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Eva-Maria Berchtold, Partnerin und Leiterin der Strategie- und Transaktionsberatung (Strategy and Transactions) bei EY Österreich.

Redaktion 25.07.2024

EY M&A-Index Österreich

M&A-Volumen sinkt aufgrund von fortschreitendem Rückgang an Deals um ein Drittel.

WIEN. 2023 sorgten hohe Zinsen, volatile Rohstoffpreise und ein unsicheres Investitionsumfeld für Zurückhaltung auf dem globalen M&A-Markt. Trotz der positiven Aussichten, die Analysten für 2024 haben, bleibt die geopolitische Lage eine Herausforderung, die die M&A-Aktivitäten weiterhin beeinflussen könnte.

In Österreich wirkte sich die aktuelle makroökonomische Landschaft ebenfalls auf die Deal-Aktivitäten aus: Im ersten Halbjahr 2024 gab es 124 Unternehmenskäufe mit österreichischer Beteiligung und damit um acht weniger als im Vergleichszeitraum des ersten Halbjahres 2023 (132) – das entspricht einem Rückgang von rund sechs Prozent. Damit entwickelt sich der österreichische M&A-Markt bereits in sechs aufeinander folgenden Quartalen rückläufig. Das Transaktionsvolumen ging ebenfalls von vier Mrd. Euro auf 2,7 Mrd. Euro (ein Minus von 32,5 %) zurück, was insbesondere durch das Ausbleiben von Megadeals begründet ist.

Das Volumen wurde dabei im Wesentlichen von den Top-Deals getrieben: die Übernahme der Knab Bank durch die BAWAG um 510 Mio. Euro, die Übernahme von Resco Products durch RHI Magnesita um 400 Mio. Euro, der anteilige Kauf von 15 Prozent an Lenzing durch Suzano um 230 Mio. Euro sowie der Kauf eines Immobilien-Portfolios in Tschechien durch S IMMO um 176 Mio. Euro. Weiters spielte das Übernahmeangebot der Nova Ljubljanska Banka für die Addiko Bank um 390 Mio. Euro sowie der mehrheitliche Kauf der Schweizer Aluflexpack durch die Constantia Flexibles von Michael Tojner’s Montana Tech in das Deal-Volumen hinein.

Das sind die Ergebnisse des österreichischen M&A-Index der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY. Für die Analyse untersucht EY halbjährlich alle veröffentlichten Transaktionen mit österreichischer Mehrheits- und Minderheitsbeteiligung.

„2024 wird zeigen, dass Agilität, vorausschauende Planung und die Fähigkeit, sich an ein sich schnell veränderndes Umfeld anzupassen, entscheidend sind, um in einem volatilen Marktumfeld erfolgreich zu sein. Nach einem schwierigen Jahr 2023, geprägt von wirtschaftlichen Unsicherheiten und hohen Zinssätzen, deuten eine Stabilisierung der Zinssätze und eine erhöhte Zuversicht unter Unternehmensleitern auf eine Erholung des M&A-Markts hin. Besondere Wachstumschancen bieten sich in den Technologie-, Energie- und Pharmabranchen, wo strategische Übernahmen eine Schlüsselrolle spielen werden“, so Eva-Maria Berchtold, Partnerin und Leiterin der Strategie- und Transaktionsberatung (Strategy and Transactions) bei EY Österreich.

„Gemessen sowohl an der Anzahl als auch am Volumen der Transaktionen zeigt der monatliche Trend in Österreich eine allmähliche Stabilisierung auf niedrigem Niveau. Damit pendelt sich der anhaltende Abwärtstrend langsam ein. Unternehmen ziehen wieder vermehrt strategische Übernahmen als Mittel zur Sicherung ihres Wachstums und zur Diversifizierung ihrer Geschäftsmodelle in Betracht“, ergänzt Robert Hufnagel, Partner und Leiter M&A Advisory bei EY Österreich.

