••• Von Paul Christian Jezek
Fast jede Firma – ob groß oder klein – basiert heute auf Geschäftsmodellen, die mehr oder minder stark von neuen Technologie-Trends abhängig sind oder durch diese überhaupt erst ermöglicht werden.
„Heutige Unternehmer sollten darum nach den Potenzialen Ausschau halten, die diese Innovationen für ihr Geschäft bringen können”, rät Klaus-Michael Vogelberg, Chief Technology Officer bei der Sage Group. „Um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, sollten sie die Möglichkeiten aufgreifen, die diese Entwicklung mit sich bringt, und nahezu jeden Aspekt ihrer heutigen, mehr oder weniger traditionellen Arbeitsweise verändern.”
Autonome Schnittstellen
Interfaces wie Chatbots und digitale Agenten werden immer häufiger die Interaktion von Benutzern mit ihren elektronischen Geräten und deren Benutzeroberflächen prägen und auch von Unternehmen für die Steuerung ihres Geschäfts eingesetzt werden. Autonome Schnittstellen werden einen tiefgreifenden Wandel bei der Art und Weise herbeiführen, wie Menschen und Computer zukünftig miteinander interagieren werden.
Bis dato nutzten die Menschen eine Tastatur oder Maus für die Arbeit mit ihrem PC. Mehr und mehr werden sie hingegen beginnen, mit ihren Systemen zu reden oder durch Gesten mit Händen, Kopf oder Augen die Computer zu bedienen. Das Benutzererlebnis wird damit nicht nur deutlich angenehmer, sondern auch komfortabler, denn diese Systeme werden autonom arbeiten und hinzulernen.
Dadurch wird die Software zukünftig auch ohne Eingriffe des Anwenders bestimmte Aufgaben erledigen können oder bestimmte Fragen nur ein Mal stellen und die erhaltenen Informationen auch bei künftigen Aktivitäten anwenden.
Crowd-Intelligenz
Nach Ansicht von Vogelberg sind auch die Themen Künstliche Intelligence (Artificial Intelligence) und Schwarmintelligenz (Collective Intelligence) Trends, die kleinere Unternehmen im Auge behalten sollten. Einerseits steigt das von unzähligen Sensoren und Geräten erzeugte Datenvolumen explosionsartig an. Andererseits werden Rechner, Spezialanalysesoftware und intelligente Agenten immer preiswerter und leistungsfähiger.
Unternehmen sollten darum Wege finden, aus der enormen Informationsfülle von Big Data die für sie relevanten Erkenntnisse herauszufiltern. Vogelberg rät darum zur „Teambildung”: „Wenn Unternehmer ihre Kräfte vereinen und z.B. Rechnerleistung und Daten strukturiert und systematisch mit anderen Firmen teilen, können sie in dieser Kooperation von einem besseren und größeren Datenpool und höherer Datenintelligenz profitieren. Vergleichbar mit den Mechanismen des Crowdsourcing, könnten Unternehmen mit diesem reichhaltigeren Datenpool besser verstehen, wie sich Kunden verhalten, was sie ihnen anbieten sollten und in welchen Bereichen Investitionen sinnvoll sind.”
Neue Jobs dank IoT
Unternehmer sollten Ausschau nach neuen Möglichkeiten halten, die mit der Entstehung des Internet der Dinge (IoT) einhergehen. Multiple Datenströme von Sensoren aller Art, die etwa in Maschinen, Autos, mobilen und stationären Gütern, Kleidung und sogar in Menschen (z.B. zur medizinischen Überwachung) integriert sind, werden eine wahre Fundgrube von Daten schaffen, aus der die verschiedensten neuen Dienstleistungen hervorgehen.
Unternehmer sollten darüber nachdenken, wie sie diese Datenströme zum Wachstum ihres Geschäfts nutzen können:
• Logistikunternehmen werden die Navigation ihres Lkw-Fuhrparks durch Nutzung von Verkehrsdaten aus vielen unterschiedlichen Quellen wie beispielsweise Smart City-Daten von Ampeln, Straßen oder anderen Fahrzeugen optimieren.
• Werkstätten werden neue Services wie vorausschauende Instandhaltung für alle Arten technischer Infrastruktur entwickeln.
• Concierge-Services werden mit der Entstehung neuer Smart Home-Technologien alle denkbaren Arten von Überwachungs- und Servicediensten anbieten.
• Einzelhändler könnten sich mit Smart Home-Geräten wie Kühlschränken oder ähnlichen Geräten wie den Dash Buttons von Amazon vernetzen, um ihre Kunden automatisch und vorausschauend mit Waren und Dienstleistungen zu versorgen.
