••• Von Georg Sander
Bereits seit 2013 ist Katharina Zeiler bei Unibail-Rodamco-Westfield beschäftigt. Nach dem Bachelor-Studium in Krems machte sie ihren Master an der Wirtschaftsuniversität Wien und an der Bocconi in Mailand. Schon während ihres Studiums dockte Zeiler bei Unibail-Rodamco, damals noch ohne Westfield, an und startete ihre Karriere in der Vermietungsabteilung der SCS und des Donau Zentrums.
Heute ist die gebürtige Waldviertlerin als Deputy Director of Leasing für die Vermietung der bestehenden Westfield Center in Deutschland und Österreich verantwortlich: Zunächst übernahm sie die Vermietung in der Shopping City Süd, 2019 ging es für ein Jahr nach Hamburg.
Internationale Erfahrung
Zwischen Düsseldorf und Hamburg pendelnd, kam sie quasi „rechtzeitig” zum Ausbruch der Coronakrise zurück nach Österreich, um das heimische Leasing-Team zu übernehmen. Im Vorjahr wurden die SCS und das Donau Zentrum zu Westfield-Destinationen, und Zeiler übernahm die stellvertretende Leitung des Leasing-Teams für die URW-Einkaufszentren in Österreich und Deutschland.
medianet hat Katharina Zeiler getroffen, um mit ihr über die Entwicklungen in Österreich und über die Grenzen hinaus zu sprechen: „Ich kümmere mich darum, dass unsere Teams die Center bestmöglich vermieten – im Einklang mit der Gesamtstrategie.” Und diese ist vor allem eines: international.
medianet: Sie haben mehrere Auslandssemester gemacht, in Deutschland gearbeitet – wie sehr hilft Ihnen das in der Zusammenarbeit mit internationalen Brands?
Katharina Zeiler: Internationale Erfahrungen sind in einem global tätigen Unternehmen wie unserem sicherlich ein Vorteil. Unibail-Rodamco-Westfield genießt in Sachen Shopping-Destinationen den Ruf als internationaler Vorreiter und Trendsetter. Wir sind bekannt dafür, neue und spannende Konzepte aus anderen Ländern zu entdecken oder selbst zu entwickeln und diese dann international auszurollen. Die moderne, internationale und aufgeschlossene Atmosphäre macht die Kultur von URW aus. Das versteht man auch besser, wenn man in anderen Ländern gelebt hat – abgesehen davon, dass die Konzernsprache Englisch ist.
medianet: Shopping Center stehen heutzutage nur bedingt für Nachhaltigkeit. Unibail-Rodamco-Westfield hat sich mit der „Better Places 2030”-Agenda der Sustainability verschrieben. Was sind die Eckpunkte?
Zeiler: Die Better Places-Agenda ist unsere Antwort auf den Megatrend ESG – Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung. Wir haben diese Themen jedoch nicht erst seit gestern, sondern bereits seit einigen Jahren ganz oben auf der Agenda. Unsere Maßnahmen in dem Bereich sind vielfältig und reichen von riesigen Photovoltaikanlagen auf den Dächern von SCS und Donau Zentrum bis hin zu vielfältigen sozialen Initiativen. Wir haben aber auch eine Verantwortung dem Stadtteil oder der Region, in der wir uns befinden, gegenüber. Unsere Center sind Arbeitsplatz, Nahversorger und sozialer Treffpunkt in einem, deshalb überlegen wir uns: Wie agieren wir, wie interagieren wir? Das ist der soziale Aspekt von Nachhaltigkeit, die ja in jeder ESG-Strategie auch enthalten sein muss. Darüber hinaus schulen wir unsere Mitarbeiter, wie sie in ihrer täglichen Arbeit und in ihrer speziellen Sparte nachhaltiger agieren können.
medianet: Wie geht das im Leasing?
Zeiler: Wir überlegen beispielsweise ganz stark, wie Ressourcen wiederverwendet werden können. Wenn ein Mieter auszieht, überlegen wir uns, welche Elemente wiederverwendet werden können, wie etwa eine völlig funktionstüchtige Klimaanlage. Darüber hinaus wollen wir auch explizit nachhaltige Konzepte an Land ziehen. Das können Secondhand-Fashion-Stores wie Humana oder Motte-Motte sein oder auch der Sozialmarkt, den wir mit dem Samariterbund im Donau Zentrum haben. Das ist ein in Europa einzigartiges Konzept und bringt Menschen mit geringem Einkommen in Zeiten wie diesen einen großen Mehrwert. So hat jede Abteilung ihre eigenen Nachhaltigkeits- bzw. ESG-Ziele – vom Personalmanagement bis zum Finance-Bereich bis hin zur Rechtsabteilung.
medianet: Man könnte an einer Verkaufsfläche, in der ein Sozialmarkt ist, anders mehr verdienen.
