MARKETING & MEDIA
© Kovic

Der Meeting Point der DMX Austria vergangene Woche.

Redaktion 06.06.2016

Digitale Wirtschaft in Bewegung – Bestandsaufnahme in Wien

Die DMX Austria & eCom World Vienna 2016 fand vergangene Woche in der Wiener Messe statt.

WIEN. Die 7. DMX Austria & eCom World Vienna 2016, Fachmesse für Digital-Marketing und E-Business, versammelte insgesamt 58 ausstellende Firmen in Wien; am 1. und 2. Juni lockte sie mit einem vielfältigen Programm aus Vorträgen und Diskussionsformaten fast 1.500 digital interessierte Fachbesucher in die Messe Wien.

„Die Zahl der Aussteller ist behutsam gewachsen, während sich die Besucherzahl auf Vorjahresniveau befindet“, kommentierte Alexander R. Petsch, Geschäftsführer von børding messe. „Dank Partnern wie dem DMVÖ und der FH St. Pölten konnten wir ein spannendes Rahmenprogramm anbieten, das viele Interessen bedient hat. Mit Referenten von Google, der Post oder Nivea waren Experten aus vielfältigen Branche vertreten“, so Petsch.

In der ersten Veranstaltung der Messe beschrieb Patrick Mostböck am Meeting Point den Nutzen personalisierter Angebote. Am Beispiel des Relaunches von laola1.at wurde gezeigt, wie aus Dutzenden Wahlmöglichkeiten ein maßgeschneidertes Nutzererlebnis wird: Sowohl Sportportal, als auch Streamingplattform lassen sich nach Ländern, Sportarten und Vereinen individualisieren; der Kunde werde so sein eigener Chefredakteur und sein eigener Regisseur. Mostböck fasste das erzielte Nutzererlebnis mit „Besser statt mehr“ zusammen.

Die Podiumsdiskussion zu den erfolgreichsten österreichischen Online-Shops 2016 geizte nicht mit klaren Erkenntnissen. Matthias Zacek von Google Austria formulierte es folgendermaßen: „Kanaldenke ist für den Kanal.“ Martin Wolf von der Österreichischen Post sekundierte, dass im Prinzip „No Channel“ der maßgebliche Wegweiser sei. In einer Studie zu den Erfolgsfaktoren im eCommerce ermittelte Eva Stüber vom ECC Köln dann auch, dass die Top 10 in Österreich vollständig aus Multichannel-Unternehmen bestehen.

Esprit schaffte es auf den ersten Platz, gefolgt von dm und Weltbild; Amazon belegte nur Rang 21 – auch wenn die Innovationsstärke des Online-Experten respektvoll anerkannt wurde. Die Post plant nicht nur, bei der Same Day Delivery mitzuziehen, sondern auch mit Neuheiten wie temporären Briefkästen selbst erfinderisch zu sein. Bei aller technischer Infrastruktur hob Stüber den wichtigsten Erfolgsfaktor der untersuchten Online-Händler hervor: Service; dieser sei gleichzeitig auch noch am geringsten ausgebaut.

„Werben Sie noch oder begeistern Sie schon?“
Marko Prislin, Customer Experience Advisor & Speaker, hielt die erste Keynote der Veranstaltung. Anhand von Beispielen aus Übersee machte er den Erfolg der dort ansässigen Unternehmen an drei Punkten fest: Haltung einnehmen, Erlebnisse schaffen und Beziehungen eingehen. Eine Haltung setze sich dabei immer aus gemeinsamen Werten, Regeln und Zielen zusammen. Sie müsse der Fixstern sein, der das Unternehmen immer begleitet. Erlebnisse schaffen, der zweite Erfolgsfaktor, könne man nur mit Glaubwürdigkeit; dazu müsse man immer vom Kundenerlebnis ausgehen und jede getätigte Aussage auch leben. Auch den dritten Punkt, Beziehungen eingehen, könne man nur, indem man auf den Kunden eingeht und weg vom reinen Verkäufer hin zu einem echten Zuhörer werde. Eine Marke müsse dem Kunden letztendlich immer mehr wert sein als die Konkurrenz.

