••• Von Barbara Ward
Wann waren Sie das letzte Mal im Museum? Keine Sorge, Sie müssen mir diese Frage nicht beantworten. Und Sie müssen auch keinen Fuß ins Museum setzen, um Content Marketing zu betreiben. Wobei Sie dort sicherlich auf viel Inspiration stoßen würden. Eine Kunstausstellung besteht aus vielen Werken. Diese Stücke sind nicht von der Museumsdirektorin erschaffen worden, die die Arbeiten ausstellt. Eine Ausstellung umfasst eine Auswahl der Werke eines bestimmten Künstlers. Oder es werden die Stücke verschiedener Künstler gemeinsam ausgestellt. Dann gibt es aber eine thematische Klammer: Die Ausstellung präsentiert beispielsweise eine bestimmte Epoche oder eine Kunstrichtung. Die Zusammenstellung erfolgt durch einen Kurator. Dieser wählt die Stücke, die in die Ausstellung aufgenommen werden, ganz gezielt aus. Dieses Prinzip können Sie sich auch im Content Marketing zunutze machen: Als Content Curator sammeln Sie Top-Content zu Ihren Themenfeldern und veröffentlichen ihn in Ihren Medien. Auch hier geht es natürlich nicht um dreistes Kopieren. Der genutzte Content muss redaktionell aufbereitet werden, sodass durch das Kuratieren ein Mehrwert entsteht. Sie sammeln nicht nur, Sie filtern, analysieren, systematisieren und organisieren. Beispielsweise könnten Sie die fünf besten Fitness-Videos sammeln und in einem Blogbeitrag veröffentlichen. Durch die redaktionelle Auswahl filtern Sie für Ihre User die Unmenge an Content und liefern ihnen das Wesentliche.
Logo-loses Vordenken
Viele Unternehmen tun sich sehr schwer damit, Inhalte zu veröffentlichen, die nicht das eigene Logo tragen. Aber Content Curation gefährdet keineswegs das Image, solange es gut gemacht ist.
Denn durch das Aufstöbern von Trends und herausragenden, nennenswerten Inhalten anderer stützen Sie Ihre Position als Experte. Sie zeigen sich souverän und kompetent. Mit Content Curation bauen Sie Ihre Vordenker-Rolle sogar aus. Schließlich gehört es dazu, die Szene zu beobachten und zu wissen, was die anderen tun. Dieses Wissen – und auch Ihre Reichweite – zu teilen, ist Content Marketing im besten Sinne. Außerdem haben Sie den großen Vorteil, dass Sie mit recht wenig Aufwand guten Content erhalten. Aber auch die Urheber gewinnen. Beim Content Curation ist es selbstverständlich, dass alle Beiträge verlinkt und die Quellen ausdrücklich genannt werden.
Dadurch profitieren die Produzenten, weil sie durch Ihren Blogbeitrag mehr Reichweite und Backlinks für ihren Content generieren. Außerdem ist die Erwähnung eines anderen Experten immer eine kleine Auszeichnung, über die sich die meisten Content-Produzenten freuen. Viele erfolgreiche Blogs machen regelmäßig News Rounds-ups: Sie sammeln die wichtigsten Neuigkeiten und Meldungen zu einem bestimmten Thema. Die Artikel werden meist kurz mit dem ersten Absatz oder einem relevanten Zitat vorgestellt.