Zeiler: Ja, schon, aber wir sind im Unternehmen fest davon überzeugt, dass sich Nachhaltigkeit und langfristig erfolgreiches Wirtschaften nicht ausschließen. Es wird sogar umgekehrt sein: Ohne Nachhaltigkeit wird es nicht mehr gehen. Die Welt entwickelt sich anders, Investoren und Banken denken anders. Wer sich da nicht engagiert, wird gesellschaftlich nicht sonderlich gut anerkannt sein und auch möglicherweise nicht mehr die benötigten finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt bekommen.
medianet: Es ist Ende 2022 – wie weit sind Sie mit der Agenda in der SCS und im Donau Zentrum?
Zeiler: Aus Sicht der Vermietung sind wir auf einem sehr guten Weg. Wir scouten laufend nachhaltige Konzepte und holen diese auch in die Center. Darüber hinaus haben wir in unseren Verträgen gewisse Green-Lease-Elemente, das sind nachhaltigkeitsbezogene Vereinbarungen, die beispielsweise die Beziehung von Ökostrom und die Nutzung von LED-Beleuchtung regeln. Das heißt aber nicht, dass alles schon zu Ende gedacht ist. Einkaufszentren leben vom Zusammenspiel zwischen Betreibern und Mietern. Man muss die Mieter ins Boot holen und mit ihnen gemeinsam Strategien entwickeln, wie sie nachhaltiger werden können. Man muss miteinander arbeiten und so nachhaltig wie möglich werden, da können wir auch im Leasing viel bewegen.
Es gibt international bereits tolle Beispiele. Peek & Cloppenburg wird etwa in Berlin ein innovatives, auf Nachhaltigkeit fokussiertes Konzept eröffnen. Auch H&M sammelt bereits in einigen Stores alte Kleidung und versucht, dieser zu einem zweiten Leben zu verhelfen. Jetzt sind das Pilotprojekte, aber es wird Standard werden – und genau diese Pionierkonzepte namhafter Brands wollen wir als erster nach Österreich holen.
medianet: Welche Trends beobachten Sie aktuell darüber hinausgehend?
Zeiler: Der zentrale Trend lässt sich mit dem Begriff Shopping Experience zusammenfassen. Die Menschen haben spätestens mit der Pandemie und den Lockdowns gelernt, dass man viele Produkte online bestellen kann, aber jetzt merken wir wieder ganz stark das Bedürfnis, im stationären Handel einzukaufen. Dies belegt übrigens auch unsere kürzlich veröffentlichte Weihnachtsstudie. Die Menschen wollen in den Geschäften sein, Dinge ausprobieren und anfassen, sich beraten lassen und eine gute Zeit verbringen. Das ist auch bei den Retailern angekommen: Flagship-Stores so wie wir sie in der SCS und im DZ haben, ermöglichen ein Erlebnis, das man online nicht abbilden kann.
medianet: Was ist darüber hinaus wichtig?
Zeiler: Entertainment, Gastronomie und Freizeitgestaltung gewinnen laufend an Bedeutung. Das kann man online weitgehend nicht darstellen. Die Besucher wollen wieder mehr Zeit mit Freunden, Familie, etc. verbringen und etwas erleben. Da spielen neben dem Kino und dem Essen auch andere Konzepte zunehmend eine Rolle. In der SCS haben wir beispielsweise mit Zero Latency ein in Österreich einzigartiges, völlig neues Virtual Reality Gaming-Angebot, das mit viel Begeisterung angenommen wird.
medianet: Das heißt, das gesamte Einkaufen soll ein Erlebnis sein?
Zeiler: Es geht darum, dass die Menschen mehrere Stunden hier verbringen, weil sie nicht nur eine breite Auswahl an Marken und Shops vorfinden, sondern eine außergewöhnliche Gastronomie und einzigartige Freizeit-erlebnisse. Im Sommer ist das in der SCS zum Beispiel mit der CityWave und dem Konzertangebot auf den Multiplex-Terrassen der Fall.
medianet: Wie kann das Leasing das beeinflussen?
Zeiler: Man muss sich in die Kunden hineinversetzen und sich überlegen, was sie noch erwarten. Genau das müssen wir in der Vermietung bestmöglich umsetzen – und das ist am Ende des Tages die Herausforderung. Im nächsten Schritt geht es darum, die Kunden über zielgerichtete Angebote zu informieren. Als Einkaufszentrum ist das ein einfacheres Unterfangen im Vergleich zu einer Einkaufsstraße mit vielen unterschiedlichen Objekteigentümern.
medianet: Welche Kompetenzen hat man in der SCS und im Donau Zentrum, um die Menschen in die Zentren zu holen?
Zeiler: Die Standorte ergänzen sich. In der SCS haben wir genug Platz für die gefragten Flagship-Konzepte. Es gibt quasi keine Brand, die nicht in diesem Format vertreten ist – sei es Zara, H&M, Peek & Cloppenburg, Humanic oder der neue MediaMarkt. Da ist die SCS schon einzigartig. Das Donau Zentrum hat wiederum den Vorteil, dass man extrem gut in die Stadt bzw. den Bezirk eingebunden ist, der durch die diversen Neubauten immer größer wird. Beide Standorte haben sich während Covid sehr resilient gezeigt – die SCS, weil sie praktisch und günstig Individualverkehr zulässt, das DZ wiederum durch seine extrem einfache Erreichbarkeit
medianet: Es braucht also die richtigen Stores dort, wo es sich die Menschen erwarten.
