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28.08.2015

Qualitativ gut gefüllte Pipeline für Börsengänge

Heuer noch streben etliche interessante Konzerne an die Börse. Ob es fulminante initiale Kursgewinne à la PayPal gibt, ist aber fraglich.

••• Von Linda Kappel/APA

WIEN. Schwarze Montage hin oder her – noch für heuer, spätestens 2016, haben zahlreiche Unternehmen einen Börsegang angepeilt. „Das Umfeld für Initial Public Offerings, also Börsengänge, ist im Moment ganz gut”, erklärt Florian Bohnet, Experte beim deutschen Vermögensverwalter DJE Kapital AG, im Gespräch mit medianet. „In der Regel werden die IPOs seit Mitte 2014 gut aufgenommen. Das belegen auch Indizes wie der Stoxx Europe IPO-Index, der sich auf zwölf Monate gesehen um 32 Prozent besser entwickelt hat als der breite Stoxx Europe 600 Index”, so Bohnet weiter.

Ob ein IPO gut laufe und initiale Kursgewinne generiere, hänge von vielen Faktoren ab. Anleger, die auf kurzfristige Gewinnmitnahmen schielen, können bei derart volatilen Märkten freilich auf dem falschen Fuß erwischt werden. Jeder Anleger sollte sich klar sein, was er als gelungenes Börsendebüt empfindet: Ist es der Kursgewinn am ersten Tag oder eine langfristig gut positionierte Aktie – mit Steigerungspotenzial – und mit guter Kommunikation und stabilen, weil überzeugten, Aktionären?
„Für uns wichtig sind: Preis und Bewertung, Größe und Liquidität, die Unternehmensstory und das Geschäftsmodell, der Auftritt und die Erfahrung des Managements, Pläne/Intentionen der Großaktionäre und Lockup-Fristen, plausible Mittelverwendung und nicht nur Schuldenreduzierung oder ,Kasse machen' der bisherigen Eigentümer”, verrät Bohnet.

Höhere Volatilitäten – wie lange?

Die in den vergangenen Wochen – ausgehend von China – registrierte höhere Schwankungsfreudigkeit könnte freilich den einen oder anderen Börse-Aspiranten dazu bringen, die Pläne ein wenig nach hinten zu verschieben, oder umzugestalten. Dies will auch tatsächlich gut überlegt sein: Windeln.de etwa nahm mit seinem Börsengang wegen des folgenden Kurssturzes 27,5 Mio. Euro weniger ein als erhofft. Die den IPO begleitende Deutsche Bank hatte nach der Erstnotiz massiv versucht, den Aktienkurs zu stützen. Vom Ausgabepreis von 18,50 Euro ist der Online-Babyartikelhändler mit aktuell um 9,4 Euro weit entfernt. Glanzlos blieb auch das Debüt des deutsch-thailändischen Schmuckhändlers Elumeo, der beim Volumen Abstriche machen musste und letztendlich nur Aktien aus einer Kapitalerhöhung verkaufte.

Auch die Kosten dafür wollen gut kalkuliert und transportiert werden. Im Fall Europcar etwa führte der Gang aufs Parkett dazu, dass sich der Fehlbetrag in der Halbjahresbilanz von Europas größtem Autovermieter fast verdoppelte.
Etwas mehr „Sex” könnte der für das vierte Quartal geplante Börsengang des Sportwagenherstellers Ferrari haben.

Defensive und große Werte

Die Frage, wie sich ein IPO heuer entwickelt, hängt wohl stark davon ab, wie lange und heftig etwaige Kursauschläge an den wichtigsten Märkten noch ausfallen. Und so mahnt Siegfried Neumüller, Leiter der Abteilung Equity Capital Markets (ECM) bei der Raiffeisen Centrobank, den Blick eher auf defensive Branchen und große Volumina zu lenken.

Von einer „qualitativ hochwertigen Pipeline für Frankfurt”, spricht Christoph Stanger, in Europa für die US-Investmentbank Goldman Sachs tätig, der größere Emissionen als im ersten Halbjahr erwartet, in dem acht Börseneulinge 3,1 Mrd. Euro eingesammelt hatten.
An die Frankfurter Börse drängen könnten etwa die Bayer-Kunststoffsparte Covestro, die Zugsparte der kanadischen Bombardier und die Reederei Hapag-Lloyd. Aber auch junge Internet-Firmen wie der Lieferdienst Delivery Hero und der Möbelhändler Westwing aus dem Imperium von Rocket Internet sowie der Rubrikanzeigen-Dienst Scout24 gelten als aussichtsreiche Anwärter.
Apropos Internet: eBay hat seinen Bezahldienst PayPal als eigenes Unternehmen am 20. Juli an die Börse gebracht. Nach der Abspaltung ist der Kurs an der Technologie-Börse Nasdaq kräftig gestiegen; das Hoch lag bei 40,47 Dollar, in der Folge ist er aber auf 32,5 abgesackt.

ABN Amro glänzt

Auffallend – vor allem angesichts des aktuellen Umfelds – ist die hohe Zahl an Anwärtern aus dem Finanzdienstleistungsbereich: ABN Amro, Amundi, TF Bank, Polbank, German Startups Group, die Bank- und Versicherungstochter von Japan Post, Postbank, China ReInsurance, um nur einige zu nennen. Bei der Reprivatisierung der verstaatlichten Großbank ABN Amro dürfte allerdings kaum etwas schiefgehen, sie hat erst vor Kurzem bekannt gegeben, dass der Gewinn im zweiten Quartal um 86 Prozent gestiegen ist.

Daneben finden sich auf der Liste defensive Schwergewichte wie Japan Post oder Poste italiane.

Weitere Debütanten in 2016

Aussichtsreicher Kandidat im kommenden Jahr ist nach Ansicht von Christian Nagel, Partner beim Venture Capital-Investor Earlybird, auch das Berliner Online-Auktionshaus Auctionata. Es hat sich mit einem Nettoumsatz von 35,7 Mio. Euro im ersten Halbjahr 2015 zum größten Auktionshaus in Deutschland gemausert. Im Juni konnte aufgrund von Skaleneffekten auch erstmals ein deutlich positives EBITDA von 2,1 Mio. Euro erzielt werden.

Darüber hinaus konnte sich Auctionata den bisher höchsten Auktionszuschlag 2015 in Deutschland sichern. Im Juni wurde eine chinesische Automatenuhr aus dem späten 18. Jahrhundert für 3,37 Mio. Euro (inkl. Käuferaufgeld) erworben – ein Weltrekord als das teuerste Werk asiatischer Kunst, das je online versteigert wurde.
Nagel: „Auctionata bietet Auktionen für das 21. Jahrhundert an. Nur zwei Jahre nach dem Start werden Objekte für mehr als drei Mio. Euro online versteigert. Da es dem Unternehmen gelingt, die modernen Bedürfnisse von Kunden weltweit erfolgreich zu erfüllen, steht einem IPO 2016 nichts im Wege.”

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