regelmäßig Unternehmer aus anderen Ländern dahingehend, wie sie den chinesischen Markt besser erreichen können; 30 Unternehmen aus Österreich sollen demnächst in den Genuss einer Schulung kommen. Vice versa rüstet die Alpenrepublik mit Bezahlangeboten wie eben Alipay, TenPay oder WeChat Pay auf.

Kürzlich etwa starteten Wirecard und Tirol Werbung eine „China-Pay-Initiative” mit touristischen Partnern; Ziel des Projekts ist eine flächendeckende Abdeckung des gesamten Bundeslandes mit den beliebtesten chinesischen Mobile-Payment-Methoden. Laut einer Nielsen-Studie wären rund 91% der chinesischen Touristen bereit, im Ausland mehr auszugeben und einzukaufen, wenn mehr Händler chinesische Mobile-Payment-Methoden akzeptieren würden.

Spendierfreudige Gäste

Die Gesamtausgaben chinesischer Touristen in Österreich legten 2018 um satte 28% gegenüber dem Vorjahr zu. Damit liegt China bei den Tax-Free-Einkäufen in Österreich 2018 an der Spitze der außereuropäischen Einkaufsländer. Und: Mit einem Anteil von 30% an allen Tax-Free-Umsätzen in Österreich liegt China als Herkunftsland im Nationen-Ranking klar auf Platz 1 vor Russland (zehn Prozent) und der Schweiz (acht ­Prozent).

Auch das Designer Outlet Parndorf hat im abgelaufenen Geschäftsjahr 2018/19 einen Besucherrekord und erneut höhere Umsätze verzeichnet. Mehr als ein Viertel der Umsätze (26%) wurde im Vorjahr mit Kunden aus Nicht-EU-Ländern erzielt; der größte Anteil entfiel dabei auf Besucher aus China.
Vergangene Woche war Bundeskanzler Sebastian Kurz nach China gereist. Inhaltlich ging es um geopolitische Fragen – aber auch um das Ziel Österreichs, den Außenhandel und den Strom an chinesischen Touristen deutlich zu steigern. Bis 2025 soll der Tourismus verdoppelt werden, der bilaterale Handel von derzeit 13 auf 20 Mrd. € steigen. Ab Juni gibt es von Wien einen vierten Direktflug nach China (neben Shanghai, Peking und Shenzhen auch Guangzhou).

Mehr Flüge, mehr Skisport

Dass mehr Direktflüge und mehr Werbung in der vielversprechenden Zielgruppe, kombiniert mit dem Angebot der gewohnten Zahlungsmittel, das Geschäft mit chinesischen Gästen ankurbeln werden, davon ist auch die Präsidentin der Österreichischen Hoteliervereinigung, Michaela Reitterer, überzeugt: „Von der Tourismusoffensive der Bundesregierung auf einem so großen und vielversprechenden Markt wie dem chinesischen wird Österreich nachhaltig profitieren”, so Reitterer. Zusätzliche direkte Flugverbindungen würden den Österreich-Aufenthalt für Chinesen genauso vereinfachen wie mehr chinesische Alltagskultur in Österreich.

Olympia 2022 als Bühne

Die China-Offensive der Österreich Werbung werde sich deutlich in Nächtigungsstatistik und Leistungsbilanz niederschlagen. Dies umso mehr, wenn sie Individualtouristen motiviere, Österreich besser kennenzulernen. Die Olympischen Winterspiele 2022 in Peking seien eine optimale Präsentationsfläche für den österreichischen Wintertourismus, heimische Kulinarik und Gastfreundschaft: Reitterer: „Da sammeln Österreichs Tourismusprofis seit vielen Jahren wertvolle Erfahrungen; darauf können wir aufbauen. Die Direktflüge werden in erster Linie den Städtetourismus ankurbeln, die Olympischen Spiele mehr Gusto auf das Skifahren machen. Da ist für alle etwas dabei.”

In drei Jahren werden die Winterspiele in Peking stattfinden. Österreichische Unternehmen haben bereits viel Geschäftspotenzial identifiziert und können auch viel spezifisches Know-how anbieten.

Ganz neue Zielgruppen

Die Österreich Werbung machte im Rahmen ihrer Recherchen schon im vergangenen Herbst eine neue Zielgruppe aus: jüngere Menschen mit hohem ­Bildungsgrad und gutem Einkommen aus Peking und Shanghai sowie der 120 Mio. Einwohner zählenden Region am Perlflussdelta („Greater Bay Area”).

„Dieser neuen Zielgruppe geht es auf einer Europa-Reise nicht mehr vorrangig um das ‚Abarbeiten' von Sehenswürdigkeiten und intensiven Shopping-Touren”, so Emanuel Lehner-Telic, Region Manager Asien der Österreich Werbung, „sondern vielmehr um das ‚Ausbrechen' aus dem meist sehr intensiven Leben in Chinas Megametropolen und dem Sammeln von neuen persönlichen Erfahrungen.” Diese Erwartungen könne Österreich erfüllen, punkte es bei den chinesischen Gästen doch „mit seiner facettenreichen Kultur, der imperialen Vergangenheit, der Gastfreundschaft und seiner intakten Natur – Stärken, die Österreich in Kombination von seinen unmittelbaren Mitbewerbern wie Deutschland und der Schweiz abhebt”, so Lehner-Telic.
Gemeinsam mit der Österreich Werbung, Tirol Werbung und Kärnten Werbung lud die SalzburgerLand Tourismus GmbH Ende März zu einer „winterlichen Entdeckungstour” mit dem Titel „Austrian Winter Stars”. Eingeladen waren rund 30 hochkarätige Gäste aus der chinesischen Reisebranche – darunter die größten Reiseveranstalter in China sowie Winter- und Ski-affine Medien wie National Geographic und World Traveller. An sieben Tagen präsentierten die Gastgeber ihre Top-Skigebiete und das gesamte Winterangebot inklusive Kultur und Kulinarik abseits der Piste.

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