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Redaktion 10.05.2024

„Es geht immer noch stark um Vertrauen”

Robert Varga und Verena Krawarik über KI-Lösungen der APA Gruppe, künftige Potenziale und aktuelle Schwächen Künstlicher Intelligenz.

••• Von Elisabeth Schmoller-Schmidbauer

Die Austria Presse Agentur (APA) nimmt in Österreich, was die Entwicklung und Erforschung von KI im Kommunikationssektor betrifft, eine Vorreiterrolle ein. Sowohl was Text- als auch Fotoproduktion betrifft, bietet die APA-Gruppe eine breite Palette an KI-Tools an. Im Textbereich etwa hat das Unternehmen Tools für Content Generation, Content Categorization und Content Retrieval entwickelt (Infos siehe Fact Box). Verena Krawarik, Stabsstelle Innovationsmanagement, Leiterin APA-medialab und Leiterin Taskforce AI der APA-Gruppe, und Robert Varga, Chief Product Officer der APA, erzählen im medianet-Interview, wie sich ihre Tools von der Konkurrenz unterscheiden, welche Trends sich abzeichnen und ob es eine Entwertung der Berufe in Text- und Fotoproduktion geben wird.


medianet:
Inwiefern unterscheiden sich Ihre Tools vom Mitbewerb?
Verena Krawarik: Unsere Modelle unterscheiden sich vor allem dadurch, dass wir diese auch für uns selbst konzipieren und als Medienhaus mit einer Kommunikations- und einer IT-Tochter ein tiefes Verständnis für das Informationsgeschäft und Contentprozesse haben.

Schon bei der Produktentwicklung legen wir einen starken Fokus auf einen verantwortungsvollen Einsatz. Wir achten sehr früh auf mögliche ethische Themen wie Bias, berücksichtigen Aspekte wie Datenschutz, medienspezifische Verpflichtungen wie das Redaktionsgeheimnis oder Contentschutz. Das ist für die APA und ihre Kunden besonders wichtig, weil Medieninhalte nicht als Trainingsmaterial für Weiterentwicklungen von KI-Tools genutzt werden dürfen. Kurz: Unsere Produkte sind sicher. Das alles läuft unter dem Label ‚APA-Trusted AI', mit dem wir einen verantwortungsvollen, transparenten und sicheren Umgang mit KI gewährleisten. Die nötigen Standards sind wie bereits erwähnt in unserer Leitlinie zum Umgang mit Künstlicher Intelligenz festgelegt.
Darüber hinaus arbeiten wir auch an eigenen Language-Modellen. Das hat den Vorteil, dass wir dabei die Kontrolle behalten und die Qualität des Outputs eine deutlich bessere ist, da wir als Datenbasis unsere eigenen hochwertigen und geprüften Informationen nutzen.


medianet:
Werden die Tools APA-intern auch genutzt?
Robert Varga: Auf jeden Fall. Und wir gehen noch einen Schritt weiter: ‚Eat your own dogfood!' – wir verkaufen nur Produkte, die wir selbst auch nutzen. Das bedeutet aber nicht, dass sich das immer im redaktionellen Bereich abspielt, wenngleich hier naturgemäß die allerstrengsten Vorgaben und Kriterien gelten. Dennoch ist die KI-Leitlinie für alle Bereiche des Hauses, ob in der internen, der externen Kommunikation, im Marketing, Verkauf, verpflichtend. Auch CompanyGPT by APA nutzen wir intern beispielsweise im Produktmanagement oder im Marketing. Parallel versuchen wir, durch KI unsere Produktionsprozesse zu optimieren.

medianet:
Werden KI-generierte Beiträge als solche von der APA gekennzeichnet?
Krawarik: Wenn wir KI-Tools nutzen, heißt das ja nicht zwingend, dass wir damit KI-Beiträge generieren. Dennoch gilt: Der redaktionelle Dienst ist sowohl im Text- als auch im Bildbereich frei von Inhalten, die mit generativer AI erstellt wurden. Redakteure nutzen KI ausschließlich als Assistenten, z.B. Vorschläge für Titel oder Textkürzungen. Wenn wir mit hochautomatisierten Verfahren hyperlokale Wahlberichterstattung erstellen, ist das ganz klar und transparent für unsere Kunden ausgeschildert und unterliegt strengen Vorgaben. Diese KI-Form hatten wir jedoch schon lange vor generativer AI im Einsatz. Sie unterliegt unseren eigenen Algorithmen, und die Redakteure haben optimale Kontrolle über den Output.

medianet:
Kann man für Tools im Bereich Text & Foto Trends prognostizieren?
Krawarik: Wir werden unseren Text-Assistant konsequent anhand der Bedürfnisse in unserem Newsroom und dem unserer Kunden und Partner weiterentwickeln und in unser künftiges Redaktionssystem tief integrieren. Großes Potenzial gibt es etwa noch für Anwendungen im Text2Data-Bereich. Im Bildbereich wird Logo- und Objekterkennung die Personenerkennung komplementieren. Außerdem hilft KI auch dabei, Fotos barrierefrei zu beschreiben, was immer wichtiger wird. Und dann arbeiten wir noch im Rahmen eines von der Wiener Medieninitiative geförderten Projekts an einer neuen Bildsprache für das Thema KI, damit es auch Alternativen zu den illustrativen Roboterhänden gibt.

medianet:
Gibt es Erweiterungen der Tools, an denen die APA arbeitet, die man verraten darf?
Varga: Wir arbeiten an unserer neuen ‚Trusted AI Search' – das ist eine assistierte Suche, basierend auf einem APA-trainierten Suchmodell. Aber auch hier gilt, dass die Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse inklusive Quellenangabe essenziell ist. Damit können wir Textarchive besser erschließen und Suchen effizienter gestalten. Recherche ist im Contentbusiness alltäglich – wir versuchen hier, Anwender schneller zu den gewünschten Ergebnissen zu bringen.

