Mit Social Media lässt sich anscheinend in der Politik gutes Geld verdienen. So dürfte Philippa Strache jahrelang für Social Media-Aktivitäten für die FPÖ 9.500 € monatlich erhalten haben.
Strache selbst schweigt zu ihrem Verdienst, die FPÖ hingegen bestätigte das Bruttogehalt nun und rechtfertigte die monatliche Summe mit einer „Menge an externem Input”, den Strache eingebracht haben soll.
Mittlerweile wurde Strache aus der Partei ausgeschlossen, doch die Frage, welche Bedeutung Social Media in der politischen Kommunikation hat, bleibt.
Verzichten sollte die FPÖ auf ihre Social Media-Kanäle jedenfalls nicht, auch wenn nun „externer Input” wegfallen dürfte. Dennoch sei Social Media nur ein Kanal von vielen und, abhängig von der Strategie, nicht immer der beste, erklärten nun Experten bei einer Veranstaltung der Plattform Digital Business Trends (DBT).
Reduzierung von Distanz
Die digitale Kommunikation auf Facebook, Twitter und Co. zu verkürzen, sei nicht der richtige Weg, warnte so beispielsweise der Kampagnen- und Kommunikationsberater Yussi Pick, der als einziger Europäer im Digital Organizing-Team im Hauptquartier der Hillary Clinton-Kampagne war.
Dennoch kommuniziert beispielsweise Donald Trump liebend gern über Twitter und wurde vom Guardian schon als „Social Media-Genie” bezeichnet. Social Media bietet in jedem Fall die Möglichkeit, herkömmliche Medien zu umgehen. Donald Trump zumindest tut dies mit Erfolg. So kann Social Media die politische Bereitschaft steigern und die Distanz zwischen Politikern und Bürgern deutlich verringern.
Die Weiterverbreitung von Inhalten durch das Teilen oder Kommentieren eines Beitrags vergrößert Netzwerke und damit die Reichweite.
Schon 2016 argumentierte Jill Leopore im New Yorker, dass Social Media allerdings zu schnell für die politische Kommunikation sei. So brauche es Konzentration, Gründlichkeit und stille Reflexion – Attribute also, die Social Media nicht immer liefert.
Inhaltliche und sachpolitische Botschaften sind auf Social Media fast unmöglich, mehr um zugespitzte Aussagen, einfache Botschaften und Empörungsmechanismen regieren die Kanäle.
Direkte Kommunikation
„Ich warne davor, digitale Kommunikation auf Facebook, Twitter und Co. zu verkürzen. E-Mail ist beispielsweise noch immer einer der wichtigsten Kanäle. Und die SMS feiert ebenfalls ein Comeback”, so Pick. Große Vorteile sieht er in der direkten, mobilen Kommunikation, vor allem was die Mobilisierung betrifft.
Wer kurz vor dem Wahltermin eine entsprechende Kurznachricht erhält, gebe deutlich wahrscheinlicher seine Stimme ab.
Die Königsdisziplinen
„Websites, Newsletter, Blogs, Podcasts und so weiter – digitale Kommunikation ist wirklich mehr als Social Media”, meint auch Klemens Ganner vom Medienbeobachter APA-DeFacto. Als die Königsdisziplin sieht auch er SMS und E-Mail.
Insgesamt werde der Online-Wahlkampf politischer Parteien zusehends professioneller; Medienbeobachtung, Analysen und Kommunikationscontrolling seien dabei wichtige Werkzeuge.
Social Media als Kanal, der politische Teilhabe ermöglicht, bedeutet also nicht, dass die Demokratie durch diesen gefördert oder gar verbessert wird. Vielmehr ist Social Media als eine Art Ergänzung zu betrachten.
Deutlich werde auch der Trend zu Smart Data, erklärte Ganner.„Daten sind keine Bodenschätze, die man findet und verwendet”, meint auch Florian Cech vom Centre for Informatics and Society (CIS) der Technischen Universität (TU) Wien.
Die Massendaten-Sammlungen der Social Media-Riesen seien nicht objektive Wahrheiten, sondern mit Werten und Biases geformte, digitale Abbilder des Menschen, die oftmals mehr über die Datensammler verrieten als über die Betroffenen. Denn die Firmen würden entscheiden, was sie öffentlich zugänglich machen und was nicht. Dahinter stünden bestimmte Zielsetzungen. „Wer das nicht beachtet, kann schnell in die falsche Richtung abbiegen”, so Cech.
Es braucht eine Wende
Auch die Buchautorin Lena Doppel-Prix erklärte, man müsse seine Ressourcen und Kompetenzen im Online-Wahlkampf sinnvoll einsetzen.
So verwies sie darauf, dass sich lediglich ein paar Wähler im Internet aufhalten würden. „Wer die Wende vom reinen Propaganda-Senden zum Diskurs schafft, der hat die besten Chancen”, so Doppel-Prix.
Ob sich hierfür die Konzentration auf SMS oder E-Mail eignet, muss wohl noch herausgefunden werden. Wie schon oft, wird wohl die Mischung die Lösung sein.
Ob die FPÖ die von Doppel-Prix angesprochene Wende nun einläutet, bleibt abzuwarten. Die umkämpfte Facebook-Seite „HC Strache” mit 800.000 Followern und nun auch der offizielle Auftritt seiner Ehefrau Philippa Strache sind jedenfalls offline.
Und 9.500 € lassen sich in Zukunft sicher auch sinnvoll einsetzen – vielleicht ja für SMS und E-Mails? (gs)