Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider
PERSPEKTIVEN. Am gestrigen Donnerstag kam die nächste Hiobsbotschaft: Die Inflationsrate lag im Jänner laut Statistik Austria bei 11,2 Prozent. Das ist der höchste Wert in der aktuellen Teuerungswelle. Bis 1952 muss man inzwischen auf der Suche nach vergleichbaren Teuerungsraten zurückspringen. Conclusio: Der Zinssatz im Euroraum müsste nach aktuellem Stand damit schon auf gut sieben Prozent ansteigen, um die Inflation mit klassischen Instrumenten einzubremsen. Effekt: Unternehmen investieren schlagartig weniger, Privatpersonen schränken ihren Konsum ein. Inflationstreiber in Österreich ist die Preisexplosion bei der Haushaltsenergie, als teuerungsdämpfend gilt die seit Dezember wirksame Strompreisbremse.
Mit Preisbremsen in bestimmten Bereichen liebäugeln inzwischen auch Ökonomen, die als tendenziell marktorientiert gelten. Die Ökonomin Isabella Weber – sie ist in Deutschland Mitglied der Expertenkommission Gas und Wärme und forscht in den USA zum Thema Inflation – plädiert in einem Interview mit dem deutschen Wirtschaftsmagazin Capital im aktuellen Kontext „für eine neue Betrachtung der Preissteigerungen”. Es ginge derzeit in Europa weniger um „zu viel Geld im Markt” oder „zu viel Nachfrage für das vorhandene Angebot”. Vielmehr sei die derzeitige spezielle Form der Teuerung Folge disruptiver Krisen, der Pandemie und des Ukrainekriegs: „Wenn sich ergibt, dass ein staatlicher Eingriff dazu beitragen kann, die Schieflage zu korrigieren (…), dann ist das gewissermaßen ein kleinerer Eingriff als mit schnellen Zinserhöhungen die Inflation einzudämmen und eine Rezession auszulösen.” Zwar müsse man die Dynamiken eines Marktes verstehen, „bevor man mit dem Hammer auf irgendwelche Branchen draufhaut”. Jedoch: Preisbremsen wie die Gaspreisbremse könnten „Zeit kaufen für die Maßnahmen, die die Marktschieflage korrigieren”.
Die Regierung könnte am Donnerstag (nach Redaktionsschluss) den Antrag auf eine Mietpreisbremse im Bautenausschuss eingebracht haben.