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© Gewista/Andreas Tischler

Dinko Fejzuli 10.03.2017

Der neue Kapitän auf der MS Gewista

Seit Jahresbeginn ist Franz Solta neuer CEO der Gewista; medianet sprach mit ihm über seine neue Aufgabe.

••• Von Dinko Fejzuli

Seit dem 1. Jänner lenkt der vormalige Infoscreen-Geschäftsführer Franz Solta die Geschicke des heimischen Außenwerbers Gewista.

Mit Jahresanfang übernahm er damit von seinem Vorgänger Karl Javurek, der das Unternehmen über 20 Jahre überaus erfolgreich führte, ein mehr als wohl bestelltes Haus. Vor allem in den letzen Jahren vermochte es Karl Javurek mit vielen Innovationen und klugen, in die Zukunft gerichteten Schritten, die Gewista gut nach vorn zu entwickeln.
Nun führt mit Franz Solta ­jemand das Haus, der als bisheriger Infoscreen-Geschäftsführer von einem Tochterunternehmen kommt, das sich vor allem das Thema ­digitaler Content auf die Fahnen geschrieben hat, was mit Blick auf die weitere Entwicklung der Gewista bei der Wahl des neuen CEO vermutlich kein Zufall war.
Trotzdem ist und bleibe das Unternehmen als Gewista „vor allem ein klassischer Außenwerber”, aber, so der neue CEO Solta, eben mit etlichen wendigen Beibooten, um neue Felder gut erkunden und besetzen zu können. medianet traf ihn zu seinem allerersten Antrittsinterview in der Branche.


medianet:
Herr Solta, Sie sind seit gut zwei Monaten der neue Gewista-CEO. Womit haben Sie Ihren Eigentümer überzeugt, der richtige Mann für diese ­Position zu sein?
Franz Solta: Diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten, aber es ist vermutlich schon so, dass ich mit Infoscreen eine neue Mediengattung entwickelt habe, die damals, als ich sie übernommen habe, ein – wie man heute sagen würde – Start-up war und nun sicherlich wegweisende Dinge macht, die für die Zukunft der Außenwerbung nicht unerheblich sein werden.

medianet:
Sie haben sich also mit Infoscreen empfohlen?
Solta: Ich habe mich hier nicht mit Infoscreen beworben, aber natürlich ist Infoscreen mein Track-Record im Konzern. Die vielen Bereiche, die ich bei Infoscreen entwickelt habe – ob IT, Personal, Sales-Kennzahlen, das Führungsthema, Skillmanagement, Performancemanagement, Dashboards –, waren natürlich auch Themen bei den Hearings und wurden relativ genau abgefragt vom Headhunter. So denke ich also, dass Infoscreen sicher förderlich war. Die Summe dessen, weshalb man mich aber letztendlich ausgesucht hat, kann nicht ich definieren, da müsste man den Eigentümer fragen. Ich gebe auch gern zu, dass ich natürlich überrascht war, so weit gekommen und am Ende auch genommen worden zu sein.

medianet:
Was war Ihre Motivation, sich zu bewerben?
Solta: Wenn man sich bewirbt, hat man ja oft das Problem, in der exakt betreffenden Position noch nicht gearbeitet zu haben und damit oft auch ein Glaubwürdigkeitsproblem. Jetzt komme ich nachweislich aus der Out-of-Home-Branche und da nochmals aus einer digitalen Ecke, die man als Zukunft bezeichnet – und so waren die Karten ganz gut, eben kein Quereinsteiger zu sein, sondern quasi ein bisschen aus der Zukunft zu kommen. Dabei muss ich aber zugeben, dass ich aus meiner ­Position als Infoscreen-Geschäftsführer die Gewista natürlich lange nicht so gut gekannt habe, wie ich sie in den letzten zwei Monaten in all ihren Facetten kennenlernen konnte.

medianet:
Trotzdem kannten Sie das Unternehmen auch schon vorher ganz gut …
Solta: Natürlich, aber als Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft hat man immer einen bestimmten Ausschnitt, den man sieht, nämlich sein eigenes Geschäftsfeld, und jetzt als Gewista-CEO sehe ich das Big Picture, das sich aus einzelnen Mosaiksteinen zusammensetzt. Das ist natürlich ein sehr vielfältiges Bild bei der Gewista, weil wir hier unheimlich viele Bereiche und viele Spezialisten haben. Und das macht auch die Spannung dieses Jobs aus, nämlich aus diesen diversen Dingen Neues zu entwickeln und das enorme Potenzial der Gewista weiter zu treiben.

