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Redaktion 27.11.2020

Diversität bringt Vorteile an der Kinokasse

Traditionelle Rollenklischees findet das Publikum der Lichtspielhäuser nicht mehr leiwand.

••• Von Britta Biron

Was macht einen Film erfolgreich? Eine spannende Story. Spektakuläre Action. Große Gefühle. Zugkräftige Stars. Dass auch ein funktionierender Vertrieb ein wesentlicher Faktor ist, hatte man bis heuer vermutlich nicht am Schirm, zu selbstverständlich war dieser Faktor – bis Corona dazu führte, dass die Kinos rund um den Globus entweder geschlossen oder nur im stark eingeschränkten Betrieb waren. Entsprechend dürftig fallen daher heuer die Ergebnisse aus. So wurden an den österreichischen Kinokassen in den ersten drei Quartalen laut WKO 1.035.180 Ticket verkauft, ein Minus von fast 73%, in Deutschland, wo die Corona-bedingten Restriktionen nicht ganz so strikt waren, weist die vorläufige Statistik von ComsCore für den selben Zeitraum einen Rückgang von knapp 60% auf 30.135 Besucher aus. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch in anderen Märkten.

Es gibt aber noch einen weiteren Erfolgsfaktor, auf den die Studios bisher wenig geachtet haben: Diversität. Filme, in denen Frauen und Minderheiten unterrepräsentiert sind, schneiden – so eine aktuelle Studie der University of California Los Angeles (UCLA) an den Kinokassen schlechter ab. Insgesamt 109 Filme aus den Jahren 2016 bis 2019 hat das Forscherteam rund um Yalda Uhls, Gründerin und Direktorin des UCLA Center for Scholars and Storytellers, dafür nach Diversitätsgrad vor und hinter der Kamera, Authentizität der Geschichte und Darstellung der Figuren untersucht und in Relation zum Einspielergebnis gesetzt.

Mehr Frauenpower …

„Hollywood ist ein Geschäft, und in keinem Geschäft will man auf Geld verzichten”, erklärt Uhls ihre Motivation, den wirtschaftlichen Aspekt von Gleichstellung zu untersuchen.

Und der ist ziemlich groß. Bei kostspieligen Blockbustern (Produktionsbudget über 159 Mio. USD) beläuft sich das Minus allein am Startwochenende im Schnitt auf 32,3 Mio. USD und insgesamt auf 130 Mio. USD. Bei einem 78 Mio. USD teuren Film lässt sich das Studio immerhin 13,8 bzw. 55,2 Mio USD an Einnahmen entgehen.
„Wir hoffen, dass unsere Erkenntnisse der Filmindustrie zeigen, wie wichtig Diversität ist”, erklärt Uhls.
Dass die Academy of Motion Picture Arts and Sciences heuer für die Königsklasse der Oscars, die Kategorie „Bester Film”, eigene Diversitätsregeln erlassen hat (die allerdings erst ab 2024 gelten werden), zeigt zwar, dass Hollywood das Thema schon am Schirm bzw. der Leinwand hat, die Dringlichkeit aber offensichtlich noch unterschätzt.
Laut dem aktuellen Hollywood Diversity Report der UCLA, für den 139 Produktionen aus dem Vorjahr untersucht wurden, ist zwar der Anteil von Frauen und Minderheiten vor und hinter der Kamera wieder leicht angestiegen, aber eine zahlenmäßige Repräsentanz allein, so Uhls, reiche nicht aus, um alte Rollenklischees durch eine vielfältige und der modernen Gesellschaft entsprechende Sichtweise zu ersetzen. An den Schalthebeln der großen Studios sitzen nach wie vor mehrheitlich Weiße (91%) bzw. Männer (82%) und hier vollzieht sich der Wandel besonders langsam.

… vor und hinter der Kamera

Und wie sieht es in der europäischen Filmindustrie aus? Laut einem im Sommer veröffentlichten Bericht der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle liegt die Frauenquote bei der Regie bei 22% und beim Drehbuch bei 25%. Allerdings gibt es deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern. Österreich zählt neben Schweden, Norwegen und den Niederlanden mit mehr als 30% weiblichen Regisseuren zu den Musterschülern, in Großbritannien und Italien liegt die Frauenquote dagegen nur bei rund 10%.

Aktuell ist ein neuer und umfassender Bericht rund um Diversität und Inklusion in Vorbereitung. Dazu findet am 10. Dezember von 15 bis 17 Uhr (MEZ) ein kostenloser Online-Workshop statt. Anmeldungen sind über die Website https://www.obs.coe.int/ bereits jetzt möglich.
„Die Zeit ist mehr als reif, sich mit den aktuellen Diskussionen und bewährten Verfahren zu Diversität und Inklusion in der europäischen Film-, Fernseh- und VoD-Industrie zu befassen und die Interessenvertreter aus den verschiedenen Sektoren zusammenzubringen und einen Austausch über mögliche zukünftige Entwicklungen anzuregen”, erklärt Susanne Nikoltchev, Geschäftsführende Direktorin der Informationsstelle.
Im ersten Teil des Workshops wird es um Unterrepräsentation hinter der Kamera gehen, unter anderem um die Fragen, wie man den Grad an Diversität und Inklusion tatsächlich messen kann, oder die Bschäftigungsbedingungen und Ausbildungsmöglichkeiten für Minderheiten und unterrepräsentierte Gruppen; im zweiten Teil geht es um verschiedene Strategien zur Förderung von Diversität und Inklusion, unter anderem auch um die Rolle, die Filmfonds dabei spielen.

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