MARKETING & MEDIA
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Redaktion 04.11.2022

Gesucht: Der richtige Umgang mit Social Media

Marken brauchen Planungssicherheit und wenig Werbeausspielungsrisiko. Wie bringt man diese zwei Welten in Einklang und schafft den Spagat?

Gastkommentar ••• Von Cosima Serban

Auf der einen Seite verlangen alle Nutzergemeinschaften eine Dezentralisierung des Internets, mehr Meinungsfreiheit, mehr Transparenz bei der Informationsverbreitung, weniger Kontrolle bei der Produktion und dem Konsum von Content. Dennoch: Sobald etwas schiefläuft, heißt es, es sei die alleinige Schuld der Social Media-Plattformen. Auf der anderen Seite brauchen Marken Planungssicherheit und wenig Werbeausspielungsrisiko. Wie bringt man aber diese zwei Welten im Einklang und schafft die Harmonie, die beiden Mehrwert und Relevanz bietet?

In diesem Zusammenhang spielen folgende Faktoren eine wichtige Rolle: Brand Safety vs. Brand Suitability und der Aufbau von Digitalkompetenzen, im Idealfall bereits im jungen Alter. Es stellt sich die Frage für Marken, genauso wie für Nutzergemeinschaften, ob man die aktive Rolle der Veränderungskraft oder die passive Rolle des Abwartens einnehmen möchte.
Aktuell generieren die Veränderungen bei Twitter viel Unruhe und Unsicherheit. Unterschiedlichste Skandale zu diversen Themen gab es auch bei anderen internationalen, aber auch lokalen Medien. Es wird viel über Fake News spekuliert und diskutiert, die je nach Perspektive und Interesse, immer anders definiert werden.

Frage der Brand Safety

Fake News müssen im Einzelfall und nicht auf einer übergeordneten philosophischen Ebene definiert werden. Sobald man das macht, merkt man, dass sie fast überall vorkommen. Twitter ist weder ein Einzel- noch ein Spezialfall und war es vor der Übernahme und Umstrukturierung auch nicht. Der wahre, weniger besprochene Grund wird in vielen Fällen eher die Abneigung gegenüber dem neuen Eigentümer sein.

Aus einer Brand Safety-Perspektive kann man legitimerweise immer behaupten, dass der einfachste Weg, Werbeausspielungen neben einem riskanten Inhalt zu vermeiden, der Rückzug der Werbeinvestitionen sein kann. Neben den offensichtlichen Themen und den technischen Bot, Ad Fraud, Malware und Datenschutzthemen ist die restliche inhaltliche Ebene, die mehr in einem Brand Suitability-Kontext überlegt wird, eine oft subjektive Definitions­sache.

Wer ist schuld?

Social Media-Plattformen sind per Definition keine Publisher; so leben die Inhalte stark von den Menschen, die Content veröffentlichen. Die meisten Social Media-Kritiker scheinen das oft zu vergessen. Können die Plattformen mehr unternehmen, um zu einem besseren, freundlicheren und sichereren Ort zu werden? Auf jeden Fall! Sind sie an allem schuld? Nicht wirklich. Es muss bei der Bildung der Nutzer und Nutzerinnen und dem Aufbau von (Sozial-)Kompetenzen und Netiquetten im Digitalbereich anfangen.

Brand Suitability, somit die Richtung, die Schwerpunkte, den Kontext kann man als Marke, Branche und Community mitaufbauen und verfeinern. Man kann Social Media-Themen konstant echauffiert aus der Ferne beobachten oder aktiv dagegenwirken und für das Positive mitwirken, durch Information und Aufklärung.
Die Marken, die sich als Wegweiser und Meinungsführer definieren, werden neue Potenziale entdecken und Teil der Veränderung werden. So ist es die perfekte Zeit für Marken, wenn das tatsächliche Problem nur Fake News sind, dagegen nicht rein durch den Investitionsrückzug zu protestieren, sondern durch Richtigstellung, nachhaltig und langfristig für Verbesserung zu sorgen, um so ihren Beitrag auch für die digitale Welt und die zukünftigen Generationen zu leisten.
Massenmediale Berichte über Social Media-Neuigkeiten lösen immer den Gedanken aus, dass Markeninhalte vielleicht nicht mehr gesehen und gehört werden. Die Inhalte vor und nach einer Anzeige im Newsfeed können einen Einfluss auf die Wahrnehmung eines Markenpostings haben.

Wunsch und Feedback

Dennoch sind die Hochglanzkommunikationsmittel, die eine perfekte Markenwelt inszenieren möchten, ohne Grund für Interaktion oder den Wunsch nach Feedback, die teils mit viel Budget über hyper-kuratierte Platzierungen verbreitet werden, bereits passé. Das neue Zeitalter des digitalen Konsums ist schon längst angebrochen. Communities verlangen und schätzen Authentizität, wollen unterhalten werden und mit jedem konsumierten Inhalt Neues lernen. Und Marken können genau das anbieten: relevante Inhalte mit Mehrwert, die auffallen, unterhaltend sind und Wissen vermitteln. Dabei kann User Generated Content eine große Rolle spielen. Das braucht jedoch eine gut durchdachte Strategie für Content, Kreation und Media.

Gute Kommunikation und nicht zuletzt Werbung werden beeindrucken und nicht beeinflussen, überzeugen und nicht überreden, helfen und informieren und nicht nur verkaufen. Und wo braucht es die beste Art davon? Genau dort, wo die Leute erreicht werden können. Man trifft auf Social Media zwar alle denkbaren Zielgruppen, aber unter anderem auch genau die richtigen Menschen, die zu Leads, Kunden und Kundinnen, Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen werden können.
Wer isoliert die Twitter-Situation kalt und kalkuliert betrachten möchte, wird merken, dass durch den Rückzug großer Player, die sich dadurch ein beispielhaftes Statement erhoffen, die durchschnittlichen Preise sinken werden. Weniger Nachfrage bringt weniger Konkurrenz und das bedeutet mehr Druck für die Plattformbetreiber. Das löst Preissenkungen aus, die irgendwann auch forciert werden, um neue Advertiser anzulocken. So könnte das auch eine Chance für kleine Player mit weniger Budget sein, neue Werbemöglichkeiten zu testen. Grundsätzlich: Wer Kommunikationsmaßnahmen und Werbeaktivitäten in solchen Zeiten intelligent umsetzt, kann sich einen signifikanten Wettbewerbsvorteil sichern.


Cosima Serban beschäftigt sich seit vielen Jahren mit digitalen Strategien im Bereich Content, Kreation und Media. Ihre Agentur bietet Unterstützung bei der Konzeption und Umsetzung von Kommunikationsmaß­nahmen und Werbeaktivitäten. Infos & Kontakt:
hello@cosimaserban.com

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