medianet:
Worin sehen Sie, all die Units im Blick, Ihre Aufgabe?
Solta: Ich sehe es hier als meine Aufgabe, dieses große Orchester noch mehr miteinander zu vernetzen und Synergien zu ziehen und letztlich Dinge zu entwickeln, die Dynamik erzeugen, um uns nach vorn zu bringen und uns vom Mitbewerber zu unterscheiden, am Markt zu ­differenzieren.

medianet:
Wo vor allem sollen diese neuen Dynamiken ent­wickelt werden?
Solta: Dieses Thema sehe ich, auch als jemand, der länger selbstständig war, natürlich aus der wirtschaftlichen Perspektive. Die Gewista ist ein Unternehmen, das großartig aufgestellt ist, weil es mehrere stabile Standbeine, aber auch mehrere Spielbeine hat, die Bewegungsfreiheit haben, Gedankenfreiheit bringen, um Neues zu entwickeln. Natürlich muss man bedacht vorgehen, weil es nicht nur eine Frage der Ideen, sondern der Ressourcen ist, die man dafür benötigt.

Deshalb wollen wir hier behutsam, aber mit sehr viel Freude und Innovationsgeist vorgehen. Und so lange man durch die Möglichkeit etwa der Digitalisierung oder des Public Value noch viel Neues entwickeln könnte, wird die Gewista nicht nur ein Wirtschaftsunternehmen, sondern eines mit Nutzen für die Menschen im öffentlichen Raum sein.
Gleich, ob es die wundervollen, von Otto Wagner-Schülern entworfenen Wartehäuschen waren, die den Menschen Schutz boten, das Citybike-System, um die Stadt leicht zu erkunden, Infoscreen als Public Value-Element für Fahrgäste oder die Defibrillatoren, die tatsächlich Leben retten können.


medianet:
Hier kann man also noch sehr viel entwickeln?
Solta: Absolut, weil die Gewista als Mutterschiff die Souveränität, Sicherheit und Kompetenz ausstrahlt und die Töchter als schnelle Beiboote ganz anders agieren und hier Neues angehen können.

 

medianet: Eine Frage noch zu den Defibrillatoren, die ja mit dem Tätigkeitsfeld der Gewista an sich nicht unbedingt viel zu tun haben …
Solta: Stimmt. Aber hier wollten wir eben für die Stadt, die Kommune einen Nutzen stiften, auch mit der Infrastruktur als Ausstatter des öffentlichen Raums, die uns zur Verfügung steht.

medianet:
Und wo zahlen Initiativen wie die Defi-Stationen in den Wirtschaftsbetrieb Gewista ein?
Solta: Wir generieren dort auch Einnahmen über die Werbeflächen an den Stationen, aber selbstverständlich ist es in erster Linie ein Statement hinsichtlich der Verantwortung als Unternehmen im öffentlichen Raum der Gesellschaft gegenüber, um Public Value zu schaffen und auch die Sinnhaftigkeit und Akzeptanz von Werbung im öffentlichen Raum zu steigern.

medianet:
Die Gewista hat auch eine eigene Unit, wo sie im Bezug auf formatsprengende Werbe­ideen Kunden beratend zur Seite steht. Werden Sie diesen Bereich weiter forcieren?
Solta: Grundsätzlich ist dieses Thema wichtig, auch weil es eine Art Innovation Lab im eigenen Unternehmen ist. Aber gleichzeitig ist es auch ein Bereich, den wir nicht unbedingt weiterentwickeln werden, weil er nicht skalierbar ist. Denn: Jede Idee – mit all ihrer Vorarbeit und dem Aufwand, etwa um eine Busstation in ein Espresso umzubauen – ist immer nur einmal verwendbar.

Solche Dinge sind eher dazu da, um sie dann virtuell zu verbreiten. Unser Fokus liegt aber nicht auf dem Virtuellen oder auf Dingen wie Programmatic, sondern auf dem Handwerk und dem Können unserer Mitarbeiter.
So haben wir in den neuen Screens in Salzburg mittlerweile einen USB-Steckplatz zum Handy­aufladen, einen Free WLAN-Spot und ganz tolle Touchscreens aufgebaut. Und zwar buchstäblich über Nacht bei 15 Grad Minus.


medianet: Bleiben wir kurz beim von Ihnen erwähnen Thema Programmatic Advertising. Wo sieht Franz Solta die Position eines traditionsreichen Unternehmens wie der Gewista in einer Werbewelt, in der, wie es scheint, mehr und mehr die Maschine die Werbeplanung übernimmt?
Solta: Außenwerbung per se ist da. Man entkommt ihr nicht – und ist sie gut gemacht, hat sie auch den Wow-Effekt. Punkt. Trotzdem muss man sich bewegen. Das haben wir auch getan, wie man auch an den vielen neuen Produkten, die wir haben, sehen kann. Aber auch bei der traditionellen Plakatfläche haben wir rückgebaut, noch mehr auf Qualität gesetzt unter dem Motto ‚Klasse statt Masse'. Auch deshalb ist Außenwerbung per se ein grundsympathisches Medium, weil es hohes Involvement und Engagement erzeugen kann.

