MARKETING & MEDIA
© Martina Berger

Redaktion 22.05.2020

Möglich, jedoch nicht ideal: Pitchen über Video

Mindshare-CEO Ursula Arnold über die Bedeutung von Emotionen und persönlicher Präsenz bei Pitches.

••• Von Laura Schott

Werbung lebt von Emotionen. Diese hat Corona während der letzten Wochen zur Genüge geliefert: Angst, Einsamkeit, Solidarität, Hoffnung – eine Flut an Gefühlen, die in ihrer ganzen Breite aufgegriffen worden sind. Doch Emotionen spielen nicht erst dann eine Rolle, wenn Konsumenten in Kontakt mit einer Kampagne oder einem Sujet kommen, sondern bereits beim Entstehen einer Idee. Und vor allem dann, wenn es darum geht, diese als Agentur an einen Kunden zu verkaufen. Diesen Prozess hat Corona massiv erschwert, war es aufgrund der Ausgangsbeschränkungen doch nicht möglich, potenziellen Kunden seine Idee persönlich zu pitchen.

Distanz erschwert den Pitch

„Pitches sind an sich schon immer ein wahnsinniger Kraftakt. Wenn dabei der persönliche Kontakt fehlt, kann man die ganze Pitchsituation sehr viel schlechter einschätzen”, sagt Ursula Arnold, CEO von Mind­share. Sie befand sich mit ihrem Team vor einigen Wochen in einer ganz besonderen Situation: Just am 16. März, als die Bundesregierung die Maßnahmen zur Einschränkung der Ausbreitung des Coronavirus verhängt hat, nahm Mindshare an einem Pitch teil – und zwar ganz spontan nicht vor Ort, sondern per Videokonferenz.

Schwierig sei das weniger aufgrund technischer Hürden gewesen, sondern vielmehr wegen der fehlenden persönlichen Nähe, erzählt Arnold. „Gerade in solchen Pitchsituationen versucht man ja, die persönliche Distanz zu überbrücken, mit dem Kunden ins Plaudern zu kommen, auch auf einer persönlicheren Ebene. Dafür ist ein Video zu distanziert.”
Insgesamt acht Personen nahmen an dem Pitch teil. Jeder kennt das Prozedere aus den letzten Wochen: Um einander nicht zu unterbrechen und die Präsentation gut verständlich zu halten, stellen jene, die gerade nicht präsentieren, das Mikrofon ab. ­Slides werden über den geteilten Bildschirm gezeigt, was wiederum impliziert, dass man die Meeting-Teilnehmer mit Ausnahme des Sprechers nicht sehen kann.

Die Chemie geht verloren

„Wir konnten dadurch auch nicht als das Team auftreten, das wir eigentlich sind und als das wir uns auch präsentieren wollen”, sagt Arnold. Die Tatsache, dass der Pitch am allerersten Tag des Lockdowns stattfand, kam erschwerend hinzu. „Im Pitch zeigt man Idealszenarien; das war in dieser Situation und in dem Video-Setting schwer zu vermitteln.”

Tatsächlich hatte der Kunde Mindshare freigestellt, persönlich zu kommen oder über Video zu pitchen. Die Entscheidung sei schnell gefällt worden, sagt Arnold, denn 90 Mitarbeiter erst ins Working-from-home zu schicken und dann gleichzeitig zu acht bei einem Pitch beisammenzusitzen, wäre für alle Beteiligten seltsam gewesen.
Über Video zu pitchen, sei also zwar möglich, jedoch nichts, was man unter Normalumständen beibehalten wolle, sagt Arnold. Enorm viel hänge von der Chemie zwischen Agentur und Auftraggeber ab, und genau dieser wichtige Faktor sei es, der bei einer Videokonferenz verloren geht. „Chemistry Meetings gibt es ja nicht umsonst. Und wenn es beim ersten Mal nicht passt, dann muss man es eigentlich bleiben lassen.”

Pitchen oder nicht pitchen?

Das Thema Pitches in Zeiten von Corona hat in Deutschland vor einigen Tagen zu einer größeren Debatte geführt. Ausgelöst durch den Verzicht der Agentur Thjnk auf den McDonald’s Pitch, gehen die Meinungen über die Sinnhaftigkeit von Pitches während der Krise stark auseinander. Während die einen darin eine Ressourcenverschwendung sehen, die den krisenbedingt ohnedies geschwächten Agenturen weiter schaden würde, appellieren andere an Unternehmen und Agenturen, gerade jetzt Neugeschäft zu akquirieren.

In Österreich sei es im Media­bereich diesbezüglich eher ruhig gewesen während der letzten Wochen, sagt Arnold. Mindshare nehme zwar auch aktuell an einigen Ausschreibungen teil, große Markenpitches würden jedoch ausbleiben – zumindest bis jetzt.
„Wenn heuer noch etwas kommt, würden wir auch auf jeden Fall mitmachen, ich würde dafür jedoch ein anderes Setting wählen.”
Anstelle eines reinen Videopitches würde Arnold in reduzierter Personenzahl persönlich anwesend sein oder auch zumindest ein bis zwei Vertreter von Kundenseite zu sich in die Agentur einladen – natürlich unter Einhaltung der aktuell geltenden Sicherheitsmaßnahmen.

Neue Arbeitsbedingungen

Abgesehen von erschwerten Pitching-Bedingungen seien die letzten Wochen im Teleworking jedoch weitgehend problemlos verlaufen, sagt Arnold. Ob diese Tatsache eine längerfristige Änderung der Arbeitsbedingungen – Stichwort Homeoffice und flexible Arbeitszeiten – hervorrufen wird? Arnold: „Das ist natürlich etwas, das man wahrnehmen und aufgreifen muss.”

Dabei gehe es jedoch nicht um die Frage, ob ein Unternehmen das will oder nicht. Die schnelle Entwicklung, die in den letzten Wochen diesbezüglich durchlaufen wurde, mache es obligatorisch, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. „Das ist einfach eine moderne Herangehensweise, und solange dadurch die Kommunikation und Kultur des Unternehmens nicht geschwächt wird – was in den letzten Wochen absolut nicht der Fall war –, bin ich bereit, konkreter darüber nachzudenken. Auf jeden Fall.”

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