Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider
AUSGEZEICHNET. Es hagelt Nobelpreise: Literatur, Medizin, Physik, Chemie … „Einsteins Erben” haben sich die diesjährigen Physik-Genies als Ehrentitel eingehandelt. Geht es doch um den ersten direkten Nachweis im All entstehender Gravitationswellen. Das verwirrt jetzt natürlich alle, die sich noch dumpf an die schulisch vermittelten Theorien zur straff gespannten Gummimatte erinnern können, auf der – relativitätstheoretisch betrachtet – die schwersten Bleikugeln die massivsten Ausbeulungen fabrizieren und damit quasi die Raumzeit krümmen. In Richtung dieser Vertiefungen kollern dann, so in etwa die traditionelle Darstellung, die daran vorbeirollenden Murmeln. Je größer die Gummibeule, desto schneller fallen die Kugeln in der gekrümmten Raumzeit, desto stärker also die Gravitation. Oder so ähnlich.
Allerdings ist das jetzt eh schon egal, weil wir uns von diesem hübschen Modell, das im Grunde die Schwerkraft ohnehin nur mit der Schwerkraft erklärt hat, langsam wieder verabschieden müssen. Denn: Jetzt wurden die Gravitationswellen direkt nachgewiesen. Sie entstehen beispielsweise bei der Beschleunigung unvorstellbar großer Massen, etwa beim Verschmelzen zweier Schwarzer Löcher. Konsequenz: Der Raum wird verzerrt, die Störung rast mit Lichtgeschwindigkeit durchs All. Geeignete Detektoren zeichnen sie auf.
Das Unangenehme daran: Einstein selbst hatte an einen direkten Nachweis seiner gummimattenverzerrenden Turbulenzen eigentlich nicht so recht geglaubt. Nun ja, er hatte auch nicht angenommen, dass Gott würfelt. Und dann schraubten die Quantenmechaniker so lang an ihren Theorien herum, bis auch das feststand. Dass da nämlich doch viel Würfelglück im Spiel ist bei der Untersuchung der grundlegendsten Eigenschaften des Universums.
Noch ein Nachtrag: Wenn ein Kühlschrankmagnet picken bleibt, obwohl die Gravitation der gesamten Erde an ihm zerrt, wird einem auch klar, warum die preisgekrönten Wellen sich so lang verstecken konnten.