Strategische Investoren geben unverändert den Ton an
Die überwiegende Mehrheit der Transaktionen entfiel im ersten Halbjahr 2024 mit 113 Deals auf strategische Transaktionen – das entspricht einem Minus von sieben Deals und somit 5,8 Prozent weniger als im ersten Halbjahr 2023. Demgegenüber gab es elf Transaktionen durch Finanzinvestoren (Private Equity, „PE“ bzw. Venture Capital, „VC“) mit österreichischer Beteiligung. Der Anteil der Finanzinvestor-Deals blieb damit stabil bei rund neun Prozent (8,9 % aller Deals vs. 9,1 % im 1. Halbjahr 2023). Im Gegensatz zum weltweiten Transaktionsmarkt spielt in Österreich privates Risikokapital damit weiterhin eine untergeordnete Rolle. Global wird gerade die Rückkehr vermehrter PE-Involvierung in sowohl Käufe als auch Verkäufe zur Erholung des M&A-Marktes beitragen – ein Effekt, von dem Österreich unter den bestehenden Gegebenheiten weniger profitieren können wird.

Österreichische Unternehmen treiben wieder vermehrt Internationalisierung voran
Der generelle rückläufige Trend wurde durch die geringe Anzahl an Akquisitionen von österreichischen Zielunternehmen getrieben – sei es durch in- („Domestic“) oder ausländische („Inbound“) Käufer. Nur in der Deal-Kategorie „Outbound“ (Übernahmen ausländischer Unternehmen durch österreichische Käufer) konnte ein geringes Wachstum verzeichnet werden.

Deals innerhalb Österreichs sanken im Vergleichszeitraum um acht Transaktionen (minus 25,8 %) von 31 auf 23. Ausländische Investoren sind in Österreich weiterhin aktiv, wenngleich ihr Interesse an österreichischen Unternehmen („Inbound“) zurückgegangen ist und nur mehr 50 Deals unterzeichnet worden sind (1. Halbjahr 2023: 56). Das entspricht einem Rückgang von 10,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dagegen kündigten österreichische Investorengruppen im ersten Halbjahr 51 M&A-Transaktionen an, um international weiterzuwachsen. Das sind um rund 13 Prozent mehr als im Halbjahr zuvor. Von den insgesamt 124 Transaktionen im ersten Halbjahr 2024 fielen 51 in diese Kategorie (41,4 %), 50 in die Kategorie „Inbound“ (40,3 %) und 23 in die Kategorie „Domestic“ (18,5 %). Am meisten Geld floss bei Outbound Deals, im Zuge derer rund 1,6 Mrd. Euro investiert wurden – um 1,1 Mrd. Euro bzw. 220 Prozent mehr als im Vorjahr.

Finanzsektor im M&A-Fokus
Der höchste Transaktionswert (0,9 Mrd. Euro) entfiel im ersten Halbjahr 2024 diesmal auf den Finanzsektor, genauer den Bankensektor. Mit einem Volumen von 0,8 Mrd. Euro folgt dahinter der sonstige Spitzenreiter, der Industriesektor, dahinter der „Life Sciences“- sowie der Immobilienbereich. Bei der Anzahl liegt der Industriesektor mit 47 Deals vorne (37,9 % aller Transaktionen), gefolgt vom Technologie-, Medien- und Telekomsektor (33 Transaktionen bzw. 26,6 % aller Deals) und dem „Life Sciences“-Bereich (13 Deals bzw. 10,5 % der gesamten Anzahl). Einiges an Aktivität gab es auch im Konsumgüter- und Handels-Bereich (12 Deals bzw. 9,7 % der Gesamtanzahl).

Deutschland unverändert Herkunftsland Nr. 1 bei Direktinvestitionen
18 Prozent aller Käufe von österreichischen Unternehmen durch ausländische Investoren gingen im ersten Halbjahr 2024 auf das Konto von deutschen Gruppen – ein Anteil, der jedoch weiter sinkt. Weitere 54 Prozent der Übernahmen wurden von Investoren aus anderen europäischen Ländern getätigt, wie Frankreich, Belgien oder Schweden. Insgesamt hatten damit 72 Prozent aller ausländischen Kapitalgeber in Österreich ihren Sitz in Europa. 16 Prozent entfielen auf Nordamerika. Beim Volumen entfielen 43,5 Prozent des gesamten Inbound-Volumens auf Slowenien, 26,0 Prozent auf Brasilien, und 16,9 Prozent auf Luxemburg.

 

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