Gastkommentar ••• Von Christoph Truppe
WIEN. Klassik oder Digital? Jahrelang hat man diskutiert, wem die Führungsrolle in der strategischen Kommunikation tatsächlich zusteht. Eine Synthese beider Disziplinen war lange nicht Teil des Diskurses – bis jetzt.
Wie so oft verändert eine Innovation den Lauf der Geschichte: Dank Programmatic scheinen Klassik und Online jetzt ihre Gemeinsamkeiten zu erkennen und zusammenzufinden.
Denn: Als zu Beginn unseres Jahrtausends das Internet die Welt eroberte, startete auch die digitale Werbung ihre ersten Gehversuche. Ihre zaghaften Schritte wurden selbstbewusster und schließlich entwickelte sie sich in den letzten 20 Jahren zu einer unverzichtbaren, komplexen und eigenständigen Disziplin der strategischen Kommunikation. Die anfangs oft noch belächelte und in Marketingbudgets vernachlässigte Online-Werbung ist schon des Längeren erwachsen geworden und „buhlt” gemeinsam mit der Klassik um die Gunst der Konsumenten. Oft wurde in der Vergangenheit versucht, die digitale Welt mit der klassischen zu verbinden – beispielsweise durch neue Organisationsformen und interdisziplinäre Teams probierte man, das Beste aus beiden Welten zu vereinen.
Die Krone digitaler Schöpfung
Aber die Unterschiede schienen zu groß zu sein. Vielleicht war es auch ein Stück weit die Lust am Wettkampf: Digital vs. Klassik schien ein unaufhörliches Battle zweier Disziplinen zu sein, die einander beweisen wollten, wer die Bessere ist. Das führte auch zu vermeintlich zwischenmenschlichen Unterschieden: in der Bubble die Onliner und in der Echokammer die Klassiker, die keine gemeinsame Sprache fanden. Beruflich sozialisiert in ihrer jeweiligen Welt, verstanden sie die eigene Disziplin als Krone der Schöpfung.
Doch jetzt erleben wir etwas Entscheidendes: Die Innovationskraft des digitalen Marketings schafft mit „Programmatic” einen neuen gemeinsamen Nenner. Zum ersten Mal kommen sich Klassik und Digital tatsächlich näher. Böse Zungen könnten nun behaupten, dass die Klassik als Profiteur der Digitalisierung fungiert.
So ist es aber nicht, denn jetzt stehen vielmehr Gemeinsamkeiten und Synergieeffekte im Mittelpunkt. Auch wenn die programmatische Evolution ihre Anfänge im digitalen Marketing hat, erschließt sie langsam, aber stetig nun auch klassische Kanäle – angefangen vom TV-Einkauf, der sich immer stärker einer automatisierten und in weiterer Folge vermutlich programmatischen Logik öffnet, bis hin zu DOOH-Screens, die mittels Datenlogik gebucht werden können. Klassiker beginnen zu verstehen, dass auch im digitalen Marketing die Grundprinzipien der strategischen Kommunikation gelten. Umgekehrt erkennen Onliner, dass beispielsweise der Einkauf klassischer Medien viele Parameter bedingt, die es in ihrer Welt gar nicht gibt. In den Diskussionen zwischen Klassik- und Digital-Experten geht es endlich nicht mehr um Unterschiede, sondern um Gemeinsamkeiten. Beide Seiten öffnen sich zunehmend mit Interesse und Neugier und umarmen den vermeintlichen Widerspruch. Programmatic scheint tatsächlich zu schaffen, wovon Strateginnen und Strategen seit Jahren träumen – die Vereinigung von Klassik und Online.
Christoph Truppe ist Director Business Development bei adverserve – Wiener Full-Service-Agentur für Werbetechnologie, Digital und Classic Media. Das Unternehmen adverserve ist ein 100%iges Tochterunternehmen der Österreichischen Post AG.
https://www.adverserve.com