Und was den Begriff ‚Programmatic' betrifft: Sie wissen vielleicht, dass dieser vom FMP im vergangenen Jahr zum Unwort des Jahres gewählt wurde. Ich habe da auch mit- und zugestimmt, weil es unheimlich viele Verwechslungen bei diesem ­Thema gibt.


medianet:
Was ist es für Sie?
Solta: Für mich ist Programmatic Buying ein rein software­gestütztes Einkaufen. Ich habe einen Zugang zum Inventar.

 

medianet: Das werden Media-agenturen anders sehen, denn auch eine Software braucht Menschen dahinter, die sie ­lenken.
Solta: Ich habe das auch so mit den Mediaagenturen diskutiert, denn es geht am Ende natürlich darum, Convenience zu schaffen für Agenturen und Kunden, um softwaregestützt inventarisierte Ware einzukaufen. Daneben gibt es ja noch Real Time Advertising, um Menschen in Echtzeit zu erreichen und Real Time Bidding, wo man ein Auktionsverfahren hat. Alles Dinge der Online-Sprache. Hier weiß ich natürlich viel über die User, aber ganz ehrlich: Ich habe mir mal mein Profil bei Google angesehen, und dort bin ich angeblich 37 und weiblich. Jetzt kann ich natürlich darüber nachdenken, warum das so ist, aber ich denke mir eher: Gut so – ausgebremst! (lacht).

medianet:
Aber auch die Außenwerbebranche hat immer wieder versucht, mit Passanten digital in Kontakt zu treten, etwa via Bluetooth an den ­Plakatstellen selbst.
Solta: Ja, aber in Wirklichkeit ist das leider nie etwas geworden. Aber: In Verbindung mit dem Thema Mobile gäbe es hier eventuell durchaus Möglichkeiten, wobei es immer kleinteilig, granular bleiben wird. Die Stärke der Außenwerbung hingegen generiert sich aus dem Sein.

Online ist super, aber ich weiß nicht, ob ich alles in diese Sichtweise und Mechanik bringen muss – und wenn andere sagen, dass sie jetzt passende Werbemittel quasi temperaturgesteuert ausspielen können: Das mach ich bei Infoscreen bereits seit 15 Jahren. Solche Dinge hätte ich nie als Programmatic gesehen.
Ich sage das jetzt bewusst ketzerisch: Manchmal habe ich das Gefühl, dass manche programmatisch argumentieren müssen, wenn sie ein schlechtes Inventar haben, wo alles irgendwie in einen Topf geworfen wird und dann irgendwo ausgespielt wird.


medianet:
Auch das werden die Mediaagenturen anders sehen.
Solta: Absolut. (lacht) Deshalb meinte ich auch: Ich sage das jetzt bewusst ketzerisch.

medianet:
Aber mit der OSA kann man auch Außenwerbung kontaktbasiert kaufen …
Solta: Ja, aber trotzdem sehen wir, dass die Stelle selbst immer noch wahnsinnig relevant ist und Kunden diese ganz gezielt aussuchen.

medianet:
Ist das auch die Erklärung dafür, warum für Baustellenwerbung für eine einzige Stelle Summen bezahlt werden, wo man wo anderswo schon eine ganze Plakatkampagne ­bekommen würde?
Solta: Ganz sicher, eben weil es einfach geil ist. Und abseits solcher Sonderstellen: Der TKP von Außenwerbung ist ebenfalls noch immer unschlagbar.

medianet:
Zum Schluss – was steht auf Ihrer Agenda 2017?
Solta: Nach außen geht es ganz klar darum, mit unserer Innovationskraft, unserer Präsenz und unseren Ideen am und für den Markt das Beste für unsere Kunden herauszuholen. Wir sitzen nicht zurückgelehnt da und warten, wie das Jahr wird.

Und nach innen haben wir hier ein ganz tolles Team. Sehr herzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ebenfalls ihr Bestes geben, viel handwerkliches Können, viel Know-how, spezialisiert, mit viel Wissen und mit der Bereitschaft ausgestattet, Neues zu lernen. Also eine wunderbare Kombination.

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