••• Von Ina Karin Schriebl
WIEN. Pflanzenheilkunde ist ein anerkannter Teil der Medizin und wird immer stärker nachgefragt, weil sie in der breiten Bevölkerung positiv ankommt. Ergänzend zur Schulmedizin, erleben pflanzliche Produkte eine Renaissance, aber auch in der modernen Arzneimittelforschung selbst. Nicht zuletzt, weil das Gesundheitsbewusstsein in der Bevölkerung steigt. Davon profitiert auch das Wiener Traditionsunternehmen Dr. Kottas, das sich seit 1795 auf die Herstellung und Verarbeitung von Arzneikräutern spezialisiert hat.
Marktführer bei Arzneitees
Das Unternehmen beschäftigt heute rund 80 Mitarbeiter an drei Standorten in Wien und wird im Bereich Arzneimittel-Tees vom Branchenbeobachter IQVIA (vormals imshealth) als Marktführer in Österreich gesehen. „Wir erwarten eine Zunahme der Nachfrage. Der Zug ist nicht mehr aufzuhalten. Die Kunden suchen auch das qualitativ Hochwertige”, ist Firmenchef Alexander Kottas überzeugt. Das locke allerdings auch Trittbrettfahrer an, die mit schlechteren Qualitäten versuchen zu punkten, sagt er. Immer mehr versuchen etwa der Lebensmittelhandel und die Nahrungsmittelindustrie, auf das Thema aufzuspringen und von Trends wie Vegan und Nahrungsmittelunverträglichkeiten zu profitieren, um in ihren Bereichen höhere Preise zu erzielen.
Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben der einzige Hersteller in Österreich, der Heilkräuter nach strengen Richtlinien nach GMP (Good Manufacturing Practice) verarbeitet. „Wir unterliegen damit denselben Richtlinien für Herstellungsprozesse, wie ein Pharmakonzern, der etwa Antibiotika herstellt.” Zudem unterliege man von der Qualität her dem Europäischen Arzneibuch. „Pfefferminze soll also nicht nur nach Pfefferminze schmecken, sondern muss auch den entsprechenden Ölgehalt und die vorgeschriebene Öl-Zusammensetzung aufweisen. Das macht auch die Wirksamkeit aus.”
Kottas warnt aber die Konsumenten vor enormen Qualitätsunterschieden im Handel. Das schade auch dem Angebot, weil der Laie nicht unterscheiden könne und dann das Gefühl habe, dass alle Phytoprodukte nicht wirken. „Hier sind die Apotheken gefordert, sich zu positionieren. Umgekehrt versuchen wir eben, die Apotheken zu unterstützen, denn die Phytotherapie ist ja der Bereich aus dem sich die Apotheke entwickelt hat. Ein Großteil des Wirkstoffwissens stammt aus der Pflanzenheilkunde. Viele davon werden heute in modernen Arzneimitteln von der Industrie synthetisch hergestellt. Gerade hier würden die Entwicklungen in der Pharmaindustrie Chancen eröffnen, da die internationalen Konzerne auf Indikationen und Produkte setzen, die hohe Profite versprechen und medizinische Breitenbereiche und Befindlichkeitsstörungen eher vernachlässigen. „Genau in diesen Bereichen sind wir tätig.”
Komplexe Verarbeitung
Kottas verarbeitet und reinigt Kräuter, prüft sie auf Rückstände von Pestiziden und Schadstoffen und macht sie für die eigene Verarbeitung und für Kunden wie Apotheken oder Industriepartner zur Weiterverarbeitung verfügbar. Man ist also Händler, Einzelhändler, Rohstofflieferant, etwa für Aromafirmen und nicht zuletzt auch Produzent der eigenen Produktlinie. Dazu gibt es Partnerschaften mit bäuerlichen Betrieben, die man über viele Jahrzehnte aufgebaut hat. Kottas: „Da versuchen wir, fairer Partner zu sein, der sich nicht nur Rosinen rauspickt, sondern sie auch zu unterstützen. Der Vorteil ist, dass wir bei Engpässen auch bevorzugt werden.”
Herausforderung: Man müsse auf Vorrat kaufen, wenn die Pflanzen geerntet werden und damit auch einschätzen, was man im Jahresverlauf braucht. „Das ist auch gebundenes Kapital. Gleichzeitig haben wir hier auch leichte, aber voluminöse Produkte, die große Lagerflächen verlangen.” Immerhin hat das Unternehmen über 600 verschiedene Heilkräuter im Sortiment.