E-Commerce bringt auch stationären Handel in Schwung
Günter Birnstingl, Managing Director DHL Paket, hielt den Vortrag „E-Commerce: Challenge & Opportunity“ am Beispiel DHL. Es gäbe mehrere große Logistikströmungen, die den Weltmarkt beeinflussen. E-Commerce sei sicher einer der größten Wachstumstreiber mit bis zu 20% und mehr, es stärke aber auch den lokalen Handel. Durch ein Paket-Shop-Netz, bei dem man nicht weiter als 10 bis 15 Minuten gehen muss, wirke E-Commerce als Frequenzbringer. So würden zum Beispiel Pakete bei Reisebüros abgegeben, und Kunden wären damit schon mal am Point-of-Sale.

Eryk Kannmann, Managing Director Meltwater, hielt den Vortrag „Social Media-Strategie: von der Theorie in die Praxis“. Über die Hälfte der Österreicher nutzen Social Media – dadurch sei es möglich, Botschaften extrem breit zu streuen. Jedes Unternehmen brauche dennoch eine zugeschnittene, individuelle Strategie. Erster Schritt sei dabei eine Statusanalyse; danach müsse man eine Zielsetzung festlegen, die auch messbar sei. Dritter Schritt sei die Bestimmung einer Zielgruppe und die Erstellung eines Markenprofils, um zu klären, welches Gefühl assoziiert werden soll. Auf deren Basis müsse man ein Regelwerk erstellen, welches auch ein Playbook mit den Richtlinien für Social Media enthalten sollte. Der nächste Schritt sei die Erstellung einer abgestimmten und zugeschnittenen Content-Strategie. Schließlich brauche man ein Team und müsse auch seinen Erfolg messen; die Social Media-Strategie müsse dabei immer Teil der Marketing-Strategie sein.
 
Digital Commerce: nur kleine Unternehmen innovativ
„Was ist der aktuelle Stand in Mobile Marketing und Mobile Commerce?“, analysierten Karin Klitsch, Director Sales IQ mobile, Gerald Gruber, Country Manager bei MasterCard, und Thomas Hinterleithner, Geschäftsführer LOC-Place, den Status des M-Commerce in Österreich. Moderiert wurde die interaktiv gestaltete Diskussion von Harald Winkelhofer, CEO und Founder IQ mobile. Dabei einigten sich die Teilnehmer schnell darauf, dass M-Commerce als veralteter Begriff bereits von Digital Commerce verdrängt wurde. Man könne nicht mehr nur über eine Transaktion sprechen, sondern müsse den Begriff weiter fassen und die Customer Journey miteinbeziehen. Handel in Österreich sei dabei nicht gerade in einer Vorreiterrolle, sondern eher in einer Beobachterposition. Nur kleinere Unternehmen seien innovativ, um sich zu behaupten.

Feature Creep vermeiden, auf das Wesentliche reduzieren
Mit einem Putzvolumen von bis zu 70.000 Euro am Tag ist „Book A Tiger“, die Putzfirma von Claude Ritter, auf einem guten Weg. In seiner Keynote vermittelte der überzeugte Gründer, welche mentale Einstellung er bei seinen Gründungen anwendet. „Flexibilität schlägt Komplexität“, ist dabei der Kern seiner Überlegungen. Es sei wichtiger, sich die Anpassungsfähigkeit für künftige Anforderungen zu bewahren, als gleich mit einem möglichst umfangreichen Produkt in den Markt einzutreten. Durch die Denkweise von Softwareentwicklern werde der Feature Creep vermieden, die Überwucherung mit vielen, zu selten genutzten Eigenschaften. Dabei spiele für diese Methodik die Branche keine Rolle: „Jetzt wird eben geputzt“, so Ritter augenzwinkernd, „und morgen ist was anderes an der Reihe.“