• Mobile Pflegedienste werden ihre Arbeit mithilfe verschiedenster neuer Geräte innovativ umgestalten und so ihre Unterstützung z.B. für allein lebende Senioren verbessern.
Citizen Developer
Weiters werden immer mehr Unternehmen ihre autonomen, standortgebundenen Softwaresysteme durch integrierte, cloudbasierte Lösungen ersetzen, die auf globalen Cloud-Plattformen wie etwa Salesforce.com laufen. Dort erhalten Anwender Zugang zu einem reichen Bestand an Geschäfts-Apps und integrierten Services. Darüber hinaus werden Unternehmen von Plattformen für Mobil-Apps profitieren, z.B. im Rahmen des Apple Mobility Partner-Programms.
„Der große Vorteil dieser Plattformen besteht darin, dass sie auch kleineren Unternehmen den Zugang zu innovativen Business-Software-Lösungen und Services eröffnen, die sich diese Unternehmen noch vor fünf Jahren nicht hätten leisten können”, sagt Klaus-Michael Vogelberg. „In gewisser Weise demokratisieren solche Cloud-Plattformen den Zugang von Unternehmen zu modernen Apps und intelligenter, skalierbarer Technologie.” Mit ihnen können Unternehmen neue Arbeitsweisen entdecken. Vogelberg: „Sie erhalten die nötige Infrastruktur, um jede Art von Daten von Partnern oder aus dem Internet der Dinge zu empfangen, zu analysieren und daraus dann nach ‚Citizen Developer'-Art etwas Neues und Produktives zu schaffen.”
Digitales Vertrauen
Last but not least sollten laut Sage alle Firmen auch sorgfältig analysieren, ob und wie sich das Thema Blockchain auf ihr aktuelles Geschäftsmodell auswirken könnte.
Insbesondere jene Branchen, die als Vermittler zwischen zwei Parteien agieren (wie etwa Rechtsanwälte, Auditoren, Notare, Immobilien- oder Finanzmakler), könnten von dieser neuen Technologie betroffen sein. Auch auf die Arbeitsweise von Buchhaltern und Rechnungsprüfern könnte sich Blockchain auswirken, denn diese Technologie würde sie wesentlich entlasten, z.B. bei der Kontrolle und dem Buchen von Transaktionen, der Überweisung von Geld oder dem Bezahlen von Rechnungen, die heute noch in den Aufga-benbereich dieser Berufsgruppen fallen.
Blockchain organisiert Transaktionen digitaler Vermögenswerte zwischen zwei Parteien in einer radikal neuen Weise. Anstatt Vermittler oder Zwischenstellen wie Banken, Notare, staatliche Behörden oder Handelsplattformen zu nutzen, um den Austausch bestimmter Vermögenswerte wie digitale Besitztümer, digitale Handelswaren, digitale Verträge oder sogar digitale Währungen wie Bitcoins zu legitimieren, erlaubt die Blockchain-Technologie Einzelpersonen die Übertragung dieser Vermögenswerte untereinander in direkter, sicherer und unabänderlicher Weise.
Als technologische Basis dienen ein dezentral verteiltes Bestandsbuch, das im Grunde eine Datenbank von Vermögenswerten ist, die von mehreren Teilnehmern geteilt wird, und Verschlüsselungs-Algorithmen. Alle Teilnehmer einer Blockchain – die so genannten Knoten (englisch: Hubs) – haben Zugriff auf das verteilt repräsentierte Bestandsbuch, das ein Inventar aller relevanten digitalen Vermögenswerte enthält. Alle Parteien innerhalb dieses Netzwerks besitzen ihre eigene identische Kopie des Bestandsbuchs. Änderungen daran werden innerhalb von Minuten oder sogar Sekunden in allen Instanzen des Bestandsbuchs nachvollzogen. Auf diese Weise ist das System transparent und schafft Vertrauen unter allen Knoten, ohne dass eine Legitimation durch eine Drittpartei erforderlich ist.
Unterm Strich
„Die gute Nachricht ist, dass wir erwarten, dass viele dieser Technologien die heute noch komplexen betriebswirtschaftlichen Prozesse für den Anwender wesentlich einfacher machen werden”, resümiert Klaus-Michael Vogelberg.
Sobald Maschinen wie Menschen zu lernen beginnen, könnten diese Abläufe sogar völlig automatisiert werden; Vogelberg: „So werden sich Unternehmer auf ihr eigentliches Geschäft konzentrieren können, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln und einen Beitrag für die Gemeinschaften leisten zu können, anstatt sich mit administrativen Aufgaben zu beschäftigen.”