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Redaktion 21.06.2024

Ein Zankapfel in Bio-Qualität

Renaturierung als Stolperstein einer Regierung, deren Mitglieder einander nicht grün sind.

Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider

NATUR PUR. Das Renaturierungsgesetz ist beschlossen. Und, ganz ehrlich, wissen Sie, was damit in den nächsten Jahren tatsächlich auf uns zukommt? Nein? Dieses Schicksal teilen Sie mit einer Mehrzahl der Österreicherinnen und Österreicher, der Landwirte, der bäuerlichen Interessenvertretung – und den Landeshauptleuten, sofern man deren öffentliche Mitteilungen zum Thema verfolgt.

Anzunehmen ist, dass zumindest die Umweltministerin sich halbwegs darüber im Klaren ist. Tatsache ist, dass die Wähler der Renaturierung positiv gegenüberstehen. Das mag an einer nicht vollkommen objektiven Fragestellung liegen, vielleicht auch an den Bildern von der Hochwasserkatastrophe in Süddeutschland, vielleicht auch daran, dass sich, abgesehen von den Land- und Forstwirten, niemand so richtig angesprochen fühlt. Der Wiener Mieter etwa freut sich über jede neue Baumscheibe vorm Fenster und kann jeglicher „Verordnung zur Wiederherstellung der Natur” im Regelfall nur Positives abgewinnen.
Das Renaturierungsgesetz, zentraler Teil des umfassenden Klimaschutzpakets „Green Deal”, mit dem die EU bis 2050 klimaneutral werden soll, war auf EU-Ebene von Anfang an umstritten. Der Druck von Bauernverbänden, die teils sehr aggressiv geführten „Traktorenproteste” und die Ängste konservativer Parteien vor der Rache der Stammklientel führten dazu, dass an die 200 Änderungen in das Gesetz einflossen, die es schlussendlich fast zu Trinkwasser­qualität verdünnten. Auch Österreich nutzte sein Mitspracherecht weidlich aus.

Was bleibt, ist die Frage, ob der Alleingang Gewesslers zum Präzedenzfall wird – und wie man damit zurechtkommt, wenn etwa die FPÖ in der nächsten Koalitionsregierung einige ihrer verschwurbelten Ideen auf EU-Ebene solo durchzieht. Als Sachinfo: Das EU-Parlament stimmte Ende Februar für den Gesetzesentwurf. Von den österreichischen Abgeordneten waren zehn für die Vereinbarung und sieben dagegen, zwei Abgeordnete nahmen nicht teil.

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