MARKETING & MEDIA
sabine bretschneider 19.01.2018

Das Unbehagen in der Netzökonomie

Wer das Entstehen monopolistischer Strukturen begünstigt, lebt und wirtschaftet mit den Folgen.

Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider

 

IMMER WIEDER. Keine Diskussion zum Status quo der Netzökonomie kommt derzeit ohne die Begriffe Monopolstellung und Meinungsmacht aus. Aktuell löst Facebook mit einer Änderung im Newsfeed Aufregung bei den ‚klassischen' Medien aus (siehe Bericht auf Seite 16ff.).

Es rächt sich, dass wir zwar österreichweit bzw. EU-weit seit jeher auf den Schutz des Wettbewerbs achten, globale Quasi-Monopole aber nicht nur die längste Zeit außer Acht gelassen haben, sondern auch noch mit aller Vehemenz auf diesen Zug aufgesprungen sind. Mag sein, dass unschlagbare Usability und unbestreitbarer Nutzen zum Erfolg der großen US-Internetkonzerne beigetragen haben, aber dass keinerlei spürbare Anstrengung unternommen wurde, alternative Networks aufzuziehen, ist doch … zumindest schade. Apples iPhone war eine Zeit lang unleugbarer Smartphone-Sieger aller Klassen, nach einiger Zeit und einigen Turbulenzen konnten dennoch Mitbewerber gleichziehen.
Wer den Fehler gemacht hat, Facebook als mehr oder weniger alleinige Distributionsform seines Contents zu betrachten, muss damit leben, dass jegliche Veränderung der Algorithmen das eigene Geschäftsmodell auf den Kopf stellt.
Dass die EU-Kommission in gewohnt träger Manier harte finanzielle Sanktionen in den Raum stellt und teilweise auch durchsetzt, ändert wenig am zugrundeliegenden Problem: Längst sind es nicht mehr nur Geschäftsinteressen und Konsumverhalten, die von einigen wenigen gesteuert werden können, sondern auch die innersten Strukturen von Gesellschaft und Politik. „Wir haben es mit Technologien zu tun, die unsere Lebensrealität bis in den tiefsten Kern des humanistischen Menschenbilds verändern”, schrieb die Schriftstellerin Juli Zeh vor einigen Jahren in einem offenen Brief in der Zeit an die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Was Appelle an Vernunft, Ethik, Demokratiebewusstsein und staatliche Aufsicht nicht erreichen, könnte sich durch das Auftreten gravierender ökonomischer Nebenwirkungen beschleunigen.

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