MARKETING & MEDIA
sabine bretschneider 22.05.2020

Mit gestutzten Flügeln unterwegs

Manche Branchen fürchten sich mehr vor dem Auf- als vor dem Zusperren. Zu Recht.

Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider

READY FOR TAKE-OFF. Noch immer beschäftigt die AUA die Bundesregierung und insbesondere deren Säckelwart. Die Verhandlungen rund um die Staatshilfen ziehen sich seit Wochen. Auch Ryanair wirft sich heftig für die Tochter Laudamotion ins Rennen – allerdings geht es nicht um staatliches Sponsoring, sondern um das Abnicken eines rigide gestutzten Kollektivvertrags.

Aber das erzwungene Grounding der Flieger ist nur eine Seite der rostigen Medaille. Die wahre Herausforderung beginnt, wenn die Flieger pünktlich zur um sich greifenden Reisefreiheit wieder abheben. Gilt doch das Flugzeug – zu Recht oder zu Unrecht sei dahingestellt – als die Virenschleuder schlechthin.

Passagiere aus aller Herren Länder, die in engsten Sitzreihen aneinander kleben, Klimaanlagen, die den Schnupfen vom Herrn rechts hinten verlässlich durch die Kabine wälzen – und unerwünscht intime Begegnungen beim Einräumen der Gepäckfächer und dem Gang aufs Klo.
Die Airlines bemühen sich redlich – Mundschutz für alle, möglichst kontaktloser Boarding-Prozess. Mindestabstände spielt es jedoch nicht, wenn eine Airline rentabel operieren will. Überlegungen wie Plexiglas-Trenner funktionieren auch aus Sicherheitsgründen nicht. Gut, Schwimmwesten bringen in 99 Prozent der Notfälle auch nichts, aber sie blockieren zumindest nicht den Weg zum Notausstieg.

Die Internationale Luftverkehrsvereinigung (IATA) meint, auf die Fluggesellschaften kämen „dramatische Kostensteigerungen” zu, wenn Sitze leer blieben. Die Ticketpreise müssten um die Hälfte steigen, nur um die Kosten zu decken. „Damit wird die Ära des erschwinglichen Reisens zu Ende gehen”, warnt IATA-Chef Alexandre de Juniac.

Nun, nachdem es heutzutage schon billiger ist, sich die Nächte fliegend um die Ohren zu schlagen als in der eigenen Wohnung, weil 30 Billigtickets pro Monat – geschickt gebucht – günstiger sind als eine durchschnittliche Monatsmiete, wären teurere Tickets unter Umständen dennoch ein praktikabler Ansatz.

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