Seit 1984 die erste Mail in Deutschland eintraf, ist im deutschsprachigen Raum viel passiert. Alexander Zeh und Rosa Hafezi, beide von eco - Verband der Internetwirtschaft, widmeten sich im Praxisforum den technischen und rechtlichen Aspekten von E-Mail-Marketing in Österreich. Dass Mails überhaupt noch relevant sind, verdeutlichte Zeh schnell: „Social Media ist cool und nett, aber E-Mails sind 40 Mal effizienter, was Preis und Leistung angeht.“ Von Entwicklungen wie SPF, DKIM und DMARC bis zu Kundenbeziehung, Impressum und internationaler Rechtsordnung reichte das abgedeckte Spektrum. Beachtenswert für Privatpersonen in Österreich: Umfasst der Mailverteiler im Freundes- oder Bekanntenkreis über 50 Personen, ist auch hier ein Opt-in Vorschrift.

Katharina Kellner, Head of Content Management MMC Agentur für digitale Kommunikation, und Philipp Ennemoser, Head of Digital Austria & Central Eastern Europe Beiersdorf, zeigten, welche Strategien und Erfolgsfaktoren der authentischen Nivea-Kampagne #abinsblaue zugrundelagen. Herzstück der Kampagne war eine interaktive Landingpage, die auf die User mit personalisierten Inhalten zugeschnitten war. Mit dem „Einchecken“ erhielten die User nach und nach mehr Informationen zu einem zu gewinnenden Reiseziel. Die Kampagne – eine Hommage ans Reisen und Jungfühlen – generierte in etwas mehr als zwei Monaten 30.000 Besuche auf der Landingpage.

Wie sieht die Werbewelt von heute aus? Läuft alles nur noch online, digital und social ab, oder sollte man als Unternehmen nach wie vor auf Printkanäle setzen, fragte zu Beginn Moderator Martin Wilfing, DMVÖ-Geschäftsführer, in die Runde. Alexandra Vetrovsky-Brychta, Head of Sales Purpur Media, betonte, dass es aus Kundensicht – unabhängig von Device – nur eine Welt gäbe, wo er abgeholt werden möchte. DMVÖ-Präsident und VSG-Geschäftsführer Anton Jenzer hob hervor, dass der USP von Online/Digital-Werbung der Faktor Zeit und die Schnelligkeit des Kanals sei. Unternehmen müssten auf die Veränderungen der Medienbranche und Kommunikationsgesellschaft die richtigen Antworten finden. Jürgen Polterauer, DMVÖ-Vizepräsident und Geschäftsführer dialogschmiede, sprach über die Grundregel für den Einsatz des richtigen Werbekanals: Die richtige Botschaft müsse zum richtigen Zeitpunkt ausgespielt werden; die Lösung sei dabei ein individuell zugeschnittener Mix mehrerer Kanäle – on- und offline.

Suchmaschinen: vorhandene Daten nutzen!
Wie man mit Suchmaschinendaten das Business steuern kann, erfuhren die Fachbesucher bei der letzten Keynote der Messe: Benjamin Kehrer, Head of Marketing der TUI Austria und selbsternannter Online-Ranger, erklärte mit Beispielen aus dem Alltag, wie eine auf den ersten Blick einfache Suchvolumen-Analyse eine perfekte Ergänzung zur Marktanalyse sein kann; er zeigte eindrucksvoll auf, wie Daten nicht nur SEM und SEO, sondern der gesamten Produkt-Markt-Strategie zugutekommen.

Wie sich Digital-Marketing und E-Business weiterentwickeln, können Branchenexperten erneut am 31. Mai und 1. Juni 2017 erleben. Detaillierte Informationen zum Vortragsprogramm und zu den Ausstellern der achten Auflage der DMX werden unter www.dmx-austria.at zu finden sein.

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