INDUSTRIAL TECHNOLOGY
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Helga Krémer 03.09.2021

Österreichs Industrie im gebremsten Aufwind

Erholung der Industrie in Österreich weiter kraftvoll, doch der Schwung lässt etwas nach: Der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex kommt im August auf noch immer hervorragende 61,8 Punkte, jedoch mit dem zweiten Rückgang in Folge.

WIEN. „Die österreichische Industrie zeigt sich im laufenden Sommer 2021 weiterhin in ausgezeichneter Verfassung. Nach dem überschießenden Aufschwung in der ersten Jahreshälfte beginnt sich das Tempo der Erholung jedoch etwas zu beruhigen“, sagt UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer und ergänzt: „Der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex hat sich im August den zweiten Monat in Folge leicht verringert. Mit aktuell 61,8 Punkten zeigt der Indikator aber weiterhin ein sehr hohes Wachstumstempo an, das noch immer deutlich über jenem bisheriger Erholungsphasen der österreichischen Industrie liegt.“ Seit sechs Monaten übertrifft der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex die Marke von 60 Punkten, die seit der erstmaligen Ermittlung des Indikators vor über 23 Jahren bisher nur 2010 im Aufholprozess nach der Finanzkrise sowie in der Hochkonjunktur 2017 erreicht wurde.

Der Rückgang des UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex in den vergangenen zwei Monaten vom Allzeithoch von 67 Punkten ist der nachlassenden Unterstützung durch die internationale Konjunktur sowie erneuten Problemen in den Lieferketten geschuldet. „Die Produktionsausweitung in der heimischen Industrie hat sich im August verlangsamt. Der zusätzliche Bedarf an Vormaterialien nahm folglich ab, was die hohe Kostendynamik der Vormonate etwas einbremste. Dennoch wurde der Personalaufbau beschleunigt vorangetrieben, denn der verstärkte Anstieg der Auftragsrückstände und die spürbare Abnahme der Bestände in den Verkaufslagern weisen auf die Notwendigkeit der weiteren Erhöhung der Betriebskapazitäten zur Deckung der Nachfrage hin“, fasst Bruckbauer die Ergebnisse der aktuellen Umfrage zusammen.


Exportnachfrage verliert deutlich an Schwung, Lieferprobleme beeinträchtigen Produktion
Die heimische Industrie erhöht Monat für Monat stark ihre Produktionsleistung. Im August hat sich jedoch den dritten Monat in Folge die Ausweitung des Outputs reduziert. Der Produktionsindex sank auf 56 Punkte. „Die Verlangsamung der Produktionsausweitung der heimischen Industrie im August ist zum einen eine Folge des Rückgangs des Neugeschäfts, insbesondere die Nachfrage aus dem Ausland hat stark an Dynamik verloren. Das Wachstum war diesen Monat deutlich geringer als während des vergangenen halben Jahres“, sagt Unicredit-Ökonom Walter Pudschedl und ergänzt: „Zum anderen beeinträchtigten Probleme in den globalen Lieferketten die Produktion und die Bedienung der Nachfrage, worauf die gleichzeitige Beschleunigung des Anstiegs der Auftragsrückstände der heimischen Industriebetriebe hinweist.“

Der Index der Auftragsrückstände kletterte auf 64,8 Punkte und macht deutlich, dass aktuell die Verlangsamung der Produktionsausweitung vorrangig auf das Konto von Lieferproblemen gehen dürfte und nicht auf die schwächere Auftragsdynamik. Dazu passt ins Bild, dass die Lieferfristen der Zulieferer neuerlich stark gestiegen sind. Wenn auch der Anstieg der Lieferzeiten im August den dritten Monat in Folge geringfügig abgenommen hat, ist der niedrige Indexwert von 20,3 Punkten ein eindeutiger Gradmesser für die bestehenden Lieferprobleme in der österreichischen Industrie.

Preisdynamik am Höhepunkt?
Die Lieferverzögerungen verursachten im August nicht nur Beeinträchtigungen in der Produktion, sondern führten in Kombination mit der steigenden Nachfrage zu einer weiteren starken Erhöhung der Kosten im Einkauf. „Im August waren die heimischen Betriebe einmal mehr vor allem aufgrund bestehender Vereinbarungen nicht in der Lage den starken Kostenanstieg bei Vormaterialien und Rohstoffen in vollem Umfang an die Kunden weiterzugeben, so dass sich im Durchschnitt die Ertragslage verschlechterte. Allerdings sorgte die starke Nachfrage in den vergangenen Monaten tendenziell für eine Stärkung der Preissetzungsmacht“, so Pudschedl und ergänzt: „Der Aufschwung der Industrie wird durch den Preisauftrieb der vergangenen Monate belastet. Der nunmehr einsetzende leichte Rückgang des Kostenauftriebs bei nachlassender Nachfragedynamik sind Anzeichen, dass der Inflationsdruck jedoch seinen Höhepunkt bereits erreicht haben könnte.“

Allerdings dürften die Lieferprobleme aus Asien noch einige Monate anhalten, so dass der Auftrieb der Preise nicht allzu rasch an Kraft verlieren dürfte.

Mehr neue Jobs
Seit Beginn des Jahres sorgt die Erholung für einen Anstieg der Beschäftigung in der heimischen Industrie. Im August hat sich der Jobaufbau sogar erneut beschleunigt. Mit 62,6 Punkten erreichte der Beschäftigtenindex den zweithöchsten Wert der laufenden Erholung.

„Die kräftige Erholung der heimischen Industrie hat den Bedarf an Arbeitskräften in den vergangenen Monaten stetig erhöht. Der Facharbeitermangel hat sich über den Sommer verschärft. Auf eine offene Stelle in der Industrie kommen in Österreich mittlerweile rechnerisch nur 1,9 Arbeitssuchende. Besonders knapp sind Arbeitskräfte in Westösterreich. In Salzburg gibt es aktuell in der Sachgüterindustrie sogar mehr offene Stellen als Arbeitssuchende“, meint Pudschedl.

Industriekonjunktur verliert etwas an Tempo, doch mittelfristige Aussichten sogar leicht verbessert
Wenn auch die Industriekonjunktur durch eine nachlassende Nachfragedynamik aus dem Ausland sowie den durch die Ausbreitung neuer Virusvarianten wieder akut etwas gestiegenen Verzögerungen in den globalen Lieferketten beeinträchtigt wird, profitiert die heimische Industrie andererseits von der derzeit relativ günstigen Infektionslage mit nur geringen Beschränkungen. Damit hat der Aufschwung von den exportorientierten Branchen auf die konsumnahen Bereiche der Industrie übergegriffen und eine kräftige Erholung auf breiter Basis in Gang gesetzt.

„Für die kommenden Monate kann von einer recht stabilen Fortsetzung des Industrieaufschwungs ausgegangen werden. Das unterstreicht das Auftrags-Lager-Indexverhältnis, das bei nur leichtem Rückgang anzeigt, dass die Bestände in den Verkaufslagern nicht ausreichen, um die Auftragseingänge ohne eine weitere Steigerung der Produktionsleistung zu bewältigen“, meint Bruckbauer. Zudem werden die Geschäftsaussichten auf Jahressicht von den heimischen Betrieben wieder etwas optimistischer eingeschätzt. Der entsprechende Index ist im August auf 67,0 Punkte gestiegen. (hk)

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