medianet:
Denken Sie, dass KI-Tools Berufe im Bereich der Text- und Fotoproduktion entwerten werden?
Krawarik: Im Bereich der redaktionellen Berichterstattung in der Agentur sehen wir das derzeit nicht. Das liegt daran, dass wir Journalisten nicht als Kontrolleure von KI-Maschinen sehen, sondern ganz klar den Menschen im Driver-Seat. Einige Tasks werden in Zukunft jedoch wesentlich schneller von der Hand gehen. Mit unserem Lektorats-Prompt lassen sich z.B. rasch Fehler im Bereich Sprache, Konsistenz, etc. finden und ausbessern. Der intellektuelle Teil des Lektorats, der meist auch einen Faktencheck beinhaltet, wird jedoch weiterhin beim Menschen verbleiben. Im Bildbereich sehen wir mehr denn je den Bedarf nach dem echten und verifizierten Bild. Überall, wo KI die mit der Bildproduktion verbundenen Tasks wie Beschlagwortung erleichtern kann, ist sie sehr willkommen.

medianet:
Was sind generell die großen Schwächen von KI im Bereich Text- und Fotoproduktion?

Varga: Die Schwächen von generativer KI haben sich im Prinzip nicht verändert. Es geht immer noch stark um Vertrauen beim Einsatz von KI-Lösungen – gerade in der informationsproduzierenden Industrie trifft uns da eine ganz besondere Verantwortung. So viele positive Seiten mit KI einhergehen, so ist sie doch auch ein Booster für Fake News oder Bild- und Videomanipulationen – vor allem in Sozialen Medien und in Wahlkampfzeiten. Dagegen müssen wir als Medien geeint auftreten und ein starkes Signal setzen. Wir müssen stärker erklären, was vertrauenswürdige Berichterstattung ist, wie Faktenchecks und Verification funktionieren und was der Unterschied zwischen einer recherchierten, faktenbasierten Information und einer beliebigen Aussage oder Meinung ist.


medianet:
Die APA bietet eigens entwickelte KI-Tools für Bild und Text an – was können die genau und wie funktionieren diese im Detail?
Varga: Die APA-Gruppe bietet eine breite Palette an KI-Tools an, die speziell für den Medien- und Kommunikationsbedarf konzipiert sind. Ob es um Textoptimierung, komfortable Bildersuche oder die automatische Transkription von Interviews geht, unsere Tools sollen die Arbeit von Medien- und Kommunikationsprofis bestmöglich unterstützen.

Im Bildbereich zählt dazu beispielsweise eine Lösung für Gesichtserkennung/Face-Recognition. Damit können wir mithilfe von KI in großen Bildbeständen derzeit rund 3.500 Personen des öffentlichen Interesses erkennen, was die Bildrecherche dramatisch beschleunigt. Wir haben dazu ein eigenes rechtssicheres Modell trainiert, das wir einerseits selbst verwenden und andererseits Medien- und Kommunikationskunden zur Verfügung stellen. Mittels API kann dieser KI-Filter leicht in unterschiedliche Bildsysteme von Kundinnen und Kunden integriert werden. Auch ein effizientes und KI-gestütztes Bildmanagement-System zur einfachen und rechtssicheren Verwaltung von Bilddateien zählt in diese Kategorie.
Im Textbereich teilt sich unser Angebot grob in drei Gruppen: Content Generation, Content Categorization und Content Retrieval. In das erste Segment fällt unser Text-Assistant, der Redakteure beim Lektorat, bei der Titelfindung, bei der Erstellung von Social Media-Beiträgen oder bei exakten Textkürzungen unterstützt. Auch der Text-Assistant kann sehr einfach direkt in die Redaktionssysteme und -workflows von Kundinnen und Kunden integriert und auf Knopfdruck und ohne Systemwechsel genutzt werden. Wesentlich bei unseren Nutzungsszenarien mit generativer AI ist das Prinzip human in the loop, d.h. der Mensch bleibt in der Verantwortung. Das ist nur ein Punkt, den wir neben einer Reihe weiterer wichtiger Sicherheitsstandards in einer eigenen Leitlinie zum Umgang mit KI festgehalten haben. Ein weiteres unserer KI-Produkte ist ein GPT-Modell mit integriertem Prompt-Management-Tool namens ‚CompanyGPT by APA'. Wichtig ist auch hier die Sicherheit: Das Modell ist DSGVO-konform und gibt keine Trainingsdaten an OpenAI weiter.
Ein weiteres spannendes Produkt ist auch unser Speech-to-Text-Tool für das Transkribieren und Untertiteln von Videos, Interviews und Podcasts – mit Übersetzungsfunktion in 20 Sprachen, Korrekturmodus und ebenfalls einer API-Schnittstelle in andere Systeme.
In den Bereich Content Categorization fällt die Annotierung von Textinhalten. Wir reichern Inhalte – ob eigene oder die unserer Kunden – mit standardisierten Metadaten (z.B. IPTC-Mediatopics) an. Dies ermöglicht automatisch generierte Themenseiten sowie kontextualisiertes Targeting oder auch zielgruppenorientierte Ausspielung.
Content Retrieval umfasst etwa die assistierte Suche, basierend auf einem APA-trainierten Suchmodell, das auch aktuelle Ereignisse und Entitäten erkennt – Nachvollziehbarkeit und Quellenangabe inklusive.

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