WIEN. Bürger erwarten zunehmend, ihre Behördengänge digital und unbürokratisch erledigen zu können. Egal ob digitale Amtswege, die Umsetzung des Klimabonus oder Online-Lehrveranstaltungen – Cloud Computing kann die digitale Transformation des öffentlichen Sektors maßgeblich unterstützen. In Österreich ist der öffentliche Sektor mit dem Einsatz der Cloud allerdings größtenteils noch zurückhaltend, da langwierige Beschaffungsprozesse, fehlende Kompetenz mit Cloud-Technologien und datenschutzrechtliche Fragestellungen Herausforderungen darstellen. Es gibt aber auch schon Bestrebungen, die Vorteile der Cloud stärker zu nutzen und moderne, sichere und agile IT-Infrastrukturen für Bürger bereitzustellen.
PwC Österreich und Amazon Web Services (AWS) haben in der Studie „Perspektiven zur Cloudnutzung im öffentlichen Sektor" die Chancen und Herausforderungen von Cloud Computing in Österreich untersucht. Für die Studie wurden Expert aus österreichischen Ministerien, dem Bildungs- sowie Gesundheitswesen und öffentlichen Unternehmen interviewt. Basierend auf den Interviews kommt die Studie zu dem Schluss: Cloud Computing ist für die digitale Transformation des öffentlichen Sektors entscheidend.
„Für die digitale Transformation in der Gesellschaft sind Cloud-Technologien nicht nur ein wichtiger Katalysator, sondern eine Grundvoraussetzung. Sie haben das Potenzial, den öffentlichen Sektor in Österreich völlig zu transformieren und können sich positiv auf das Wirtschaftswachstum auswirken“, sagt Andreas Hladky, Partner und Health Care Lead bei PwC Österreich.
Ohne Cloud-Computing keine digitale Transformation in Österreich
Einigkeit unter den Experten herrscht hinsichtlich der Relevanz und den Vorteilen von Cloud Computing für die digitale Transformation. Cloud Computing eröffnet durch die virtuelle Bereitstellung von IT-Komponenten flexible Nutzungsmöglichkeiten. Verschiedene Nutzer können gleichzeitig genau die Dienste und Ressourcen abrufen, die sie benötigen. „Dieser Vorteil wurde insbesondere während der COVID-19-Pandemie deutlich. Speziell der Bildungsbereich konnte entsprechende Präsenzveranstaltungen in Form von virtuellen Vorlesungen nutzen und den Bildungsbetrieb somit beinahe nahtlos aufrechterhalten“, erklärt Digitalisierungsexperte Andreas Hladky.
Weiters ermöglicht Cloud Computing die Bewältigung großer Datenmengen sowie eine sichere Datenverwaltung, bietet Kostenvorteile und verbessert die effiziente behördenübergreifende Zusammenarbeit. „Der öffentliche Sektor muss Cloud Computing allerdings noch stärker nutzen, um innovative, bürgernahe Dienste bereitstellen zu können. Dies erfordert eine Fokussierung auf flexible und skalierbare Cloud-Lösungen“, so Hladky.
Wichtigste Herausforderungen: Beschaffungsprozesse und mangelnde Cloud-Kompetenz
Die Beschaffung von Cloud-Lösungen gestaltet sich laut den Befragten schwierig. So beschreiben die Expert den Beschaffungsprozess in Form von Ausschreibungen als oftmals aufwendig und langwierig. Ihren Angaben zufolge würden kommerzielle Cloudbereitstellungsmodelle nicht zu den bisherigen Einkaufslogiken des Bundes passen. Dennoch würde der Bund an innovativeren Beschaffungsformen aktiv arbeiten. Auch sind neue Beschaffungsmodelle über Marktplätze wie GovMarket bereits vorhanden.
Einige Experten betonen, dass der öffentliche Sektor nicht nur aus technischen Gründen zögert, Cloud-Services zu nutzen, sondern auch aufgrund mangelnder Cloud-Kompetenz. Insbesondere die Cloud-Migration – also die Verlagerung von Rechenressourcen in die Cloud – sei ohne externe Expertise kaum zu bewältigen. „Noch mangelt es an der notwendigen Expertise, um die Möglichkeiten von Cloud Computing voll ausschöpfen zu können. Deshalb ist eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Cloudanbietern und öffentlichen Einrichtungen – insbesondere bei europäischen Cloudinitiativen wie Gaia-X – erforderlich, um verbindliche Datenstandards festzulegen, den öffentlichen Sektor beim Wissensaufbau und somit auch bei der digitalen Transformation zu unterstützen“, sagt Andreas Hladky.
Vorzeigebeispiel Klimabonus: Unbürokratische Abwicklung nur mittels Cloud Computing möglich
Behörden müssen den Bürgenr heutzutage einen nahtlosen und unkomplizierten Service bieten und hierfür übergreifend miteinander zusammenarbeiten – darüber sind sich viele der befragten Experten einig. Hierfür ist Cloud Computing entscheidend, um rasche und barrierefreie Lösungen für Bürger bereitstellen zu können.
Wie eine effiziente und unbürokratische öffentliche Bürgerverwaltung aussehen kann, zeigte die österreichweite Umsetzung des Klimabonus. Um die notwendigen Daten für die Auszahlung zu erhalten und DSGVO-konform abzuwickeln, kooperierten mehrere Ministerien und Behörden miteinander. „Zu diesem Zweck war ein effizientes behördenübergreifendes Projekt- und Programmmanagement in einem völlig neuen Umfang notwendig – Cloud Computing spielte für die erfolgreiche Umsetzung eine unentbehrliche Rolle“, so PwC-Experte Hladky.
Über die Studie
Die vorliegende Studie wurde im Rahmen einer qualitativen Forschungstätigkeit durchgeführt und verfolgt keinen quantitativen und somit repräsentativen Anspruch. Die Studienergebnisse basieren auf Interviews, die mit elf Expert durchgeführt wurden. Die Teilnehmenden sind in österreichischen Ministerien, dem Bildungs- sowie Gesundheitswesen und in öffentlichen Unternehmen tätig und es wurden jeweils zwei bis drei Personen befragt, die in einem dieser Bereiche tätig sind. Für jeden öffentlichen Sektor, die für diese Studienerhebung relevant ist, wurden jeweils zwei bis drei Personen befragt.
Die Interviews wurden im Zeitraum von September bis November 2022 durchgeführt und die durchschnittliche Länge der Interviews betrug ca. 60 Minuten. Die gesamte Studie finden Sie hier.