Der Blogger fasst die Aussage jedes Artikels zusammen und kommentiert. Durch die Kombination entsteht für die User ein Mehrwert, denn dank der komprimierten Zusammenstellung kann man sich schnell einen Überblick verschaffen. User, die ein kuratierter Beitrag besonders interessiert, brauchen ihn nur anzuklicken und können weiterlesen. Informationstiefe bietet gutes Content Curation damit ebenfalls. Kommentare des Kurators stoßen außerdem einen Dialog an. Das kann spannend werden …
Ein einfaches und kostenloses Content Curation-Tool ist Storify. Hier werden Nachrichten und Artikel aus Online-Magazinen, Blogbeiträge und Postings aus Sozialen Netzwerken auf einer Webseite untereinander angeordnet. Sie selber können zwischen den einzelnen Elementen noch Text einfügen. Dadurch entstehen thematische Newsfeeds ähnlich einer Presseschau. Das Prinzip wendet auch der Dienst Paper.li an; die kuratierten Inhalte erscheinen hier sogar automatisch in dem Design einer Online-Gazette. Das Netzwerk Pinterest baut ebenfalls auf Content Curation auf. Allerdings sammelt die Community vorwiegend visuellen Content. Im Falle von Unternehmen sind Newsletter eine gute Möglichkeit, um Content zu kuratieren. Machen Sie aus Ihrem Newsletter beispielsweise ein Best-of des Contents aus dem vergangenen Monat. Dabei können Sie sowohl eigene als auch fremde Inhalte nutzen.
Die Prinzipien
Grundsätzlich sind folgende Prinzipien zu beachten: Kein Content Curation ohne Quellen! Und die müssen richtig gut sein. Beziehen Sie sich stets auf seriöse Quellen. Multiplikatoren und Innovationsführer sind immer ergiebige Anlaufstellen. Gerade fremdsprachige Quellen sind in vielen Themenbereichen spannend, weil bestimmte Technologien oder Entwicklungen in anderen Ländern schon viel weiter sind als in Deutschland.
In der Content Marketing-Szene schielen beispielsweise alle nach Amerika. Wenn Sie fremdsprachigen Content kuratieren, kommentieren oder durch eine deutsche Zusammenfassung die Sprachbarriere abbauen, schafft das für viele User einen spürbaren Mehrwert. Am besten erstellen Sie eine Liste mit relevanten Webseiten, Blogs, YouTubern, etc., bei denen es regelmäßig Top-Content gibt. Melden Sie sich bei Meinungsführern für den Newsletter an, sofern es einen gibt.
Der Klassiker sind Google Alerts. Damit informiert Google automatisch per E-Mail, wenn es zu einer bestimmten Suchanfrage Neues im Netz gibt. Bei der manuellen Google-Suche gibt es einen guten Trick: Reduzieren Sie die Anzeige der Suchergebnisse auf die letzten 24 Stunden oder die letzte Woche. Dann werden Ihnen nur die neuesten Inhalte angezeigt. Das Feature finden Sie unter dem Reiter „Suchoptionen”. Versuchen Sie, Ihre Inhalte aus vielen verschiedenen Kanälen zu aggregieren.
Denn gerade durch das Aufspüren von gutem Content, der noch nicht durch alle möglichen anderen Blogs und Medien gelaufen ist, schärfen Sie Ihr Expertenprofil. Scheuen Sie sich jedoch nicht, auch eigene Gedanken und Meinungen zu ergänzen. Was schätzen Sie besonders an diesem Beitrag? Warum haben Sie den Content ausgewählt? Ihre Expertise ist wertvoll für die User.
Transparenz ist alles
Content Curation funktioniert gut als regelmäßiges Element im Redaktionsplan. User sind froh, wenn sie eine kompetente Anlaufstelle gefunden haben und nicht weiter durchs Netz jagen müssen. Darum werden sie gern wiederkommen, wenn sie bei Ihnen wiederholt hochwertig kuratierten Content finden.
Und zum Schluss noch einmal in aller Deutlichkeit: Bleiben Sie transparent und geben Sie die Quellen an. Verlinkungen auf den erwähnten Content sollten eine Selbstverständlichkeit sein. Abschreiben gilt nicht! Und weil Sie in Ihre Inhalte viel Blut und Schweiß investiert haben, wäre es eine Verschwendung, sie nur einmal zu publizieren. Mit kreativem Recycling schöpft man das Potenzial optimal aus. Content Curation ist die Zweitverwertung von fremdem Content. Richtig betrieben, profitieren die Urheber genauso davon wie Sie selbst.