Kommentar ••• Von Dinko Fejzuli
TAKTIK. Hat man früher Klageweiber und Claqueure bezahlt, um entsprechend Stimmung zu machen, kauft man heute Fans und Likes, um im Social Media-Ranking nach oben zu steigen.
Für ein paar Cent pro „Friend” erkauft man sich die Aufmerksamkeit des Algorithmus, mit dem nun jeder mitgehen muss!
Und läuft die Sache – angeschoben von gekauften Fans und Bots – mal an, läuft sie von allein weiter und wird zum Selbstläufer.
Das Problem an der Sache: Während in den klassischen Medien gesponserte Inhalte auch als solche gekennzeichnet werden müssen, erkennt der Leser auf Social-Media-Plattformen nicht, dass sowohl Inhalte, als auch Fans gekauft sind, und schwimmt mit, indem man sein eigenes Like unter einen Artikel setzt, um dabei zu sein.
Und hieß es bei den alten Römern „Divide et impera”, wo man eine Gruppe in mehrere Untergruppen aufspaltet, um sie gegeneinander auszuspielen, um sie so leichter zu beherrschen, lässt man heute eben gegen Bezahlung liken und sharen, erzeugt damit hier ein „Wir” und dort ein „die anderen” und schon hat man zwei Gruppen, die sich wie Spielbälle verschieben lassen.
Selbst gibt man vor, beim „Wir” zu stehen, auch wenn das in Wahrheit nicht stimmt, denn in Wirklichkeit ist es nur ein „Ich” und das „Wir” bzw. „die anderen” sind dem „Ich” herzlich egal.
Potemkinsche Social Media-Dörfer
Das Drama an der Sache ist aber, dass solche Gruppen, einmal angestoßen, eine Eigendynamik entwickeln, die sich meist gegen irgendjemand anderen richtet – und dann nur schwer zu kontrollieren ist.
Schon hat man eine Stimmung, erzeugt durch den eigenen Hall in den eigenen Echokammern, die einen glauben lässt, das „Wir” sei durch „die anderen” ernsthaft in Gefahr.
Und damit wären wir dort, wo wir auch am Anfang waren: beim Divide et impera. Wobei man dann nicht sicher mehr selbst teilt und herrscht, sondern eben von Dritten zunächst geteilt wird, um dann beherrscht zu werden.