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Die Veröffentlichung von politisch brisanten Chatnachrichten wurde vom Presserat nicht geahndet.

Redaktion 18.03.2022

Ethischer Kompass

Das Jahr 2021 brachte für den Österreichischen Presserat einen neuen Rekord bei den Beschwerden.

WIEN. Im Jahr 2021 ist die Beschwerde-Fallzahl im Vergleich zum Jahr 2020 nochmals deutlich angestiegen. Mehr Fälle als je zuvor – nämlich 647 – beschäftigten den Presserat im vergangenen Jahr (2020 waren es 418). Dies lag unter anderem auch vor allem an den Berichten über Covid-19, die auch in diesem Jahr zu einer besonders hohen Anzahl an Beschwerden führten. So die Kurzbilanz des Österr. Presserats zum vergangenen Jahr.

Anerkennung für Presserat

„Die stark gestiegene Fallzahl lässt auf eine zunehmende Anerkennung des Presserats in der Bevölkerung schließen. Um unsere Funktionsfähigkeit auch in Zukunft zu gewährleisten, benötigen wir mittelfristig eine Erhöhung unserer finanziellen Mittel, die seit 2010 nicht erhöht wurden”, so Presserats-Geschäftsführer Alexander Warzilek.

Die meisten Ethikverstöße betrafen Persönlichkeitsverletzungen (Punkt 5 des Ehrenkodex), einige auch das Gebot, Werbung von redaktionellen Inhalten abzugrenzen.

Persönlichkeitsrechte

Zu den Persönlichkeitsverletzungen zählten u.a. die Veröffentlichung von Bildern des zusammengebrochenen Fußballers Christian Eriksen während der Euro 2020 (krone.at), die Veröffentlichung eines Videos einer Überwachungskamera, in dem ein Mann von mehreren Personen brutal zusammengeschlagen wurde (oe24.at/video), die Bezeichnung einer Spitzensportlerin u.a. als „Glitzer-Neuzugang” und „Bling-Bling-Neuzugang” (Kronen Zeitung) – diese Bezeichnungen wurden zudem als frauendiskriminierend gewertet (Punkt 7 des Ehrenkodex).

Darüber hinaus gab es mehrere Verstöße gegen das Gebot einer gewissenhaften und korrekten Recherche und Wiedergabe von Nachrichten. Diese Ethikverstöße betrafen vor allem die Zeitschrift Wochenblick, die insbesondere beim Thema Covid-19 Falschnachrichten und Verschwörungserzählungen verbreitete.
Weiters gab es Verstöße gegen das Gebot, zwischen Werbung und redaktionellen Inhalten zu unterscheiden, z.B. bei Beiträgen über „Casinos Austria” in der Kronen Zeitung und der Tageszeitung Kurier. Schließlich kritisierten die drei Senate im Rahmen einer allgemeinen Erklärung die Beeinflussung der Medien durch Inserate der Politik, nachdem beim Presse­rat mehrere Beschwerden wegen der Inseratenaffäre der Bundesregierung eingelangt waren.

Causa Ex-Kanzlergattin

Kein Ethikverstoß war nach Meinung des Presserats die Veröffentlichung einer Karikatur mit dem Titel „geilzeit” im Jahresrückblick „Best of Böse” der Wochenzeitung Falter, in dem die Lebensgefährtin von Sebastian Kurz als Heilige Maria mit entblößter Brust dargestellt wurde, ebenso wie die Veröffentlichung brisanter Chatnachrichten von Spitzenpolitikern. Die Senate 1 und 2 argumentierten hier, dass der Inhalt der Chats politisch brisant sei. Deren Wiedergabe sei von demokratiepolitischer Bedeutung und somit von öffentlichem Interesse. (red)

www.presserat.at

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