Zeiler: Ja – und man muss den Kunden proaktiv ansprechen. Sie wollen das Gefühl haben, am Puls der Zeit zu sein und immer neue Trends und Konzepte präsentiert zu bekommen. Innovation, gepaart mit Schnelligkeit und einem umfassenden Qualitätsversprechen, sind hier die Erfolgsfaktoren.
medianet: Die Menschen wollen shoppen und tun es also. Allerdings wirken sich die Disruptionen des Jahres 2022 auch anders aus – es gibt beispielsweise Lieferkettenprobleme.
Zeiler: Die Preissteigerungen gibt es natürlich, aber sie wirken sich nicht unbedingt negativ auf die Umsätze aus. Im Gegenteil – man bemerkt, dass viele Konzepte gut mit den makroökonomischen Herausforderungen umgehen können und die Kunden für ihr Angebot begeistern können. Es zeigt sich allerdings auch, dass jene, die bereits vor Covid vor großen Herausforderungen standen, mit den diversen Krisen weniger gut zurechtkommen. Was bezüglich Lieferketten hilft, ist, viele markeneigene Stores im Center zu haben, da diese in der Belieferung oft priorisiert werden.
medianet: Welche neuen Brands gibt es nun beispielsweise ab dem Weihnachtsgeschäft?
Zeiler: Wir haben neue Nike-Stores, ganz neue Gastrokonzepte unter anderem mit neapolitanischer Pizza an beiden Standorten. Dazu kommt das VR-Game Zero Latency. Es gibt Markteintritte von Falconeri und Intimissimi Uomo, sie haben ihre ersten Stores in Österreich in der SCS eröffnet, genauso wie H&M Home. Im Donau Zentrum gibt es einen erweiterten Footlocker-Store. Dort gibt es auch einen Supermarkt mit asiatischen Lebensmitteln, dessen Erfolg sogar unsere Erwartungen übertroffen hat.
medianet: Was können Sie aus Oberhausen (Westfield Centro) bzw. dem Westfield Hamburg-Überseequartier berichten?
Zeiler: In Hamburg sind wir noch in der Bauphase, aber die Vorvermietung bringt spannende, tolle Konzepte mit sich, wie etwa einen Breuninger-Flagship-Store. Dazu kommen noch der größte Zara Deutschlands und einzigartige Entertainment-Konzepte, etwa ein immersives Museum oder ein Lego-Discovery-Center. Westfield Centro hat dieses Jahr erwartungsgemäß einen erneuten Aufschwung erfahren. Der Ansturm auf unseren Weihnachtsmarkt ist enorm, es haben 2022 mehr als 30 neue Brands eröffnet, darunter Konzepte, von denen man vor ein paar Jahren nur träumte, zum Beispiel ein JD Sports-Flagship-Store mit über 1.000 Quadratmetern oder Rituals mit über 300 Quadratmetern. Das ist in beiden Fällen fast viermal größer als zuvor. Ein sehr erfolgreiches Projekt ist auch die während der Pandemie eröffnete Westfield Mall of the Netherlands, die von Beginn weg Frequenzen über unseren Erwartungen ablieferte. Sie beeindruckt vor allem durch das sehr individuelle Design aller Stores und Schaufenster, was sie im Vergleich zu anderen Einkaufszentren stark abhebt.
medianet: Wie unterscheidet man sich noch von anderen Einkaufszentren? In Wien gibt es ja auch mehrere.
Zeiler: Was uns einzigartig macht, ist, dass wir uns auf einige wenige Locations fokussieren, die punkto Lage und Größe gewisse Anforderungen erfüllen müssen. ‚Weniger ist mehr', ist unser Leitfaden. Wir sind an strategisch wichtigen Orten, wo die Retailer hin wollen. Zudem sind wir ein sehr proaktiver Vermieter – wir gehen mit offenen Augen und Ohren durch die Welt. Wir wollen Pionierarbeit leisten und arbeiten mit Nachdruck daran. Das internationale Netzwerk führt auch zu Knowledge-Sharing, und so wissen wir, was es braucht oder welchen Trend man auslassen könnte.
medianet: Es gibt auch strategische Partnerschaften mit Top-Brands.
Zeiler: Aufgrund unserer Größe mit aktuell 80 Shopping Centern in zwölf Ländern weltweit, die etwa 800 Millionen Mal pro Jahr besucht werden, können wir Retailern und Marken eine einzigartige Plattform bieten. Daraus ergeben sich zukunftsweisende Kooperationen mit globalen Marken wie beispielsweise der Inditex, der H&M oder der Bestseller-Gruppe.
medianet: Abschließend: Was erwarten Sie 2023?
Zeiler: Grundsätzlich haben wir gelernt, dass man viele Dinge nicht planen kann. Das macht uns nach den letzten drei Jahren weniger Sorgen, auch wir sind in unserer Resilienz gewachsen. Nachhaltigkeit und die neuesten Trends umzusetzen, steht im Vordergrund, aber was auch immer kommen mag: Wir werden innovative und passende Lösungen für unsere Besucher und Mieter finden.