INDUSTRIAL TECHNOLOGY
© Rupert Fertinger

Paul Christian Jezek 01.10.2020

Tiroler Industriekonjunktur zwischen Hoffen und Bangen

Die Produktion steigt, die Preise stagnieren.

INNSBRUCK. Der von Corona ausgelöste Abwärtstrend betrifft eine Vielzahl von Unternehmen: 60 Prozent der Befragten bei der aktuellen IV-Tirol Konjunkturumfrage zeichnen die gegenwärtige Geschäftslage als „schlecht“. Mit dem Auftragsbestand sind nur 23 Prozent zufrieden; 58 Prozent allerdings bezeichnen die Ist-Situation als schlecht.

Ernst ist die Lage an der Export-Front: Mit 19 Prozent „guten“ und 17 Prozent „durchschnittlichen“ Beurteilungen herrscht bei den Auslandsaufträgen eine flaue Stimmung. 64 Prozent befürchten einen Absturz – im letzten Quartal waren dies lediglich 15 Prozent. Der Geschäftsklimaindex ist nach dem absoluten Tiefpunkt im ersten Quartal leicht auf 17 angestiegen.

Kurzarbeit verlängern
Der Beschäftigtenstand wird bei 84 Prozent der befragten Unternehmen unverändert bleiben. Zwei Prozent haben gemeldet, dass sie neue Mitarbeiter einstellen können. 14 Prozent rechnen mit sinkendem Personalstand.

IV-Tirol-Geschäftsführer Eugen Stark zu den notwendigen Maßnahmen: „Die von der Bundesregierung bereits angekündigte Entlastung und die investitionsfördernden Maßnahmen sind absolut notwendig und richtig. Es sind auch weiterhin wirksame Instrumente nötig, die Arbeitsplätze sichern. Konkret brauchen die Unternehmen eine Kurzarbeitsregelung auch ab Oktober, die praxistauglich und möglichst unbürokratisch ist sowie Qualifizierungselemente stärkt.“

Mit steigender Produktionstätigkeit rechnen in den nächsten drei Monaten 41 Prozent der befragten Unternehmen. 58 Prozent er befragten Tiroler Industrieunternehmen gehen von einer gleichbleibenden Lage aus. Nur ein Prozent erwartet eine geringere Produktion im 3. Quartal 2020. Der Druck auf die Verkaufspreise hat sich weiter verstärkt. Alle Befragten müssen ihre Verkaufspreise „etwa gleich“ belassen und können kaum Preiserhöhungen bei ihren Kunden durchzusetzen.

Die Auswirkungen der Coronakrise werden mit 3,36 (Notenskala 1 bis 5) sehr gravierend eingeschätzt. Die Auslastung der Produktion in den nächsten vier Wochen liegt im Durchschnitt aller Betriebe bei nur rund 70 Prozent. Der Umsatzrückgang durch die Coronakrise wird mit rund 30 Prozent eingeschätzt. Bis zum Jahresende rechnen die über 100 an der Befragung teilnehmenden Betriebe mit der Reduktion der Beschäftigten von elf Prozent. Das soll sich aber nicht auf die Lehrlinge durchgeschlagen. Hier wird die Entwicklung gleichbleibend gesehen. Als größte Probleme werden die Auftragslage, die Verfügbarkeit von Vorprodukten und Dienstleistungen und die Bewegungseinschränkungen der Mitarbeiter gesehen.

Zukunftsinvestitionen fördern
Die Tiroler Industrieunternehmen sprechen sich für möglichst einfache und schnelle Behördenverfahren, Digitalisierung der Verwaltung, Deregulierung und Förderung bei Zukunftsinvestitionen aus. Sie lehnen neue Belastungen generell ab und erwarten sich Förderungen in Bereichen, die in Zukunft für die Unternehmen von besonderer Relevanz sein werden. Hier ist es vor allem die Digitalisierung, bei der die Unternehmen große Veränderungen erwarten. Mehr als die Hälfte der Befragten sehen auch gravierende Änderungen im Bereich der Hygienemaßnahmen in ihrem Betrieb. Die Absicherung der Lieferketten wird als zentrale Zukunftsaufgabe gesehen.

Die Wirtschaftsvertreter sind überzeugt, dass nur Investitionen in leistungsfähige Betriebe langfristig positive Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort haben können. Es müsse daher jetzt alles unternommen werden, um Industriearbeitsplätze im Land zu halten, aber nichts, was Unternehmen in ihrer Entwicklung hemmt. (pj)

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL