INDUSTRIAL TECHNOLOGY
© Alexander Müller

IV-Präsident-Georg-Knill.

Helga Krémer 01.10.2021

Entlastung für alle

Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer drängen auf eine faire Steuerreform – es gehe um den Wirtschaftsstandort Österreich.

WIEN. Die Wirtschaftskammmer Österreich (WKÖ) fordert eine Steuerreform, die Betrieben und Arbeitnehmern zugute- kommen muss. Denn eine Entlastung der Betriebe schaffe nachhaltigen Aufschwung und Beschäftigung. Die Industriellenvereinigung (IV) fordert die Senkung der Körperschaftssteuer und die Fokussierung auf die Eigenkapitalstärkung – einseitige Belastungen hält die IV dabei für eine völlige Themenverfehlung.

„Österreich braucht eine faire Steuerreform, die beide – Menschen und Unternehmen mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – spürbar entlastet und dabei nicht auf halbem Weg stecken bleiben darf. Wer jedoch die Industrie einseitig belasten möchte, der gefährdet bestehende Arbeitsplätze und verhindert neue“, betonten IV-Präsident Georg und IV-Generalsekretär Christoph Neumayer bei einer Pressekonferenz. Die Industrie erwarte ein „zukunftsweisendes Reformkonzept, das Nachhaltigkeit und Klimaschutz mit Wettbewerbsfähigkeit, Arbeitsplätzen und spürbarer Entlastung kombiniert“. Das sei der einzig richtige Weg, den aktuellen Aufschwung, der nachweislich zu zwei Dritteln von der Industrie und unternehmensnahen Dienstleistungen getragen wird, zu stärken.

Höhere Krisenfestigkeit von Unternehmen und Wettbewerbsfähigkeit sei keine Elitenveranstaltung oder Selbstzweck, sondern Voraussetzung für Beschäftigung, soziale Sicherheit und Klimaschutz. Die Entlastung bei der Körperschaftsteuer stärke das Eigenkapital, bringe das gesamte Land weiter und sei die richtige Maßnahme, um Arbeitsplätze in den Firmen, Investitionen in den Standort und damit Wohlstand in Österreich zu stärken. Es geht auch um ein Angleichen an den europäischen Körperschaftsteuer (KöSt-)Schnitt. Gerade um die klimapolitische Transformation zu stemmen, sei die Eigenkapitalstärkung jetzt ein Gebot der Stunde. „Wer sich dagegen ausspricht, der gefährdet Arbeitsplätze und schadet auch dem Klimaschutz. Zusätzliche Belastungsideen, wie Vermögensteuern, wären zudem Gift für den Aufschwung damit völlig kontraproduktiv“, so Neumayer.

KöSt-Senkung stärkt Arbeitsplätze, Investitionen und Wohlstand
Neben der bereits angekündigten Senkung der Lohnsteuer müsse der Fokus auf der Stärkung des Eigenkapitals der Unternehmen liegen. „Wir müssen tief atmen können, um auch künftige Krisen durchtauchen zu können“, so Knill. Die sowohl bei der vergangenen Tarifreform als auch im aktuellen Regierungsprogramm angekündigte Senkung der KöSt auf 21% würde „uns hier dringend notwendige Luft verschaffen und die Krisenresilienz weiter stärken“. Davon habe die gesamte Volkswirtschaft etwas, denn eine KöSt-Senkung stärke Arbeitsplätze, Investitionen und damit den Wohlstand im Land. Diese Kraft für Investitionen brauche es vor allem auch, um die klimapolitische Transformation zu stemmen. Es sei „allerhöchste Zeit, bei den Unternehmen mit ihren Arbeitsplätzen nun nachzuziehen“, zumal die letzte spürbare Entlastung vor mehr als 15 Jahren erfolgt sei. Zudem plädierte die IV für einen Covid-Bonus für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Ziel der Steuerpolitik muss es sein, dass sich Arbeit und Leistung auszahlen“, so Knill. Mit einer Gewinnbeteiligung bzw. einem steuerlichen Covid-Freibetrag von bis zu 3.000 € pro Beschäftigtem, analog zum letztjährigen Corona-Bonus, könnte der Faktor Arbeit zielgerichtet entlastet und die Identifikation der Mitarbeitenden mit dem eigenen Unternehmen gefördert werden. Die Umsetzung dieser bereits von der Vorgängerregierung beschlossenen Maßnahme sei ein Gebot der Stunde.

Mit fiktiven Eigenkapitalzinsen Unternehmen stärken, Behaltefrist bei Kapitalertragsteuer wieder einführen
Als weitere wichtige Maßnahmen, um das „Eigenkapital der Unternehmen aufzupolstern“, bezeichnete IV-Generalsekretär Neumayer den von Finanzminister Gernot Blümel vor dem Sommer vorgestellten Vorschlag, der die Einführung fiktiver Eigenkapitalzinsen als Betriebsausgabe vorsieht. Neumayer: „Das wäre eine starke Maßnahme, um die Eigenkapitalausstattung von Unternehmen weiter zu verbessern und die bisherige Diskriminierung gegenüber Fremdkapital zu beenden.“ Außerdem schlug die Industrie die Einführung einer Behaltefrist bei der Kapitalertragsteuer vor. „Konkret geht es uns darum, dass der Verkauf von Aktien und Fonds nach mehr als einem Jahr von der Kapitalertragsteuer ausgenommen werden sollte. Gerade im Hinblick auf die langfristige private Pensionsvorsorge wäre das ein wichtiger Anreiz für die Bürgerinnen und Bürger“, betonte der IV-Generalsekretär. Zumal Österreich zu einer Minderheit von Staaten gehöre, die für einen längerfristigen Vermögensaufbau keinerlei Anreize vorsehen.

Keine Frage von Geschenken
„Ich bin gegen ein Geschenke-Match zwischen Betrieben und Beschäftigten. Was wir jetzt brauchen, ist kein gegeneinander Ausspielen einzelner Gruppen, sondern für einen nachhaltigen Aufschwung muss es eine spürbare Entlastung für alle geben“, sagt Karlheinz Kopf, Generalsekretär der WKÖ. Er stellt daher in Richtung Arbeitnehmervertreter klar, „dass es sich bei der notwendigen Entlastung für unsere Betriebe keineswegs um Steuergeschenke an Unternehmen noch um einen Wunsch ans Christkind handelt. Vielmehr sichern wir über eine Entlastung der Betriebe Arbeitsplätze und schaffen Beschäftigung.“

Aus diesem Grund sei es wichtig, die Körperschaftssteuer genauso zu senken wie die Lohn- und Einkommenssteuer. „Österreich ist ein Hochsteuerland. Wir haben die fünfthöchste Steuer- und Abgabenquote in der EU. Gerade nach der schwierigen Coronazeit brauchen wir daher Anreize, damit unsere Betriebe wachsen und investieren können“, so Kopf. Es gehe darum, die Weichen so zu stellen, dass der Wirtschafts- und Beschäftigungsstandort Österreich zukunftsfit ist. (hk)

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