Am 20. Oktober 2020 drehte sich beim Kongress neovideo alles einen Tag lang ums Thema bewegte Bilder. Denn Video hat in den letzten Wochen noch mehr an Bedeutung gewonnen und unsere Kommunikation nachhaltig geprägt. medianet bat neovideo-Gründer Martin Wolfram zum Gespräch.
medianet: Diese Woche ging der neovideo über die Bühne. Was genau ist neovideo und für wen ist er interessant?
Martin Wolfram: Der neovideo ist Österreichs wichtigster Kongress zum Thema Onlinevideo. Interessant ist er für alle, die Videos machen und/oder einsetzen bzw. verbreiten, also von den Kommunikations- und Marketingabteilungen, über die Verlage und Medien, die Agenturen bis hin zu Bloggern oder Influencern.
medianet: Ein gängiges Klischee lautet, dass jeder, der ein Smartphone hat, auch Videos machen kann. Wie viel kann man durch diese Denkweise in Unternehmen kaputtmachen?
Wolfram: Das ist kein Klischee, wer ein Smartphone hat, kann auch Videos machen! Die Frage ist dabei, wie sie ausschauen … Allerdings ist der große Fehler meistens, etwas machen zu wollen, das ‚professionell ausschaut' statt authentisch zu sein. Das wird schnell peinlich. Die Native User der Social Media-Plattformen sind da besonders kritisch.
medianet: Wo macht Ihrer langjährigen Erfahrung nach der Einsatz von Video im Marketing-Zusammenhang Sinn?
Wolfram: Video macht vor allem dort Sinn, wo man etwas Emotionales zu erzählen hat, wo man spannenden oder berührenden Content braucht – und in vielen Social Media-Plattformen hat Video mittlerweile Vorrang. Video spricht das Unterbewusstsein stärker an, weil Bilder sozialisiert sind. Und bewegte Bilder schaffen Aufmerksamkeit.
medianet: Sie appellieren, Video strategischer einzusetzen. Was genau heißt das?
Wolfram: Das heißt vor allem, nicht Videos zu machen, damit man Videos hat. Es bedeutet, sich strategische Ziele zu setzen und sie dann auch zu verfolgen. Es reicht eben nicht, das Smartphone in die Hand zu nehmen und wild draufloszufilmen – man muss vorher nachdenken, was man erreichen will und was das Mittel ist, um dort hinzukommen. Das ist im einen Fall vielleicht ein authentisches Smartphone-Video, im anderen ein Hochglanz-Werbespot.
medianet: Wie lässt sich der erfolgreiche Einsatz von Video messen und was heißt Erfolg überhaupt in diesem Zusammenhang?
Wolfram: Die Kanäle bieten einiges an Tools an, mit denen sich der Einsatz von Videos gut planen und vor allem auch analysieren lässt – auch über reine Viewzahlen hinaus. Wie Erfolg aussieht, hängt vor allem daran, welche Ziele man verfolgt. Möchte ich langfristig einen YouTube-Kanal aufbauen, kann das z.B. eine gewisse Anzahl an Followern oder Abonnenten sein. Wenn mir wichtig ist, dass sich Menschen mit meiner Marke auseinandersetzen, dann könnte das eine lange Watchtime sein – also wie lange wird mein Video gesehen. Möchte ich vor allem Reichweite, kann das auch eine bestimmte Anzahl an Views sein, aber eben nicht immer.
medianet: Wie setzt man kreativen, guten Content möglichst effizient ein?
Wolfram: Das richtige Maß an Energie und Budget zu finden, ist ein wichtiger und individueller Lernprozess. Es braucht eben nicht immer einen aufwendig produzierten Spot, um den gewünschten Effekt zu erzielen.
medianet: Was bedeutet Effizienz in diesem Zusammenhang
Wolfram: Indem man mit dem geringsten Aufwand das Maximum an Erfolg erzielt: Wichtig ist hier, die individuell wichtigen KPIs zu beobachten und die eigene Erfolgsstrategie laufend daran anzupassen, ob etwas funktioniert oder eben nicht funktioniert.
medianet: ‚Corona killed the Videostar', könnte es heuer heißen, aber Sie wagen es trotzdem und lassen die neovideo auch physisch über die Bühne gehen. Welche neuen Dinge hat man sich hier einfallen lassen müssen und was davon könnte bleiben?
Wolfram: Digital zu denken, haben wir uns schon immer zur Aufgabe gemacht, das ist für uns nichts Neues und das wird auch so bleiben. ‚Neu' waren einerseits die vielen Sicherheitsvorkehrungen, bis hin zum Covid-Beauftragten. Ich wünsche mir sehr, dass wir das in Zukunft alles nicht mehr brauchen. Was wir uns allerdings tatsächlich einfallen haben lassen, um die Situation auch ein wenig ins Lustige zu drehen, waren unsere ‚Wirren Beauftragten', ein Schauspielerpaar, das mit einigen Interventionen und Gags die Stimmung aufgelockert hat. Das ist sehr gut angekommen. Auch wenn uns beim nächsten Kongress kein Virus das Leben schwer macht – diesen Humorfaktor werden wir beibehalten. (mab)